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Uebergebt sie den Flammen

Uebergebt sie den Flammen

Titel: Uebergebt sie den Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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So festgenagelt von ihren Augen stand Johann im Raum.
    »Wer ist das?«
    »Ein Abgesandter des Teufels?«
    »Nein, so besudelt wagt selbst der Leibhaftige sich nicht unter Menschen!«
    Wie einen Ball warfen sie sich die Sätze zu, endlich ein Spiel, und gierig griffen sie zu. Johann fühlte die Scham, wie sie heiß in sein Gesicht trieb.
    »Freunde, habt Mut! Wir sehen uns dieses Untier aus der Nähe an.« Wie ein Feldherr spornte der Bursenälteste seine Krieger an. Die Studenten sprangen auf, formierten sich zur Kampfordnung. Die Magister blieben an ihrem Tisch, einige grinsten, freuten sich auf den Spaß. Nur einer saß mit dem Rücken zugewandt, sah sich nicht um.
    Die Nasen vorgereckt, schnüffelten die jungen Männer näher an Johann heran.
    »Ich hab es! Es wird ein Hund sein, der sich wochenlang durch verfaulte Gedärme gefressen hat!«
    »Das kann nicht sein. Ein Hund hält mehr auf Sauberkeit.«
    Sie umringten Johann, rümpften die Nasen, stöhnten entsetzt, wichen vor dem Gestank zurück und sprangen wieder nach vorn. Der Älteste, dieser Kari von Worms, schrie mit geweiteten Augen: »Es ist die Sau, die seit Wochen in unserer Kloake frisst! Kaum hat man gedrückt, geschwitzt und gepresst, bis der Darm leer ist, und will sich das schwer Geborene betrachten, da ist diese Sau schon zur Stelle, hat schon gefressen und uns um das wohlverdiente Vaterglück gebracht.«
    Nur mit Mühe hatten die Studenten abwarten können. Weit rissen sie ihre Gesichter auf, brüllten das Lachen, schlugen sich gegenseitig auf die Schultern.
    Johann stand regungslos, starrte auf die so unendlich weit entfernte Tür am anderen Ende des Raums, hörte sein Blut.
    »Halt! Schweigt!« Kari schrie, bis alles Lachen abbrach. »Freunde! Das hier.« Sein dicker Finger stach Johann auf die Brust. »Dieses besudelte Unwesen ist einer von uns. Der Arme ist hingefallen.« Gespielter Unglaube in den Gesichtern bis zum verblüfften Erkennen.
    »Es ist der tüchtige Johannes Klopreis, die Ohrenweide der Disputation, das gelehrigste Schaf. Oh, ein gefährlicher Lateinfresser, der alles weiß, der alles kann. Heute zeigt er uns, dass er doch bleiben möchte, was er ist.«
    Gleich sechs Hände packten zu, an der Kapuze, an jedem Ärmel des Talars. So zogen sie ihn auseinander, bis der Stoff zum Reißen gespannt war. In dem Gesicht des Bursenältesten glänzte die blanke Verachtung. Er war der Sohn einer begüterten Familie, studierte wenig, kaufte Anerkennung mit seinem Geld, er befahl sich am Abend in den Wirtshäusern sogar Musikanten an den Tisch, ließ aufspielen.
    Immer wieder tippte er Johann den Finger gegen die Stirn. »Sag uns, was du bist, oder dein schöner Festkittel geht in Stücke.«
    Johann schwieg.
    Wie ein Foltermeister blies sich der Herr auf.
    »Antworte auf meine Frage!«
    Johann schwieg. Mit großer Geste folgte das Zeichen für die Knechte. Heftiger zerrten sie an der Kutte.
    »Nicht«, entfuhr es Johann.
    »Los, sag es. Sag es!«
    »Ich bin der Sohn eines Schneiders«, murmelte Johann.
    »Lauter. Noch einmal, dass es alle hören!«
    »Ich bin Johann Klopreis, der Sohn eines Schneiders.«
    Kari von Worms sank in die Hocke, streckte seine Zunge weit heraus, eine dicke, triefende Zunge. Dicht an der Kutte entlang ließ er sie nach oben gleiten, als lecke er den Schmutz ab. Direkt vor Johanns Gesicht schnappte das Stück Fleisch zurück, Speichel spritzte.
    »Immer zu Diensten, bischöfliche Gnaden.« Gelangweilt wandte er sich ab. Das Spiel war zu Ende. Sie ließen ihn los, kehrten zu ihren Tischen zurück.
    In seiner Scham blieb Johann allein. Der erste Gedanke befahl ihm weiterzugehen, er gehorchte und wusste nicht, wie er die gegenüberliegende Tür erreicht hatte.
    »Klopreis!« Ein Befehl, drohend kalt, die Stimme seines Magisters. Hastig riss Johann die rettende Tür auf.
    »Warte, Klopreis.« Arnoldus von Wesel holte ihn ein, hart stieß er den Unglücklichen in den angrenzenden Flur.
    Alle Kraft wich. Nie sonst hielt sich dieser gelehrte Mann bei den Studenten auf, nur meinetwegen ist er gekommen! Er hat nicht zugeschaut, als sie ihren Spaß mit mir trieben, aber er will mich dem Inquisitor ausliefern! Die letzten gläsernen Stützen zerbrachen.
    Grob wurde Johann herumgedreht. »Was hattest du heute Morgen mit diesem Mann zu schaffen?«
    »Nichts. Ich wollte nur …« Das war keine Antwort.
    »Wie kannst du es wagen, einen Fremden zu belästigen?«
    Verständnislos schwieg Johann.
    »Für dein ungebührliches Benehmen in

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