Überman
Dow!«, ergänze ich, woraufhin ein Flasche Wein in meine Richtung fliegt und auf den Kacheln zerschellt.
»Wenn wir das nicht ganz schnell wieder reindrücken, dann flutscht es uns raus, und dann gute Nacht!«, ruft Manni.
»Quatsch«, entgegne ich, »du hast doch gehört, was der widerwärtige Sarantakos in seinem Tausend-Euro-Anzug gesagt hat, ziehen müssen wir! Wir müssen das Kleine aus dem Großen ziehen!«
Jetzt deuten plötzlich alle auf mich, offenbar ist man der Meinung, dass das eine Aufgabe für mich wäre.
»Genau!«, ruft Paula, »wer hat das arme Tier denn hier runtergeschleppt?«
»Ist ja gut«, stöhne ich, »ich zieh mal kurz dran!«
Manni lacht. »Er zieht mal kurz dran, sagt er!«
Langsam gehe ich auf Trulli zu, die relativ unbeeindruckt auf ihrer Strohinsel liegt, und wieder rutscht eine Handbreit ekelhaft gelb-weißer Kalbsfuß aus dem Kuhende. Noch so ein Fuß, und ich kotze. Auf der anderen Seite soll mir natürlich alles recht sein, was den Schlüssel-her-Mob auf andere Gedanken bringt. Also muss ich. Jetzt!
Widerwillig und ohne hinzuschauen, umgreife ich die beiden glibbrigen Läufe; sie fühlen sich an wie zwei warme Spareribs mit Barbecuesauce, riechen aber nach verschimmeltem Eiter-Furz.
»Simon, schau mal, Foddo machen für Facebook!«, ruft Phil, und die Glitschläufe immer noch in der Hand drehe ich meinen Kopf so weit weg, wie anatomisch möglich. Es blitzt.
»Zieh doch endlich!«, ruft Flik, der sich eine Flasche fränkischen Riesling geholt hat und nun wieder tapfer neben der Kackpfütze steht.
Ich ziehe und ziehe und ziehe. Trulli muht und muht, und ich ziehe weiter, und dann geht das Licht wieder an und aus und an und aus, und tatsächlich scheint da was rauszuflutschen, aber ich kann ja nicht hinsehen, ich werde einfach so lange ziehen, wie alle »Ziiieh!« rufen, und dann aufhören. Aber dann schaue ich doch kurz, was ich da ziehe, und schaue direkt auf einen gelb-rot verschleimten Kalbskopf, und noch bevor ich diesen Anblick auch nur ansatzweise verdaut habe, rutscht das komplette restliche Kalbspaket aus Trulli heraus und liegt nun hilflos vor mir wie ein besoffener Jugendlicher an Karneval. Licht aus. Licht an.
»Leute, nein, sind Tiere eklig!«, ruft Phil und Ditters: »Du musst die Nabelschnur durchschneiden!«
»Was bitte weiß ein schwuler Anwalt von Nabelschnüren?«
»Du hörst nicht auf, oder?«
»Es hat keine Nabelschnur«, informiert uns Sarantakos trocken, »es hat eine Nachgeburt.«
Was der alles weiß! In meinem Kopf hallt es nur noch. Als ich auf meine gelb-roten Schmodderhände und auf das zitternde Kalb schaue, wird mir endgültig schwindelig. Das Letzte, was ich höre, ist ein ebenso verhallender wie panischer Phil, der schreit: »Es steht nicht auf, es ist gelähmt …!«
Dann geht das Licht endgültig aus. Zumindest für mich.
Evil La Cam
Übernacht, 03 uhr 22
Wenn die Aufnahmeleitung mich antippt, soll ich rausgehen. Ein bisschen nervös bin ich schon, aber auch glücklich, denn jetzt endlich bekomme ich den Lohn für all das, was ich riskiert habe.
Wie mit Ditters besprochen, trage ich mein schwarzes Überman-T-Shirt, sieben Millionen Zuschauer dürfe man schon wegen der Werbung auf keinen Fall auslassen. Der Beitrag über den Weinkeller ist zu Ende und wird kräftig beklatscht, dann spricht Hape Kerkeling in den immer noch donnernden Applaus rein: »Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir den Mann, der sich selbst den ›Überman‹ nennt: …«
Die Aufnahmeleitung tippt mich an, und ich laufe los.
»… hier ist … Simon Peters!!«
Und unter tosendem Applaus federe ich raus ins grelle Scheinwerferlicht, verbeuge mich kurz und gehe lächelnd auf Hape Kerkeling zu.
»Schön, dass Sie hier sind!«, sagt er und ich: »Danke für die Einladung!«
Dann setze ich mich in einen orangen Sessel und warte, bis der Applaus verebbt. Hape wirkt gut gelaunt und ehrlich interessiert. »Herr Peters, vor wenigen Tagen haben Sie Ihre Freunde, Ihren ehemaligen Finanzberater und ein trächtiges schottisches Hochlandrind in einen Kölner Weinkeller gesperrt aus Angst vor dem Weltuntergang. Sie schlafen bis heute nur zwei Stunden am Tag und haben mit einem Freund zusammen das berühmte Kopfsteinpflasterlied veröffentlicht, das schon drei Wochen auf Platz eins der Charts ist. Mal abgesehen davon, dass Sie jetzt reich und berühmt sind: Könnte man sagen, dass Sie den Schuss nicht gehört haben?«
Ich lache und will gerade antworten, dass
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