Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Übersinnlich (5 Romane mit Patricia Vanhelsing) (German Edition)

Übersinnlich (5 Romane mit Patricia Vanhelsing) (German Edition)

Titel: Übersinnlich (5 Romane mit Patricia Vanhelsing) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
durch den wabernden Nebel. Als ich mich das nächste Mal umsah, war von Delancie Castle nichts mehr zu sehen. Hinter uns war nur eine graue Nebelwand.
    "Was geschieht nun?", flüsterte ich.
    "Ich weiß es nicht", sagte Tom.
    Wir wussten nicht, wohin wir liefen. Vielleicht drehten wir uns im Kreis, ohne es zu merken.
    Schließlich waren wir so erschöpft, dass wir uns auf dem Boden niederließen. "Nur eine kurze Pause", sagte ich. Tom widersprach nicht.
    Auch er war erschöpft. Ich lehnte mich gegen ihn. Die letzte Erinnerung, die ich dann hatte war das Schlagen seines Herzens. Ein regelmäßiger, beruhigender Rhythmus, der mich in den Schlaf völliger Erschöpfung sinken ließ.
     
    *
     
    Als ich erwachte, lagen wir nebeneinander auf dem Boden. Es war das kalte Pflaster eines Bürgersteigs. Ich schreckte auf und war auf einmal hellwach. Ich fasste Tom bei der Schulter. Er rührte sich und blickte sich ebenso erstaunt um. Der Bürgersteig, auf dem wir lagen, gehörte zu einer Nebenstraße in einem der zahllosen, ineinanderwachsenden Londoner Vororte. Rechts und links befanden sich je eine Häuserzeile. Es war Nacht. Am Himmel funkelten die Sterne. Das nächste, was ich registrierte, war, dass es sehr warm war, verglichen mit jenem Ort, an dem wir uns gerade noch befunden hatten. In den dicken Tweed-Sachen, die wir trugen, würden wir innerhalb kürzester Zeit zu schwitzen beginnen. Dennoch empfand ich diese Wärme als angenehm. Sagte sie mir doch, dass hier Sommer war.
    So wie in jenem London des zwanzigsten Jahrhunderts, das wir auf einer öden, ins Nichts führenden Straße verlassen hatten.
    "Wir sind zurück, Patti", sagte Tom. Und dabei deutete er auf den Wagen, der in einiger Entfernung am Straßenrand abgestellt war. Es handelte sich um Toms Volvo. Tom erhob sich. Er half mir auf. Dann sah er mich an. Unsere Blicke verschmolzen miteinander. Er strich mir ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht und in seinen Augen spiegelte sich das Mondlicht.
    "Ich glaube, wir haben es geschafft", sagte er.
    "Ja", flüsterte ich.
    Dann küssten wir uns. Seine Lippen waren warm und lebendig. So ganz anders all das, was uns in jenem grauen Zwischenreich begegnet war, dass irgendwo zwischen den Gefilden der Lebenden und jenen der Toten existierte.
    Oder existiert hatte.
    Mit Bestimmtheit konnte das niemand sagen.
    Nichts erinnerte daran, dass es diese Zwischenwelt überhaupt gegeben hatte. Nichts, außer der Kleidung, die wir trugen.
    "Ich hätte dich niemals aufgegeben und dort zurückgelassen", sagte ich.
    "Oh, Patti..."
    "Vielleicht bin ich von einem ganz ähnlichen Wahnsinn befallen wie Lady Mary Delancie... Wahnsinnig vor Liebe, Tom!"
    Ich schlang meine Arme um seinen Hals und spürte seine starken Arme in meinem Rücken. Ich schmiegte mich an ihn und hielt ihn fest. Mit aller Kraft. So als wollte ich ihn niemals wieder loslassen.
    "Ich liebe dich, Patti" flüsterte er mir ins Ohr, und ein wohliger Schauer fuhr mir den Rücken hinunter.
     
    *
     
    An diesem Abend gingen wir nicht mehr essen. Wir kehrten statt dessen zu Tante Lizzys Villa zurück. Tante Lizzy war keineswegs schlafen gegangen. "Patti!", entfuhr es ihr, als sie uns sah. "Wo seid ihr die vergangenen zwei Tage geblieben? Mein Gott, ich habe bereits Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt... Selbst Scotland Yard habe ich eingeschaltet!"
    "Oh", entfuhr es mir.
    "Und überhaupt, wie seltsam ihr ausseht..." Sie wandte sich an Tom. "Ich hoffe, Sie verzeihen mir diese Äußerung, Mr. Hamilton..."
    "Natürlich", versicherte Tom mit einem Lächeln der Erleichterung auf den Lippen.
    "Mr. Swann war auch sehr besorgt", sagte sie dann.
    "Vermutlich war seine Reaktion eher ärgerlich", meinte Tom dann. "Ganz gleich, was er Ihnen vorgespielt haben mag, Mrs. Vanhelsing..."
    Tante Lizzy sah mich forschend an.
    "Was ist passiert?", fragte sie.
    Ich seufzte und musste dann ein Gähnen unterdrücken.
    "Um ganz ehrlich zu sein, ganz genau wissen wir das auch nicht, Tante Lizzy. Aber ich bin mir sicher, dass du uns vielleicht dabei helfen kannst, unsere Erlebnisse zu erklären!"
     
    ENDE
     
     
    Krakengeister
     
    "Maquatli!", stieß einer der Männer mit angstgeweiteten Augen hervor. Die schlanken Boote der Aimara-Indios glitten fast lautlos über die dunkle Wasseroberfläche.
    Immer wieder tauchten die Paddel ins Wasser. Und nicht wenige der Männer auf den Booten blickten hinab in die Tiefe, wo nichts als namenlose Finsternis zu sein schien.
    Nebelschwaden krochen hier und da wie

Weitere Kostenlose Bücher