Übersinnlich (5 Romane mit Patricia Vanhelsing) (German Edition)
Schlichtens waren ebenso darunter wie die BESCHWÖRUNGEN DER TIEFE, das Werk eines spanischen Granden aus dem 17.
Jahrhundert, der es vorgezogen hatte unter dem Kürzel N.N. zu publizieren. Dieser mysteriöse N.N. hatte wiederum den Großteil seines Textes den Erinnerungen eines Mannes namens Ernesto Diaz y Cabarres entnommen, der hundert Jahre zuvor als Steuereintreiber im Dienst des Vizekönigs von La Plata tätig gewesen war. Diaz war Zeit seines Lebens von den Beschwörungsritualen der Indios fasziniert gewesen und hatte umfangreiche Aufzeichnungen dazu angelegt.
Unter anderem erwähnte er auch die MAQUATLI...
Die Götter der Tiefe...
"Das, was du da während deiner Vision gehört hat, ist eine Beschwörungsformel", resümierte Tante Lizzy das Ergebnis unserer Bemühungen. "Ein Ritual, das die Götter der Tiefe herbeiruft, damit sie sich ihr Opfer abholen... Die Aufzeichnungen von Diaz lassen keine Zweifel daran, dass menschliche Opfer gemeint sind."
"Ich weiß genau, dass sie existieren, diese Götter der Tiefe", flüsterte ich. "Auch wenn ich nicht sagen kann, wer oder was sie eigentlich sind..."
"An Professor von Schlichtens Thesen, was diese Unterwasserruine angeht, scheint etwas dran zu sein, Patti."
"Ja, das glaube ich auch. Aber warum werde ich erst seit kurzem von diesen Visionen heimgesucht? Warum SPÜRE ich sie erst jetzt?"
"Vielleicht ist deine Gabe gewachsen. Möglicherweise hast du inzwischen eine größere Sensibilität..."
"Tante Lizzy! Bedenke, was für Entfernung zwischen London und dem Titicaca-See liegt!"
"Wir wissen nicht, welche Rolle Raum und Zeit in Bezug auf deine Gabe genau spielen. Du hast oft erfahren, dass du beides überwinden konntest..."
"Ich konnte die geistige Kraft dieser Wesen wahrnehmen, Tante Lizzy! So wie sonst nur, wenn die Quelle dieser übersinnlichen Energie in meiner Nähe war..."
"Wirklich?" Sie lächelte nachsichtig. "Dass Raum und Zeit relativ sind, erkennt sogar die Physik an, warum sollte jetzt eine Okkultismus-Forscherin daran zweifeln, Patti?"
Ich atmete tief durch. "Ich fühle mich ziemlich verunsichert. Ich glaubte schon, meine Gabe etwas genauer zu kennen, sie vielleicht sogar wenigstens in Ansätzen zu kontrollieren...
Aber ich scheine mich geirrt zu haben."
"Patti!"
"Ich weiß gar nichts, Tante Lizzy..." Meine Stimme klang belegt. Ein Gefühl hatte sich in mir ausgebreitet. Das Atmen fiel mir schwer, so als hätte ich mich bereits in der dünnen Höhenluft der Anden befunden.
Tante Lizzy nahm meine Hand.
"Versprich mir, dass du auf dich aufpasst, wenn du nach Bolivien fliegst..."
Ich erwiderte ihren sorgenvollen Blick. "Natürlich", beeilte ich mich zu versichern.
"Was die Beschwörung angeht...", begann sie dann und zögerte, bevor sie weitersprach.
Ich hob die Augenbrauen.
"Ja?"
"Warum hast du von Schlichten nicht nach dieser Beschwörungsformel gefragt?"
"Wie hätte ich ihm erklären sollen, dass ich davon weiß?"
"Ach, da wäre dir sicher was eingefallen..."
Einige Augenblicke lang schwiegen wir.
Dann sagte Tante plötzlich: "Du misstraust Professor von Schlichten, nicht wahr?"
Es hatte keinen Zweck, Tante Lizzy etwas vormachen zu wollen. Dazu kannte sie mich einfach zu gut. Gut genug, um ohne jede übersinnliche Hilfe hin und wieder meine Gedanken lesen zu können.
Ich nickte also.
"Du kannst ihm vertrauen", sagte Tante Lizzy.
Ich hob die Augenbraue. "Nur, weil er den Namen von Schlichten trägt? Ich weiß nicht, es ist nur ein Gefühl, aber..."
*
Wir flogen einen Tag später. Mein Kollege Jim Field war so freundlich, Tom und mich zum Flughafen zu bringen. Jim war als Fotograf bei den LONDON EXPRESS NEWS angestellt und früher hatten wir oft zusammengearbeitet und eine ganze Reihe von gemeinsamen Abenteuern bestanden. Das verband uns nach wie vor. Wir waren Freunde, auch wenn es mal eine Zeit gegeben hatte, in der mehr daraus hätte werden können. Zumindest, wenn es nach Jim gegangen wäre. Mir war der blonde, ewig unrasierte und etwas unkonventionell wirkende Jim mit seinem zerbeulten Jackett und den geflickten Jeans zwar stets sehr sympathisch gewesen, aber mehr hatte ich nie für ihn empfunden.
Jim Field holte zunächst mich ab, dann fuhr er bei Toms Wohnung in der Ladbroke Grove Road vorbei.
Tom schaute zunächst ziemlich skeptisch drein, bevor er seine Sachen in den Kofferraum der rostzerfressenen Karosse legte, die Jim Field sein eigen nannte.
"Dass unser Verlag so geizig ist, dass unsere Fotografen
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