Ulysses Moore – Die Stadt im Eis
Metallteilen, die aneinan derstießen. Ein Löffelchen in einem Zinnbecher? Ein Gewicht, das auf eine Waagschale gestellt wurde? Eine Schublade wurde auf- und wieder zugezogen, Papier raschelte, eine Hand suchte in einer Dose voller trocke ner Blätter herum.
»Und natürlich auch noch eine Prise hiervon. Sicher ist sicher.«
Der Arzt verschloss die Tütchen und legte sie in die Behälter zurück. Er stieg wieder auf die Leiter, um die Dosen zurückzustellen. Jason versuchte, sich ihr Ausse hen und ihre Position einzuprägen, um sie unter den vie len anderen wiederzuerkennen.
Zufällig fiel sein Blick dabei auf ein Bündel, das auf der Ladentheke lag. Jason hätte einen Arm darauf verwettet, dass es Nestors Jägertasche war.
Aber was machte sie da?
Bowen kam ihm immer verdächtiger vor.
Als der Doktor wieder von seiner Leiter herunterstieg, zog Jason rasch den Kopf ein. Doch weil ihm die nun fol genden Geräusche sehr rätselhaft vorkamen, beschloss er, wieder vorsichtig hinter dem Vorhang hervorzuspä hen.
Nun stand der Arzt hinter der Theke, mit dem Rücken zur Vordertür. Er hatte das Porträt des Apothekengrün ders, das an der Wand hing, beiseitegeschoben. Dahinter war ein kleiner eingemauerter Tresor zum Vorschein gekommen.
Der Arzt blickte rasch über die Schulter, wie um sicherzugehen, dass er nicht beobachtet wurde – und Jason duckte sich sofort tiefer in seinem Versteck.
Er hörte, wie Bowen vor sich hin pfiff, während er die Drehscheiben der Kombination einstellte.
Zähl mit, Jason, zähl mit, ermahnte sich Jason. Doch er hörte nichts anderes als eine endlose Aneinanderreihung von Klicks und schließlich das Geräusch der sich öffnen den Tresortür und Dr. Bowens Stimme: »So, meine Hüb schen, jetzt bringe ich euch in Sicherheit.«
Jason lugte wieder hinter dem Vorhang hervor und sah, dass der Arzt metallische Gegenstände aus Nestors Tasche herausnahm und rasch im Tresor verstaute. Als er einen Schlüssel erkannte, dessen Griff die Form eines Hasen hatte, hätte Jason beinahe vor Schreck aufge schrien.
Wie war das möglich?
Während er Bowen tatenlos zusehen musste, klopfte sein Herz, als wolle es zerspringen. Nachdem er die Schlüssel verstaut hatte, holte der Arzt etwas aus dem Tresor hervor: einen in dunklen Stoff eingewickelten Gegenstand.
»Und das hier werde ich wohl beim letzten, klärenden Gespräch brauchen«, murmelte Bowen, während er den Gegenstand auswickelte. Plötzlich hielt er eine glänzende schwarze Pistole mit einem langen Lauf in der Hand. Jason erkannte sofort, dass es sich um eine alte Luger handelte, so eine, wie sie auch der Erzschurke aus Jasons geliebten X-Men-Comics besaß.
Eine Pistole in den Händen von Dr. Bowen!
Jason quetschte sich in den dunkelsten Winkel der Besenkammer, während Bowen den Tresor wieder verschloss …
tick-tick-klick, tick-tick-klick
… und dabei etwas Unverständliches murmelte. Die Schritte des Arztes auf dem alten Nussholzparkett kamen näher, immer näher … Dann blieb Bowen stehen. Genau vor der Besenkammer. Jason war sich sicher, dass der Arzt aus dieser Entfernung bereits das laute Klopfen seines Herzens hören musste.
»Da habe ich ja eine schöne Schweinerei angerichtet!«, rief der Doktor aus. »Wenn Edna all den Schlamm auf dem Fußboden sehen könnte, würde sie mich umbrin gen.«
Nein, Doktor Bowen, nein! Kümmern Sie sich aus nahmsweise mal nicht um den Schlamm, dachte Jason verzweifelt.
»Vielleicht sollte ich hier wirklich noch ein bisschen sauber machen.«
Als der Vorhang plötzlich beiseitegezogen wurde, erstarrte Jason zur Salzsäule. Der Arzt stand nur eine halbe Armlänge von ihm entfernt und betrachtete nachdenklich seine Schuhe und den Fußboden. Jason war sich sicher, dass die Ausbeulung der einen Tasche seines Regenmantels durch die Pistole verursacht wurde.
Und dann, genau in dem Moment, in dem der Junge nur noch mit dem Schlimmsten rechnete, geschah etwas Unvorhergesehenes: Bowen begann so heftig zu lachen, dass es ihn schüttelte, und zog den Vorhang wieder zu.
»Aber wen juckt das«, sagte er hämisch lachend, wäh rend er sich von der Besenkammer entfernte.
Wenige Sekunden später hörte Jason, wie er die Apo theke durch die Hintertür verließ.
Erleichtert sank Jason in sich zusammen und landete mit dem Po in einem Putzeimer.
Anita musste mehrere Male klopfen, bis er sich schließ lich befreit hatte und zur Tür gehen konnte, um ihr auf zumachen.
»Endlich! Sag schon, wie ist es
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