Ulysses Moore – Die steinernen Wächter
machen?«
»Und er soll hier Dinge umstellen? Also Tische, Sessel oder ... Schränke?«
»Jason, was ist bloß mit dir los?«
Der Junge warf seiner Schwester einen beunruhigten Blick zu. Wenn noch ein weiterer Erwachsener im Haus war, würde alles viel schwieriger werden. Auf gar keinen Fall konnten sie dann die Tür zur Zeit benutzen.
»Wenn ihr und dieser Herr den ganzen Nachmittag über Möbel umstellt«, meinte Julia, die soeben einen Geistesblitz gehabt hatte, »wird es für uns nicht leicht sein, uns auf unsere Hausaufgaben zu konzentrieren. Nicht wahr, Jason?«
»Ja, das stimmt.«
»Also, Kinder«, polterte Mr Covenant. »Dieses Haus ist so groß, dass ihr davon überhaupt nichts mitbekommen werdet. Und außerdem werden wir nicht den ganzen Nachmittag dafür brauchen.«
»Sei dir da mal nicht so sicher«, schaltete seine Frau sich ein. »Es ist praktisch unmöglich, in diesem Haus irgendetwas umzustellen. Weißt du, was mir heute Morgen passiert ist? Du warst sicher auch schon in diesem Esszimmer mit dem schwarzen Schrank und den beiden Konsolen in den Ecken?«
Mr Covenant neigte den Kopf, wie um anzudeuten, dass er sich dunkel an den Raum erinnern konnte.
»Auf den Konsolen stehen zwei Vasen. Ich habe sie heruntergenommen und sie ins Wohnzimmer getragen, weil ich dachte, dass wir auf die Konsolen die beiden roten Kerzenleuchter stellen könnten, die uns meine Mutter geschenkt hat.«
Mr Covenants freundliches Lächeln gefror. Er hatte diese roten Kerzenleuchter von Anfang an gehasst. »Ja, und?«, fragte er.
»Ich bin zwischendurch nach oben gelaufen, um etwas zu holen. Und als ich herunterkam, standen wieder die beiden Vasen auf den Konsolen.«
»Pech für die Kerzenleuchter«, sagte Mr Covenant erleichtert.
»Aber verstehst du denn nicht? Wie konnten die beiden Vasen von alleine auf die Eckkonsolen zurückkehren?«
Jason grinste. »Das Gespenst«, flüsterte er.
»Genau!«, rief seine Mutter. »Ein Gespenst, das nicht will, dass man die Dinge von ihren Plätzen nimmt.«
»Los, Julia! Die Jagd nach dem Gespenst geht weiter!«, freute sich Jason und stand auf.
Sein Vater winkte ihn an den Tisch zurück. »Aber vorher isst du deine Erbsen auf.«
Mrs Covenant ging in die Küche und kehrte wenig später mit zwei Tassen Espresso für sich und ihren Mann zurück.
»Am besten machen wir es so«, schlug Julia gerade vor, die das Gespräch wieder auf das Thema Hausaufgaben gelenkt hatte, »wenn ihr heute nicht vorhabt, den kleinen Salon mit dem Steingewölbe umzuräumen, können wir dort in Ruhe lernen.«
Jason, der soeben die letzte Ladung Erbsen von der Gabel in den Mund befördern wollte, sah seine Schwester voller Bewunderung an: Wenn sie in diesem Zimmer ungestört blieben, hatten sie auch freien Zugang zur Tür zur Zeit.
»Könnt ihr euch denn keinen ruhigeren Ort aussuchen, zum Beispiel die Bibliothek?«, fragte ihr Vater und nahm mit einem Nicken die Espressotasse entgegen. Er gab einen halben Löffel Zucker hinein und rührte energisch um. »Und dieser Freund von euch? Kommt er zum Lernen hierher?«
»Welcher Freund?«, erkundigte sich Mrs Covenant.
»Rick«, antwortete Julia.
»Der mit den roten Haaren«, erklärte Jason.
Mr Covenant legte den Löffel auf der Untertasse ab, hob das Espressotässchen an und wollte gerade einen Schluck nehmen, als das Telefon klingelte. »Ausgerechnet jetzt«, schimpfte er und stellte die Tasse wieder ab.
»Es ist sicher für dich«, meinte seine Frau.
Mr Covenant stand auf und begab sich auf die Suche nach dem Telefon.
Bald hörte man ihn laut reden, doch das Gespräch ging rasch in eine Reihe von Flüchen über.
»Fertig!«, sagte Jason und schob seinen Stuhl zurück. »Ich gehe jetzt.«
Julia machte ihm Zeichen, sich wieder hinzusetzen und still zu sein. Mit besorgter Miene schaute sie in die Richtung, aus der die verärgerte Stimme ihres Vaters kam.
»Es ist unglaublich!«, schimpfte er, als er zum Tisch zurückkehrte. Er nahm seine Tasse, trank sie in einem Zug leer und setzte sie wütend auf der Untertasse ab. »Der reine Wahnsinn! Die müssen alle verrückt sein! Man sollte sie einsperren!«
»Was ist denn los?«
»Sie sind wieder mit dem Möbelwagen zurückgefahren, das ist los!«
»Wie, sie sind wieder zurückgefahren?«
»Sie sagen, dass ein ganzer Baum quer über der Straße lag. Ein ganzer Baum! Als ob es hier ein Unwetter gegeben hätte, das heftig genug war, Bäume zu entwurzeln! Sie hätten den halben Vormittag gebraucht, um
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