Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ulysses Moore – Die steinernen Wächter

Ulysses Moore – Die steinernen Wächter

Titel: Ulysses Moore – Die steinernen Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario
Vom Netzwerk:
huschen. Er schob den Riegel in genau dem Augenblick vor, als sein Vater an die Tür klopfte.
    »Ist da besetzt?«
    Jason schaute sich verzweifelt um. Er konnte nicht antworten, denn sein Vater hätte sofort seine Stimme erkannt. Stattdessen hustete er und drehte den Wasserhahn an.
    »Oh, entschuldigen Sie bitte«, sagte Mr Covenant. Er versuchte die andere Tür zu öffnen und blieb dann pfeifend im Gang stehen, um darauf zu warten, dass die Toilette wieder frei wurde.
    Jason begann zu schwitzen. Er schluckte. Er schluckte noch einmal und überlegte verzweifelt, was er nun tun sollte. Ruhig bleiben!, zwang sich Jason und spielte die verschiedenen Möglichkeiten durch. Die Toilette durch die Tür verlassen war unmöglich. Also gab es nur zwei Alternativen: für immer in der Toilette bleiben oder aber versuchen sie durch das Fenster zu verlassen.
    Schließlich entschied er sich für die zweite Möglichkeit.
    Er kletterte auf das Waschbecken. Von hier aus konnte er das Fenster erreichen. Das Wasser ließ er weiter laufen, um seine Fluchtgeräusche zu überdecken. Er öffnete das Fenster und schätzte dessen Maße ab. Es war rechteckig und gerade breit genug für ihn und seinen Rucksack, doch jemand, der größer war als er, könnte mit Sicherheit nicht hindurchklettern.
    Jason ermahnte sich einen kühlen Kopf zu bewahren. Aus einem seiner Schuhe zog er den Schnürsenkel heraus, befestigte das eine Ende am äußeren Fenstergriff und warf das andere nach draußen. Auf diese Weise würde er das Fenster nach seiner Flucht noch rasch wieder zuziehen können.
    Dann schleuderte Jason den Rucksack hinaus und hörte, wie er auf der anderen Seite aufschlug. Schließlich stemmte er sich am Fensterrahmen hoch. Er streckte Arme und Kopf durch und wollte sich mit den Füßen abstoßen. Da merkte er, dass er nicht weiterkam: Sein Kopf war gegen die rechte Schulter gepresst, die linke Schulter konnte er nicht bewegen, ein Arm hing draußen, während seine Beine haltlos in der Luft baumelten.
    Jason versuchte ruhig zu bleiben und atmete tief durch. Auch für dieses Problem musste es eine Lösung geben. Er stellte sich vor, wie sein Vater die Toilette betrat und ihn an den Füßen aus dem Fenster zog. Obwohl er furchtbare Angst hatte, dass genau dies passieren würde, musste er bei der Vorstellung lachen. Dabei entdeckte er, dass er, wenn er sämtliche Luft aus der Lunge presste, die linke Schulter und den Arm bewegen konnte. Mit der Hand suchte er nach einem Halt außerhalb des Fensters, fand ihn aber nicht. Daraufhin tastete er mit den Schuhspitzen die Toilettenwand ab.
    Gerade wollte er aufgeben, als sein rechter Fuß einen Vorsprung fand.
    Wahrscheinlich war dies seine einzige Chance: Er stellte den Fuß darauf, atmete tief aus und stieß sich, als er sich so dünn wie ein Hering fühlte, mit aller Kraft ab.
    Mr Covenant kam wieder hinter dem karierten Vorhang hervor.
    »Haben Sie vielleicht noch einen Ersatzschlüssel für die Toilette?«, fragte er die Dame hinter der Ladentheke. »Ich dachte, es sei jemand drin, aber offenbar geht nur die Tür nicht auf.«
    »Ja, sicher.« Die Konditorin zog eine Schublade auf, holte einen Messingschlüssel heraus und reichte ihn über den Tresen. »Der ist aber nur für die erste Tür. Die zweite haben wir noch nie aufbekommen.«
    Mr Covenant kehrte in den Flur zurück und steckte den Schlüssel ins Schloss der ersten Tür. Er hörte, wie der andere Schlüssel, der von innen darin gesteckt hatte, klirrend auf den Boden fiel.
    »Entschuldigung, ist da jemand?«, fragte er noch einmal.
    Dann trat er ein.
    Es war niemand da, genau wie er vermutet hatte.
    Rasch drehte er den Wasserhahn über dem Waschbecken zu und sah sich verblüfft um: Der Toilettenpapierhalter war halb aus der Wand herausgerissen und auf dem Fußboden lag eine Papiertüte mit dem Aufdruck der Konditorei. Die Tüte enthielt anderthalb klebrige Hörnchen mit Puddingfüllung.
    So ein Mist!, dachte Jason auf der anderen Seite, nachdem er festgestellt hatte, dass er die Hörnchen in der Toilette vergessen hatte.
    Er befand sich in einem quadratischen, gekiesten Innenhof, über dem zwei Stege aus dunklem Stein ein großes X bildeten. Neben dem Toilettenfenster war eine metallene Wendeltreppe als Feuerleiter an der Wand befestigt. Einige Türen schienen in den Keller hinunterzuführen. In einer Ecke wuchs eine blasse Kletterpflanze und zwischen den Kieselsteinen schauten ein paar magere Grashalme hervor.
    Mit dem Rücken an der Wand

Weitere Kostenlose Bücher