Ulysses Moore – Die steinernen Wächter
gefunden!«, schrie Leonard dieses Mal. Sein verzerrtes Gesicht hatte einen wahnsinnigen Ausdruck angenommen, der die beiden Männer deutlich beunruhigte.
»Ich habe es gefunden, Kalypso! Es ist dort unten. Das Segelschiff von Raymond Moore. Das, mit dem er nach Kilmore Cove gekommen ist.«
»Leonard, beruhige dich jetzt erst mal«, besänftigte Kalypso ihn.
»Ich war da unten ... Aber ich hatte keine Luft mehr ...« Er richtete sich auf und setzte sich hin. »Deshalb musste ich schnell hochkommen, ich hatte nicht mehr genügend Zeit für alle Pausen und ... dann kam der Wal. Ein Wal, Kalypso! Er hat mich nach oben geschoben! Und es war, als wüsste er alles!«
»Was alles?«
Wieder tastete der Leuchtturmwärter an seinem Taucheranzug herum und entdeckte endlich eine kleine Beule. Er öffnete den Reißverschluss und zog unter dem Anzug eine Armbanduhr hervor.
»Ich habe sie ja gar nicht verloren«, meinte er lächelnd. Er zeigte die Uhr Kalypso und dann Homer und Mr Covenant. Es war eine Taucheruhr mit einer Eule auf dem Zifferblatt.
»Sehr schön«, meinte Mr Covenant. »Und das erinnert mich daran, dass wir schleunigst zum Ufer zurückkehren sollten. Meine Frau macht sich sicher schon Sorgen.«
»Sie war im Segelschiff«, erklärte Leonard und sah Kalypso eindringlich an. »In Raymond Moores Segelschiff aus dem 16. Jahrhundert.«
»Na, wie ein Chronometer aus dem 16. Jahrhundert sieht das ja nicht gerade aus«, meinte der Architekt.
»Banner war da unten. Er ist dort stecken geblieben«, brach es aus Leonard Minaxo heraus. »Ricks Vater ist dort unten gestorben.«
Langsam ging Julia auf die Tür zur Zeit in der Villa Argo zu.
»Los, Mädchen, schließ sie auf«, befahl Oblivia, die hinter ihr stand. »Und beeil dich!«
Julia zögerte. Sie hörte ihre Mutter unten in der Küche und wusste, dass sie nur zu schreien brauchte, um sie herbeizuholen. Doch der Mann, der durch ihre Schuld von den Klippen gestürzt war, hielt Jason fest. Und er drückte ihm immer wieder den Hals zu, bis Jason vor Schmerz laut stöhnte.
Das Mädchen drehte sich zu Rick um.
»Tu besser, was sie sagt«, riet dieser ihr.
Seltsamerweise schenkte Ricks Rat ihr eine gewisse Zuversicht, so als wüsste er genau, was zu tun sei, als hätte er einen Plan.
Sie beschloss sich auf dieses Gefühl zu verlassen und steckte die vier Schlüssel nacheinander in die Schlösser.
Klack. Klack. Klack. Klack.
»Oh! Fantastisch!«, flüsterte Oblivia, als Julia fertig war. »Nach euch, bitte.«
»Wir brauchen noch ein Licht«, erklärte Rick.
Oblivia öffnete Manfreds Rucksack, wühlte darin herum und zog eine Taschenlampe heraus. »Hier«, sagte sie und reichte sie dem Jungen.
»Dort, wo wir hingehen, funktioniert sie nicht«, widersprach er. »Wir brauchen Kerzen.«
»Quatsch, die funktioniert sehr gut. Los!«, entgegnete Oblivia Newton unwirsch, schob ihn vor sich her und schaltete die Taschenlampe ein. »Und jetzt Schluss mit dem Gezicke!«
Sie betraten den Gang. Julia und Rick mussten vorgehen, hinter ihnen kam Oblivia, Manfred bildete mit Jason das Schlusslicht.
»Wenn du mit vieren eine öffnest nach Sinn …«,
sagte Rick in leisem Singsang auf,
»zeigt der Dritte von vieren das Motto an …«
»Was plapperst du denn nun schon wieder für einen Unsinn?«, schimpfte Oblivia.
»Zwei von vieren führen in den Tod …«,
fuhr Rick fort,
»und der mit dem Motto bringt dich nach unten.«
»Was soll das bedeuten?«, verlangte Oblivia zu wissen.
Julia und Rick blieben am Ende des Ganges stehen, in dem runden Zimmer, in dem die vier Gänge ihren Anfang nahmen. »Es ist ein Reim, der hilft, den richtigen Weg auszuwählen«, erklärte Rick unfreundlich und wies mit dem Kopf zu den vier Ausgängen.
Oblivia beleuchtete sie nacheinander mit der Taschenlampe. Sie sah die Buchstaben, die ringsum unten über dem Fußboden in die Wände eingemeißelt waren, und auch die Tiere auf den Türstürzen.
Plötzlich strömte wie jedes Mal ein heftiger Luftzug von unten herauf, umwirbelte sie alle und bewirkte, dass die Tür zur Zeit hinter Manfred zuschlug.
Das Licht der Taschenlampe erlosch.
»Jason!«, kreischte Julia im Dunkeln.
»Ahhh!«, brüllte Manfred.
»Grrr!«, knurrte Jason.
»Manfred!«, schrie Oblivia.
Es folgte ein Durcheinander von Rufen und Schreien, von hastigen Schritten und plötzlichen Zusammenstößen in der Finsternis.
»Jason!«, kreischte Julia noch einmal.
»Julia!«, rief Jason. »Nach unten!«
»Verdammte
Weitere Kostenlose Bücher