Um die Wurst (German Edition)
Jaguar fegte über den Zubringer, bog aber nicht auf die Ausfahrt in Richtung Karlsruhe, sondern folgte dem blauen Schild nach Basel. Stark stutzte. Der Kavalier schürzte die Lippen und sah sie unschuldig an.
»Sie arbeiten für Schewtschenko«, sagte sie.
Er lachte mit den Augen, schien sich zu amüsieren. Sie dachte daran, ihm ins Lenkrad zu greifen und einen Unfall zu provozieren. Sie hatte einen überlebt, wieso sollte es ihr nicht ein zweites Mal gelingen?
»Die Leute in dem Tuareg arbeiteten für Schewtschenko«, sagte er.
»Wo sind sie? Wo ist der Tuareg? Warum sind Schewtschenkos Leute abgehauen?«
»Sie sind nicht abgehauen. Wir haben sie abtransportiert. In ihrem eigenen Wagen.«
»Wer sind Sie?«
»Wollen Sie etwa einen Namen? Dann nennen Sie mich Graf.«
»Für wen arbeiten Sie?«
»Für den gehobenen Adel.«
»Was wollen Sie von mir?«
»Ihnen einen Job und ein neues Leben geben.«
»Sind Sie ein Freund von Killian?«
Jetzt lachte er laut. »Nein. Bei Gott, das kann man nicht sagen. Eher gehöre ich zu seinen Gegnern. Das ist nichts Persönliches zwischen uns. Eher geschäftlich. Wir arbeiten für verschiedene Unternehmen.«
»Für welches Unternehmen arbeiten Sie?«
»Für ein Subunternehmen eines Subunternehmens, das Ihnen eine Fünf-Tonnen-Ladung Heroin verdankt.«
Er gefiel sich in seiner Süffisanz. Hätte sie jetzt ihre Walther zur Hand gehabt, sie hätte ihm den Lauf in sein arrogantes Grübchen gedrückt.
»Was soll ich für Sie tun?«, fragte sie.
»Hin und wieder ein paar kleinere Aufträge übernehmen. Ich glaube, Sie passen zu uns.«
»Und wieso ich? Was macht mich für Sie wertvoll? Ich bin eine abgetakelte Polizistin, die von der Russenmafia gejagt wird und jetzt auch noch die eigenen Leute an den Hacken hat.«
»Optimale Voraussetzungen für einen Neustart, finden Sie nicht? Hatten Sie das nicht ohnehin vor?«
»Ja. Aber bei einem Verein, den ich mir aussuche.«
»Sie können sich nichts aussuchen. Oder haben Sie sich etwa Killians Verein ausgesucht? Sie haben nach dem erstbesten gegriffen. Wir bieten Ihnen eine Alternative.«
Sie sah ihn an. »Warum?«
»Weil Sie eine gewisse Nähe zu Killian haben. Nennen wir es so.«
»Ich soll Killian umlegen?«
»Um Himmels willen, nein. Das könnten wir alleine. Sie heuern bei seinem Verein an und füttern uns mit Informationen. Undercover. Ihr Spezialgebiet. Und wir überweisen Ihnen monatlich eine hübsche Summe auf ein Nummernkonto in Liechtenstein.«
Sein Handy klingelte; er nahm ab. »Ja. – Gut. Ausgezeichnet. Wir kommen direkt dorthin.« Er legte auf. »War nicht leicht, so schnell aufzutreiben. Aber unsere Jungs sind die besten.«
Sie verstand nicht, was er meinte, aber er erfreute sich an dem Spiel.
»Sie werden schon sehen.« Er setzte den Blinker, nahm die Ausfahrt Bad Krozingen und fädelte auf der Gegenfahrbahn wieder ein.
*
Mit einem einzigen Hieb hatte sie ihn erledigt. Der Kopf war nicht vollends abgetrennt, aber er hing wie am letzten Faden. Britta stierte auf die blutige Machete, die sie noch immer umklammert hielt. Beidhändig. So, wie sie zugeschlagen hatte. Sie war die Tochter eines Metzgers. Sie konnte schlachten. Und sie hatte geschlachtet. Einen Menschen. Einen, der sonst sie geschlachtet hätte.
Sie legte die Machete neben den Kopf des Toten und wischte sich Blutspritzer von den Händen. Alles geschah wie in Trance. Ein seltsames Gefühl von Zeitlupe. Sie sah sich dabei zu und spürte ihre eigenen Bewegungen verzögert. Es schien, als passierten sie erst, nachdem sie längst getan waren.
Sie nahm ihr Handy und rief ihren Vater an. Sie wollte ihm sagen, dass alles vorbei war. Stolz überkam sie, dass sie das Problem gelöst hatte.
Die Stimme am anderen Telefon klang nicht nach ihrem Vater. Es war ein tiefer Bass: »Ja?«
Nachdem sie nichts sagte, sprach der Mann weiter, und jetzt erkannte sie ihn.
»Frau Vogt? Sind Sie das? Ihr Name steht auf dem Display. Wo sind Sie? Sie sind in Gefahr. Ihr Vater wurde ermordet. Wir glauben, dass der Mörder nun nach Ihnen sucht. Sagen Sie uns, wo Sie sind!«
Britta legte auf. Sie brauchte den Mörder nicht mehr zu fürchten. Aber der Tod ihres Vaters machte ihr Angst. Wo sollte sie jetzt hin? Man würde sie ins Gefängnis stecken. Wegen Mittäterschaft und wegen Mordes. Auch bei der Erpressung von Koch und Ginter hatte sie mächtig mitgespielt. Bei Koch war nicht viel zu holen gewesen. Aber Ginter, den hätten sie melken können.
Ginter, das Schwein.
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