Um die Wurst (German Edition)
gegeben. Motive, die dringlicher schienen. Er hatte die Sache an Stark weitergegeben, weil er dachte, es wäre Routine. Hätte er es mal selbst getan, dann hätte aus dem Fall keine Schlachtplatte werden müssen.
Er übergab den Toten den Kollegen und verließ die Rebhütte. Britta Vogt kauerte auf einem geteilten Holzstamm, der als Bank diente. Eine Polizistin saß neben ihr und reichte ihr einen Kaffee. Sie nahm den Becher entgegen, ohne aufzublicken.
Belledin wartete, bis sie den ersten Schluck getrunken hatte, dann rückte er vor. Er gab der Polizistin ein Zeichen, sie entfernte sich, und er nahm ihren Platz ein. Britta Vogt schien es nicht bemerkt zu haben.
»Jetzt ist es vorbei«, sagte Belledin.
Britta sah auf, stierte in sein Gesicht und kicherte irr. »Entschuldigen Sie. Ich hatte mir gerade vorgestellt, wie Sie wohl aussähen, wenn man Ihnen das Gesicht vom Kopf gezogen hätte. Warum hat er das gemacht? Er hätte sie doch auch alle so umlegen können. Und warum hat er es bei Ginter nicht getan?«
»Sie hätten ihn ja fragen können, bevor Sie ihm das Genick mit der Machete geknackt haben«, erwiderte er. »Was wissen Sie von ihm?«
»Nichts. Oder fast nichts. Er hatte sich bei uns einmal beworben. So wie der Fotograf. Ginter hatte gleich gerochen, dass er ein Journalist war, und ihn zum Teufel gejagt.«
»Und danach haben Sie ihn nie mehr gesehen?«
»Heute zum ersten Mal wieder.«
Ein roter VW Jetta. Wagner. Was wollte der denn hier?
Wagner stieg aus dem Wagen und kam auf Belledin zu. Seine Wangen glühten. Er musste ordentlich getankt haben, denn er versuchte sich an Hochdeutsch. »Chef, ich hab Marlena im Wagen. Und ich hab recherchiert. Der Fall ist klar.«
Belledin glaubte nicht richtig zu hören. Was kam der Süffel jetzt und spielte den großen Max? Jetzt, wo alles zu Ende war?
»Seibert stand mit der Birkenwaldschule in Verbindung.«
»Inwiefern?«
»Seine Tochter war dort missbraucht worden. Sie hat sich anschließend umgebracht. Seitdem war er auf Kreuzzug und hat dort weitergemacht, wo die Behörden aufgehört haben.«
»Hieb gegen die Kollegen? Wagner, das ist Nestbeschmutzung.«
»Ich rede aus Seiberts Sicht.«
»Weiter.«
»Seibert ist auf Daniela Walter gestoßen, die jetzt Koch heißt. Sie hatte damals gegen einen Richter ausgesagt, der mit von der Lehrerpartie gewesen war. Heißes Eisen. Kurze Zeit später hat sie ihre Aussage zurückgezogen. Ihre Spur hatte sich verloren, aber Seibert hat sie schließlich wiedergefunden.«
Wagner setzte eine Kunstpause. Belledin wusste nicht, ob er ihn jetzt loben oder ihm einen Schnaps anbieten sollte. Deshalb tat er gar nichts.
»Er war hinter dem Lehrer her, der mal an der Birkenwaldschule unterrichtet hatte, aber von dem Missbrauchskandal freigesprochen worden war. Er suchte einen Verbündeten. Einen, der mehr wissen konnte und der mutig genug schien, einen Krieg gegen die Verbrecher zu starten.«
»Koch?«, fragte Belledin.
»Nein. Schwarz. Schwarz war von Daniela Koch angezeigt worden, aber hatte die Aussage zurückgezogen. Schwarz hatte durch seinen engagierten Einsatz gegen misshandelte Tiere überregionale Medienbeachtung erfahren. Seibert dachte, wer sich für geschändete Tiere einsetzt, riskiert seinen Kopf auch für Menschen.« Wagner atmete tief durch. Die Geschichte war wohl doch anstrengender zu erzählen, als er gedacht hatte. Er schluckte zweimal und setzte neu an. Belledin kam ihm zuvor.
»Aber er hatte nicht mit der Habgier von Schwarz gerechnet. Hatte geglaubt, das Engagement von Schwarz wäre so ehrlich wie seins. Aber Schwarz wollte seine Informationen, die er über den Kinderpornoring hatte, nutzen, um Geld damit zu machen.«
Wagner kämpfte noch immer mit seinem pappigen Maul. Kein Wort wollte mehr herauskommen. Wie zugeklebt. Dafür plapperte jetzt Belledin und marschierte zum Finale. Wagner hätte es wissen müssen. Er war nicht für Triumphe geschaffen. Ihm fehlte das Gen. Warum sonst verließ ihn jetzt das Sprechwerkzeug?
»Seibert fühlte sich verraten. Er tötete Schwarz und zog ihm das falsche Gesicht ab. Er wollte seine Scheinheiligkeit ausstellen. Das wahre Gesicht zeigen.«
Das hatte er schön gesagt. Wagner hätte es nicht besser gekonnt.
»Er hatte aber nicht damit gerechnet, dass Gotthard ihn aus seinem Versteck gesehen hatte. Gotthard begann mit Erdogan nun Seibert zu erpressen. Das hat er sich nicht gefallen lassen.«
»Und Ginter?« Wagner hatte die Sprache wiedergefunden.
»Ginter wurde
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