Um Leben Und Tod
beim Landgericht Darmstadt einen Antrag ein.
In der Strafsache 5/22 Ks 3490 Js 230118/02 (LG Frankfurt am Main) gegen Herrn Magnus Gäfgen, Paradeplatz 5, 34613 Schwalmstadt, wegen Mordes pp. weisen wir unsere Vollmacht nach durch die Anlage MH 1 (Vollmacht für Heuchemer) und beantragen hiermit die Wiederaufnahmedes v. g. Verfahrens zugunsten des Verurteilten gemäà § 359 Nrn. 5, 6 StPO nach dem Urteil des LG Frankfurt v. 28.07.2003 in der v. g. Sache. Zugleich wird gemäà der §§ 364a und 364b StPO bereits jetzt beantragt, den Unterzeichner zu 1) (Heuchemer) dem Verurteilten als Verteidiger für das Wiederaufnahmeverfahren beizuordnen aufgrund der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage (§364a StPO) sowie für dessen Vorbereitung (§ 364b StPO).
Die Gründe sind eindeutig. Beide, Gäfgen und sein Anwalt, verstecken sich hinter Paragrafen und nutzen sie gleichzeitig bis zum Letzten für sich aus. Recht, Gerechtigkeit, der gesunde Menschenverstand spielen keine Rolle, der tote Jakob spielt keine Rolle. Möchte der Kindesmörder am Ende freigesprochen werden?
Mit ihrem Schreiben vom 5. Januar 2011 beantragt die Staatsanwaltschaft Darmstadt, den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens als unzulässig zurückzuweisen sowie den Antrag auf Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. Heuchemer als Verteidiger gemäà §§ 364a, 364b StPO abzulehnen.
Eine Entscheidung steht noch aus.
Am 17. März 2011 kam es zur mündlichen Verhandlung im Zivilverfahren, in dem Gäfgen 10 000 Euro Schmerzensgeld vom Land Hessen für die erlittene »Folter« erkämpfen möchte. Erster Zeuge war der Kläger Gäfgen. Mit brüchiger Stimme stellte er dem Gericht seine Sicht der Befragung vom 2. Oktober 2002 durch mich dar. Es war offensichtlich, dass es ihm vor allem darauf ankam, Mitleid und Anteilnahme beim Gericht zu erreichen. Während seiner etwa einstündigen Aussage waren seine Mimik und Gestik sehr verhalten.
Danach schilderte ich, wie sich die Befragung tatsächlich abgespielt hatte, nämlich so, wie ich sie bereits ausführlich beschrieben habe.
Dritter Zeuge war der Gutachter Prof. Dr. med. Norbert Nedopil, Leiter der Abteilung für forensische Psychiatrie an der Universität München. Er war vom Gericht zu einer gutachterlichen Stellungnahme aufgefordert worden. Das Gutachten sollte Aufschluss darüber geben, ob Gäfgen durch die Festnahme und die Vernehmungssituation, insbesondere durch meine Ankündigung möglichen unmittelbaren Zwanges traumatisiert worden sei und deshalb psychologische und andere medizinische BehandlungsmaÃnahmen erforderlich seien.
Der Gutachter erklärte, dass Gäfgen traumatisiert sei und es dafür vier Gründe, sogenannte Bedingungsfaktoren, gebe.
Erster dieser Faktoren sei seine »Lebenslüge«. Durch seine Luftschlösser, die er gebaut habe, habe er sich immer wieder und immer tiefer in Lügen verstricken müssen. Dies habe eine nicht unerhebliche Gestörtheit zur Folge.
Zweiter Bedingungsfaktor sei die Tat, der brutale, hinterlistige Mord an Jakob. Der Tötungsvorgang und das Erleben des Todes würden massive posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) auslösen. Hierbei ging der Gutachter allerdings davon aus, dass sich die Tat so zugetragen habe, wie sie im Urteil gegen Gäfgen dargestellt werde. Gäfgen selbst hatte während der Exploration durch Nedopil keine Angaben zum Tathergang machen wollen.
Dritter Bedingungsfaktor sei die Perspektivlosigkeit seines Lebens, das er »an die Wand gefahren« habe.
Der letzte dieser Bedingungsfaktoren sei Gäfgens Vernehmung durch mich, wobei der Gutachter zuerst von dem Umstand ausgegangen ist, dass ich Gäfgen massiv mit Gewalt gedroht hätte. Nachdem er jedoch durch meine Zeugenaussage erfahren hatte, wie ich Gäfgen tatsächlich dazu gebracht hatte, die Wahrheit zu sagen â indem ich ihm das Schreckliche seiner Tat unmittelbar vor Augen geführt hatte â, erklärte er, dies sei mindestens genauso traumatisierend wie eine Gewaltandrohung. Der Vorhalt: »Der Junge wird dir nie aus dem Kopf gehen! Du wirst seine Augen nie vergessen, die panische Angst in seinen Augen, nie!«, könne »traumatisierend« gewirkt und »zum Zusammenbruch des psychischen Gefüges« geführt haben, meinte Nedopil, fügte aber hinzu, dass dies zwar wahrscheinlich so geschehen sei, aber möglicherweise
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