Um Mitternacht am schwarzen Fluß
kräftiger geworden, dachte Gaby.
Die Freundschaft mit Tim färbte ab.
Endlich! Vor ihnen gabelte sich die
Straße.
Ein Schild wies die Richtung zum
Schwarzwasser-See. Ein anderes Schild, das darunter hing, wies hin auf das
Seehotel SCHÖNE AUSSICHT.
Wenig später rollten sie über eine
steinerne Brücke. Unter ihnen floß der Schwarze Fluß.
Im Vorbeiradeln blickte Gaby über die
begrenzende Mauer. Tatsächlich! Das Wasser war wie schwarze Tinte. Es glitt
ruhig dahin, staute sich nur hier und da an einem Fels und schwappte träge um
die Windungen.
Die Böschungen waren steil und mit schilfigem
Gras bewachsen, aber nicht hoch. Unter den Überhängen konnte man Biber
vermuten.
Ungefragt sagte Karl — trotz keuchenden
Atems: „Der Schwarzwasser-See heißt so, weil’s ein Moorsee ist: also dunkel.
Das Wasser ist enorm gesund zum Schwimmen. Vertreibt Rheuma und schönt die
Haut. Aber beim Tauchen — hahaha! — kann man sich in der Schwärze leicht
verirren. Den moorigen Grund hat zum Teil auch der Fluß. Erst außerhalb des
Waldes beim Forstamt Eichenhöhe wird er heller — aber seinen Namen behält er
bis zur Einmündung in unseren Strom.“
„Aha!“ Tanja hielt sich an Karls Sattel
fest, manchmal auch an seiner Schulter. „Sind Fische drin?“
„Klar! Bachforellen, hauptsächlich. Und
nicht eine einzige hat Rheuma.“
„Aber was die Haut betrifft“, rief
Gaby, „schönt das Moorwasser sie nicht. Alle haben Schuppen.“
„Eine Forelle ohne Schuppen wäre
häßlich“, lachte Karl.
Die Straße fiel ab. Die Bäume traten
zurück. Vor ihnen lag der See.
Abgeschlaffte Manager, dachte Gaby,
sind hier richtig. Diese Ruhe, diese erquickende Luft! Und zu jedem Abendessen
gebratene Forellen. Hübsche sogar, mit Schuppen.
Sie ließ ihr Rad laufen, ohne zu
treten, achtete nur darauf, daß Oskar Schritt hielt. Ihr Blick wanderte um den
See. Dichter Wald säumte ihn. Drüben, auf der anderen Seite, war der Zufluß:
etwa 300 Meter entfernt.
Unweit des Hotels, das an einen Hang
gebaut war, begann der Schwarze Fluß. Schon nach kurzer Strecke verschwand er
hinter dichten Büschen. Nahe dem Seeufer führte eine bogenförmige Holzbrücke
hinüber. Ein Rundweg umgürtete den See: alles in allem ein knapper Kilometer.
Für die Fußkranken unter den Hotelgästen reichte das als Abendspaziergang.
„Schön!“ rief Gaby. „Wirklich
idyllisch!“
Das Hotel — ein hübscher Fachwerkbau — konnte
40 Gäste aufnehmen. Seeseitig erstreckte sich eine Glasveranda über die ganze
Front. Zum Ufer hin war ein schmaler Kaffeegarten angelegt. Zu jedem Tisch
gehörte ein Sonnenschirm. Aber nur wenige waren aufgespannt.
Ein hölzerner Steg ragte ins Wasser.
Ruderboote waren dort festgemacht. Ein leichter Wind kräuselte den See. Die
Boote dümpelten. Eins stieß gegen den Pfosten des Stegs. In der Stille drang
das hölzerne Knirschen bis zu den dreien herauf.
„Die Saison ist schon vorbei“, sagte
Tanja. „Jan sagt, sie haben nur noch wenige Hausgäste. Aber morgen ist Samstag.
Da kommen die Ausflügler aus der Stadt — und stürzen sich auf Käsekuchen und
Blaubeertorte.“
Sie rollten zum Gebäude hinunter und
stoppten an der Schmalseite, wo einige Fahrzeuge parkten.
Ein signalroter Porsche 911 stach ab
von den andern, unterschied sich vom Zweitschönsten um mindestens 30 000 DM.
„Da ist Jan!“ rief Tanja und rutschte
vom Gepäckträger.
2. Kein Kratzer am Porsche
Jan war ein stabiler Typ mit offenem
Gesicht, aber zu unregelmäßigen Zügen, als daß man ihn gutaussehend hätte nennen
können.
Er umarmte Tanja, begrüßte Gaby und
Karl herzlich, wunderte sich gleich, wo das Rad seiner Freundin sei, und erfuhr
von dem Vorfall.
Gaby beobachtete ihn. Jans Gesicht
wurde grau. Sofort legte er den Arm um Tanja.
„Ein ganz übler Fall von Fahrerflucht“,
stieß er hervor. „Der Kerl muß doch gesehen haben, was er angerichtet hat — als
ihr in den Büschen klebtet. Klar! Gerade deshalb ist er verduftet. Sauerei! Zu
uns ist kein Lastzug gekommen. Uns beliefern ohnehin nur kleine Lkw. Das heißt
also, der Kerl ist nach Gunzhausen gebrettert. Nützt ihm aber gar nichts. Ihr
wißt, wer es ist. Und dein Vater, Gaby, wird schon dafür sorgen, daß er Zoff
kriegt, der Armleuchter.“
„Mit Sicherheit!“ nickte Pfote.
Jan blickte die Straße entlang. „Wie
ich Tim kenne, verfolgt er ihn, wie?“
„Tim und Willi waren gar nicht dabei“,
erklärte Karl. „Sie kommen etwas später.“
„Bevor’s
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