Um Mitternacht am schwarzen Fluß
nicht mit
anderen Paukern.
Außerdem sah Elwe — wie er genannt
wurde — die Sache nicht als Schikane oder Strafe an, sondern als Auszeichnung.
Die Jungs, die sein Bio-Zimmer
aufräumen durften — pflegte er zu sagen — , suche er sich aus. Sorgfalt und
Geschicklichkeit seien da gefragt. Denn mit dem Aufräumen allein sei’s nicht
getan. Die Anschauungsobjekte müßten abgestaubt und pfleglich behandelt werden.
So war’s dann auch.
Im Bio-Zimmer der Internatsschule,
gelegen im Parterre des Hauptgebäudes, wölkte an diesem Freitagnachmittag der
Staub.
Tim arbeitete wie besessen. Elwe
schuftete genauso und war begeistert vom Eifer seiner beiden Helfer.
Der dritte in der Mannschaft war
Klößchen.
Nicht wegen seiner Sorgfalt und
Geschicklichkeit wurde ihm die Ehre zuteil, sondern weil er als Tims Freund und
Budenkamerad nicht wegzudenken war.
Soeben hustete er laut.
Natürlich drang allen der Staub in die
Nase.
Aber Klößchen hustete aus einem anderen
Grund.
In diesem Moment hatte er bei einem
Anschauungsobjekt Schaden verursacht: einer ausgestopften Lachmöwe den Flügel
gebrochen.
Mit dem Husten übertönte er den Knacks.
Verstohlen schielte er zu Elwe. Der
wandte ihm den Rücken zu und hatte nichts bemerkt.
Hastig steckte Klößchen die
Lachmöwen-Federn so ineinander, daß der Flügel gespreizt blieb.
Anpusten durfte man ihn freilich nicht.
Tim sandte einen vorwurfsvollen Blick
aus, den Klößchen aber nicht aufnahm.
Immerhin! dachte Tim. Ist der erste
Gefiederte, den er verletzt. Ein so gutes Ergebnis hatte er noch nie.
Das stimmte. Denn Klößchen, der
Tolpatsch, hatte inzwischen mit Staublappen und Bürste folgende ausgestopften
Tiere auf Hochglanz gebracht: einen Hühnervögel, einen Kiebitz, ein Bleßhuhn,
eine Storchschnepfe, den Fischreiher, den Höckerschwan, einen Eisvogel und den
Buntspecht.
Auf seine Bürste warteten noch:
Sperber, Habicht, Uhu und Steinkauz.
Aller Glasaugen leuchteten, als gefalle
ihnen der Gefiederputz.
„Jedes Jahr mache ich das“, sagte Elwe.
„Aber so fix waren wir noch nie.“
Er hatte sich auf Gliederfüßler, Käfer
und Spinnentiere gestürzt.
„Macht ja auch riesigen Spaß“, meinte
Tim — und hätte dem präparierten (haltbar gemachten) Hecht — auch
Schnock oder Wasserwolf genannt — am liebsten die Schwanzflosse abgeknickt. „Trotzdem,
Herr Studienrat, können Willi und ich bei diesem Genuß nicht verweilen. Wir
müssen Tempo vorlegen.“
„Wegen eurer Verabredung?“ Elwe
lächelte freundlich.
„Ja, wegen unserer Verabredung.“
Den stört das gar nicht, diesen
Bio-Fan, dachte Tim. Und zum erstenmal kam ihm die Idee, daß der Pauker
vielleicht nur so arglos-freundlich tat. Heuchelte der? Und spielte sein
Spielchen mit ihnen?
Wenn ich das merke, überlegte Tim,
stolpere ich und zerschmettere drei Glaskästen.
„Verabredung, Verabredung!“ sagte Elwe.
„An welchem Tag seid ihr nicht verabredet? Nachmittags, abends! Man muß schon
von Glück sagen, wenn man euch in der Arbeitsstunde sieht.“
„Stimmt. Wir sind eben rührig. Machen
Sie uns daraus einen Vorwurf?“
„Man muß auch rasten können.“
„Sage ich ja immer“, mischte Klößchen
sich ein und stellte den entstaubten Uhu beiseite. Zwei tote Fliegen, die unter
dem Flügel klemmten, hatte er übersehen. „Vor allem bei den Mahlzeiten sollte
man rasten und anschließend ruhen.“
Elwe lächelte. Er war ein unscheinbarer
Typ mit birnenförmigem Kopf. Er galt als Spezialist für Einzeller wie Amöbe,
Gittertierchen, Strahlentierchen, Pantoffeltierchen. Allerdings wußte er auch
ziemlich viel über Würmer, nämlich Blutegel, Borsten- und Regenwurm.
„Ihr seid sicherlich“, forschte er, „mit
Gaby und Karl verabredet?“
„Unter anderm“, nickte Tim. „Wie ich
Ihnen vorhin sagte, hat man uns zum Grillen eingeladen.“
„Ich weiß. Aber jeder muß mal ein Opfer
bringen. Außerdem ist es gar nicht gesund, soviel Fleisch zu essen.“
Himmel! dachte Tim. Ich höre schon, wie
die Glaskästen splittern.
„Meine Rede!“ meinte Klößchen. „Deshalb
ernähre ich mich hauptsächlich von Schokolade.“
Krächzend begann er zu husten.
Tim blickte auf.
Aber diesmal hatte sein Freund keine
tierischen Gliedmaßen vernichtet.
„O Gott!“ Klößchens Stimme klang
erstickt. „Meinen Eltern darf ich gar nicht erzählen, daß wir hier als Schüler
krankheitserregende Staubteilchen einatmen. Wie das die Bronchien und Lungen
schädigt! Man weiß doch, was in diesen
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