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Unbeugsam

Unbeugsam

Titel: Unbeugsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Hillenbrand
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keinen Sinn, nach so langer Zeit noch Hassgefühle zu hegen.«
    Die Frage, ob es ihn nicht reizen würde, das Angebot Watanabes an die ehemaligen Gefangenen anzunehmen, sich von ihnen schlagen zu lassen, verneinte Wade. Aber dann überlegte er es sich anders.
    »Vielleicht wäre es doch – ein einziges Mal – ganz nett, ordentlich zuzuschlagen«, sagte er. 30
    Der Artikel der
Daily Mail
erschien nur in England. Louie erfuhr erst ein Jahr später, dass Watanabe noch am Leben war. Er sagte spontan, dass er sich mit ihm treffen wolle.
     
    In den Jahrzehnten nach dem Krieg verfiel das ehemalige Gefangenenlager Naoetsu, und die Einwohner des Ortes sprachen nicht darüber, was dort geschehen war. Mit der Zeit verschwand die Erinnerung daran fast völlig. Doch im Jahr 1978 schrieb ein ehemaliger Kriegsgefangener einen Brief an die Lehrer der High School von Naoetsu und setzte damit einen Dialog in Gang, durch den viele Einheimische zum ersten Mal von der Tragödie erfuhren, |455| die sich in ihrem Ort abgespielt hatte. Zehn Jahre später suchte der ehemalige Kriegsgefangene Frank Hole den Ort wieder auf, der mittlerweile mit einer anderen Gemeinde zu der Stadt Joetsu zusammengelegt worden war. Hole pflanzte vor dem Rathaus drei Eukalyptussetzlinge und überreichte den Bürgermeistern der Stadt eine Gedenkplakette für die 60 Australier, die im Lager gestorben waren.
    Die Bewohner von Joetsu reagierten sehr aufgeschlossen auf die Berichte über die Gefangenen. Es bildete sich eine Bürgerinitiative mit dem Ziel, einen Friedenspark zu errichten, mit dem die toten Kriegsgefangenen geehrt und ein Zeichen für Frieden und Versöhnung gesetzt werden sollte. 31 Zu den Gründungsmitgliedern gehörte auch Shoichi Ishizuka, ein Veteran, der in amerikanischer Kriegsgefangenschaft gewesen war und eine so gute Behandlung erfahren hatte, dass er diese Phase als »das glückliche Leben in der Gefangenschaft« bezeichnete. Als er erfuhr, was die amerikanischen Gefangenen ihrerseits in seiner Heimatstadt durchgemacht hatten, war er entsetzt. Ein Gremium fand sich zusammen, man begann, Spenden einzutreiben, und es wurden Ausstellungen organisiert. Sollte der Plan realisiert werden, dann wäre Joetsu von den 91 japanischen Städten, in denen Gefangenenlager betrieben worden waren, die erste, welche ein Mahnmal für die Kriegsgefangenen errichtete, die dort gelitten hatten und gestorben waren.
    Obwohl 85 Prozent der Einwohner von Joetsu sich mit Spenden an der Entstehung des Parks beteiligten, löste der Plan eine hitzige Kontroverse aus. Einige Bewohner waren vehement dagegen, es gab Morddrohungen und die Ankündigung, man werde das Mahnmal einreißen und die Häuser der Unterstützer niederbrennen. Da es den Mitgliedern des Gremiums ja um Versöhnung ging, suchten sie das Gespräch mit den Angehörigen der Wachen, die zum Tod durch den Strang verurteilt und hingerichtet worden waren, doch die Familien verweigerten sich aus Furcht vor Ausgrenzung. Um der Trauer der Familien beider Kriegsparteien gerecht zu werden, schlug das Gremium ein Ehrenmal für beide Gruppen vor, sowohl für die Kriegsgefangenen als auch für die hingerichteten Wachen, was allerdings die ehemaligen Gefangenen zutiefst brüskierte. Irgendwann sah es ganz so aus, als sei der gesamte Plan zum Scheitern verurteilt.
    Später siegte aber dann doch der Geist der Versöhnung. Im Oktober 1995 wurde dort, wo früher das Gefangenenlager Naoetsu gestanden hatte, der Friedenspark eröffnet. Das Zentrum bilden zwei Engelsstatuen, die sich über einem Denkmal erheben, in das Holes Plakette eingelassen wurde. In einem eigenen Denkmal ein paar Meter entfernt findet sich eine Erinnerungsplakette für die acht erhängten Wachen. Auf Wunsch der Angehörigen |456| der Wachen wurden deren Namen darauf nicht vermerkt; dort stand nur der schlichte Satz:
Acht Sterne an einem friedlichen Himmel.
     
    Anfang 1997 traf Draggan Mihailovich vom Fernsehsender CBS in Tokio ein, um Watanabe aufzusuchen; er hatte eine Adresse und eine Telefonnummer. Der Sendeleiter des CBS in Japan rief bei dieser Nummer an und erreichte Watanabes Frau, die angab, ihr Mann könne nicht mit ihnen sprechen – er sei schwer krank und müsse das Bett hüten. Mihailovich forderte den Leiter auf, noch einmal anzurufen und Watanabe gute Besserung zu wünschen. Mit diesen Genesungswünschen erreichte er dann, was er wollte: Frau Watanabe sagte, ihr Mann befinde sich auf einer Geschäftsreise im Ausland, und sie wisse nicht,

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