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Und abends etwas Liebe

Und abends etwas Liebe

Titel: Und abends etwas Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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kommt alles so überraschend und ist so aufregend. Komm
doch bitte herein. Dann trinken wir eine Tasse Tee zusammen, und du kannst
alles erzählen.«
    Paul
meint, meine unvermeidliche Reaktion auf eine peinliche Situation oder einen
kritischen Augenblick sei die, Tee zuzubereiten. Und ich war der Ansicht, hier
handele es sich um einen solchen Augenblick. Als nächste Reaktion, so meint
mein Mann, würde ich dann auch noch viel zuviel reden. Es schien wirklich so,
als könne ich mich heute überhaupt nicht beherrschen. »Und das ist Larry Lee,
meine nächste Nachbarin. Die Farm der Lees liegt direkt unterhalb unserer. Aber
wie ungewöhnlich, in diesem Lieferwagen hier anzukommen. Wie hast du das nur
gemacht? Ach ja, bitte nenn mich doch Tante Susan.«
    Larry
betrachtete Tony zwar etwas überrascht, aber dennoch mit Blicken
uneingeschränkter Sympathie. Eine ihrer liebenswertesten Eigenschaften ist die,
daß sie jüngere Frauen gerne mag. Viele hübsche Frauen denken da ganz anders.
Aber Larry scheint vor allem dann gerne jüngere Frauen zu sehen, wenn sie
hübsch und attraktiv sind. Sind diese Frauen aber nicht hübsch und attraktiv,
dann setzt Larry alles in Bewegung, um sie dahin zu bringen. Tony war nicht
gerade eine Schönheit, aber sie war ein attraktives, junges Mädchen, und Larrys
Stimme klang so warmherzig und freundlich, wie meine wahrscheinlich vorhin
nicht geklungen hatte.
    Wir
waren jetzt alle im Haus, und die kleine Fremde schaute sich mit
offensichtlichem Behagen in den Räumen um. »Wie schön es bei euch ist. Ich mag
ein Haus, das nicht so nagelneu ist und in dem es einige ausgesucht nette
Sachen gibt. Und welch ein Ausblick. Ach ja, ich werde das alles hier sehr
liebgewinnen.«
    Zweifellos
sehr nett, das zu sagen. Aber Larrys Augen trafen die meinen in wahrer
Bestürzung. Diesen Worten mußte ich entnehmen, Tony habe endlich das ersehnte
Zuhause gefunden und beabsichtige, sich hier niederzulassen. Ich war Larry
direkt dankbar dafür, daß sie der Sache etwas mehr auf den Grund ging.
    »Auch
wir lieben dieses Heim, aber um Himmels willen, erzähl uns doch endlich mal,
warum du hierhergekommen bist... und alles andere auch.«
    Schlicht
und einfach erklärte Tony: »Na ja, es sieht so aus, als sei ich ausgerissen.«
    Nach
einem tiefen Seufzer meinte ich unentschlossen: »Von der Schule weggelaufen?«
Aber Tony schüttelte auf diese Frage nur ihren Kopf. »O nein, ich bin schon
voriges Jahr Weihnachten von der Schule abgegangen.«
    Larry
fragte weiter: »Ja, ausgerissen, weggelaufen - aber wovor denn?«
    »Na
ja, eigentlich sollte das >vor wem< heißen.« Dann lachte sie wieder und
sagte: »Mensch, ich kann mir so richtig vorstellen, wie Macgregor sagt:
>Hast du nie an der Grammatik gearbeitet?<«
    Aber
so kamen wir natürlich überhaupt nicht weiter. Larry und ich starrten das
Mädchen völlig verwirrt an. Mein erster Gedanke war, daß sie eigentlich noch zu
jung sei, um von der Schule abzugehen. Mein zweiter Gedanke aber galt der
Frage, wer wohl dieser Macgregor sei. Soweit ich mich noch erinnerte, hieß ihr
Vater Alistair Smale.
    Antonia
spürte unsere Bestürzung und fragte schnell: »Susan, wußtest du nicht, daß
Mutter wieder geheiratet hat? Macgregor Maclean geheiratet hat?«
    Ich
war sicher, nie ein Wort davon erfahren zu haben, daß Claudia Smale wieder
geheiratet hatte. Aber schließlich ist Paul schon mehr als schreibfaul, und
Claudia hatte sich sowieso nie besonders für mich interessiert. Mein Kontakt zu
ihr hatte sich auf einen einzigen Brief beschränkt, mit dem ich mich für ein
sehr hübsches Hochzeitsgeschenk bedankte, Fischmesser und Fischgabeln, die nie
benutzt wurden.
    Ich
konnte mir nicht vorstellen, daß Paul nach Claudias Scheidung noch einen
besonders engen Kontakt zu ihr unterhalten hatte. Ich nahm eher an, seine
Sympathien gehörten dem geschiedenen Mann, denn er hatte einmal zu mir gesagt:
»Claudia ist ziemlich schwierig, vor allem als Ehefrau.« Als ich ihn dann nach
dem Grund für diese Meinung fragte, meinte er auf eine merkwürdige Art, sie
gehöre zu den Frauen, die immer das letzte Wort haben müssen.
    Ich
betrachtete Antonia ein wenig genauer, denn plötzlich hatte ich den Eindruck,
sie müsse älter als fünfzehn sein. Sie war acht Jahre alt gewesen, als Paul sie
damals gesehen und anschließend so eindeutig beschrieben hatte, und das war
noch vor unserer Heirat gewesen. Sie mußte inzwischen mindestens siebzehn sein.
Merkwürdig, daß sie so wenig erwachsen aussah.

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