Und abends etwas Liebe
nicht
weiter auf die Folter und fuhr ernst fort: »Lange wird das kein Geheimnis
bleiben. Die Polizei sucht ihn. Er verschwand vor drei Tagen und sagte, er
wolle nur nach Te Rimu fahren. Wo er von dort aus hinfuhr, ist niemandem
bekannt. Er hat die ganzen Einnahmen des letzten Monats mitgenommen. Er wird
also durchkommen. Man glaubt auch, daß er einen gültigen Paß bei sich trägt.«
Wir starrten sie an. Hatte
mitten unter uns ein Verbrecher gelebt? »Hat er jemanden ermordet?« fragte
Larry tonlos.
»Nein, das zwar nicht, aber
schlimm genug. Tatsächlich sucht man ihn wegen doppelter Bigamie. Er scheint in
England eine Frau und in Australien eine zweite sitzengelassen zu haben.«
»Ja, aber dann... Mrs. Freeman...?«
»Mrs. Freeman, die arme, treue
Seele ist gar nicht Mrs. Freeman. Und dafür wird sie sicher noch einmal sehr
dankbar sein, wenn sie über den ersten Kummer hinweg ist.«
»Bringen sie Freeman hierher
zurück?« fragte ich.
»Wohl kaum. Außerdem hat er
drei Tage Vorsprung und genügend Geld bei sich.«
Wir saßen sprachlos zusammen
und dachten über die Geschichte nach. Natürlich empfanden wir zunächst ein
tiefes Mitgefühl für Mrs. Freeman.
Larry fragte: »Wird sie denn
mit dem Laden fertig? Ich meine, was wird denn nun aus dem Supermarkt?«
»Der Laden gehörte Freeman
längst nicht mehr.«
Diese Eröffnungen wurden mir
langsam zuviel. Wir verdauten sie für einige Minuten, dann meinte Larry: »Also bleibt
der Supermarkt geöffnet. Ich meine, wenn irgendein Kapitalist ihn aufkauft,
dann wird der Laden offenbleiben und Ihnen Kunden wegnehmen.«
Tantchen lächelte gemütlich und
nahm noch eine Tasse Tee.
»Das macht mir keine Sorgen,
Larry. Ich bin froh, daß Mrs. Freeman ein Heim und ihr Auskommen hat. Natürlich
wird sie eine Hilfe brauchen, wenn viele Kunden zu bedienen sind, und jemanden,
der den Lieferwagen fahren kann. Irgend jemand, der sie unterstützen und später
den Laden vielleicht ganz übernehmen kann, wenn die arme Person sich
entscheidet, den Ort für immer zu verlassen, an dem sie so unglücklich war.«
Wir beide dachten an Tony. Wenn
der Supermarkt nur nicht so unsympathisch wäre. Wie gut das alles sich ergeben
könnte. Aber das war natürlich in bezug auf den Supermarkt einfach undenkbar.
Ich sagte: »Wie ungewöhnlich,
daß ein wenig anziehender, kleiner Mann drei Frauen zur Ehe überreden konnte.
Er war so gar kein Adonis. Aber diese Frau tut mir wirklich von Herzen leid.
Ich wünschte, wir könnten etwas für sie tun.«
»Warum schauen Sie nicht einmal
bei ihr herein und sagen ihr ein paar freundliche Worte?«
»Das möchte ich nicht so gerne,
wenn ich nicht dort einkaufe. Und wir alle haben uns geschworen, nicht ein
Pfund Tee dort zu kaufen.«
Tantchen lächelte mich
freundlich an. »Susan, du bist zwar eine sehr treue Seele, aber du machst auch
manchmal sehr große Fehler.«
Larry war ein wenig gekränkt
über diese Äußerung. Sie hatte sich in der Sache Tantchen sehr klar verhalten,
vor allem, wenn sie öfter sehnsüchtig von diesen Eiskuchen und den Würstchen
sprach. Sie sagte: »Was meinen Sie damit, Tantchen? Natürlich geben wir uns mit
dem Laden da drüben nicht ab. Unsere Männer würden sehr wütend sein.
Tatsächlich hat mich Sam deswegen einmal angebrüllt. Er meinte, mich davor
warnen zu müssen, im Supermarkt Rindfleisch einzukaufen.«
Es war merkwürdig, wie Larry
immer wieder auf Eiskuchen, Rindfleisch und Würstchen zu sprechen kam, denn sie
war kaum als gefräßig zu bezeichnen. Als ich sie darauf hinwies, explodierte sie:
»Du hast keine Sorgen, Susan. Acht Jahre lang hast du kalte Platten gemacht.
Und acht Jahre gab es nur Hammelfleisch bei euch. Ich habe aber bereits elf
Jahre hinter mir, und das wird man langsam leid. Besonders Hammelkoteletts.«
»Also«, meinte Tantchen
trocken, »warum dann nicht auf in den Supermarkt. Heute abend. Und Rindfleisch
eingekauft, eine angenehme Abwechslung.« Larry blickte Tantchen finster an.
»Sie wissen ganz genau, daß nichts auf der Welt mich dazu bringen kann, die
Straße zu überqueren und auch nur einen Penny in diesem verdammten Laden
auszugeben.«
»Ich weiß«, antwortete Tantchen
sanft. »Und das habe ich während der letzten Monate oft genug bedauert.«
»Bedauert?« riefen wir beide
aus und waren völlig sprachlos. Warum sollte Tantchen unsre Treue bedauern? Wir
erwarteten keine besondere Dankbarkeit. Denn wir würden immer in ihrer Schuld
sein. Aber warum hatte sie diese
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