Und bitte für uns Sünder
der Ernsdorfer â¦Â«
»Der ist schon länger tot«, sagte Max ziemlich grimmig.
Ich hätte mich jetzt gerne hingesetzt. Aber leider hatte ich noch
ein paar Stacheln zu viel in meinem Popo.
»Mei. Wär ja schon schön gâwesen«, sagte die Resi seufzend.
Die anderen sagten nichts dazu, obwohl natürlich jeder wusste, was
sie meinte. So einen eigenen Ignaz, das hatte nicht jeder. Auch wenn er nicht
geweint hätte. Allein die Ehre.
Aber verdient hatten wir ihn wirklich nicht. Jahrelang hatten wir
den heiligen Ignaz in der Mauernische stehen gehabt, verehrt hatte ihn
eigentlich keiner. Und jetzt hatte der Rosenmüller, der gerne einen theologischen
Doktor gehabt hätte, angefangen zu recherchieren, was der heilige Ignaz
eigentlich in unserem Dorf verloren hatte. Da hatte sich zu allem Ãberfluss
herausgestellt, dass es gar nicht der heilige Ignaz war, sondern der heilige
Wolfgang. Und unsere Kirche schon seit Jahr und Tag einen falschen Namen
führte.
»Mir wäre der heilige Antonius eh lieber gewesen«, hatte mir meine
GroÃmutter zum wiederholten Male anvertraut. »Aber man kann sichâs halt nicht
aussuchen.«
Wie wahr.
Und jetzt standen wir also auf unserem Friedhof â alle waren wir
gekommen. »Weilâs so schön ist, wenn man endlich weiÃ, werâs ist«, hatte die
Resi gesagt. So ein Schmarrn, hatte ich mir dazu nur gedacht. Weilâs so schön
ist, wenn man zuschauen konnte, was die gâschnapperten Ernsdorfers machten und
wie gâstinkert sie schauten, weil man das schlieÃlich nicht machte, was sie
getan hatten. Deshalb standen wir dicht an dicht.
»Aber verstehn könnt maâs schon. Da ham sâ ihn ewig gepflegt und nix
gekriegt. Des is doch auch ned schön«, merkte die Langsdorferin an.
Alle warfen ihr einen bösen Blick zu.
»Angeblich ist er ja schon vor drei Jahren abgâhaut«, klärte uns die
Kreszenz im Flüsterton auf. »Da ham sâ ihn ewig gâsucht und ned gâfunden.«
»Aber uns hat keiner was gesagt«, ergänzte die Langsdorferin
seufzend. »Damals hätten wir den doch gleich gâfunden. Wenn wir alle
zamgeholfen hätten.«
Damals vor drei Jahren. Ich verdrehte für mich persönlich die Augen.
»Und dann hat der Ernsdorfer die Obstbäume auf der Wiesn
gâschnitten, und da hat er einen Schuh vom Papa gâsehn.«
Es herrschte angespannte Stille, und alle rückten ein bisschen näher
an die Kreszenz heran.
»Und?«, fragte ich. Alle anderen fragten natürlich nur deswegen
nichts, weil sie genau wussten, wie die Geschichte weiterging. Bestimmt hatten
sie sich das alles schon dreimal beim Metzger, viermal beim Bäcker und zehnmal
bei der Bärbel angehört. Aber hier am Friedhof warâs noch ein bisserl schöner.
Was für eine grässliche Vorstellung. Man findet den Schuh von seinem
Vater, der schon viele Wochen verschwunden ist. Kein Wunder, dass die
Ernsdorferin ein wenig gestresst reagiert hatte, als ich sie nach den Schuhen
ihres Mannes befragt hatte.
»Ja«, bestätigte die Rosl neben mir, »dann hat er den Schuh
aufgâhoben.«
»Und da sind dann Knochen rausgâfallen«, setzte die Kreszenz
ärgerlich hinzu, weil sie die Geschichte ganz alleine erzählen wollte.
Wow.
»Und zwei Finger haben sie dann unter den Obstbäumen liegen
gelassen«, vervollständigte ich die Erzählung. Die hatten also nicht wir
verschusselt, das musste ich schon noch klarstellen.
»Ah, geh, Mädl«, sagte GroÃmutter.
»Der Ernsdorfer hat doch nimmer alle Finger gâhabt«, sagte die Rosl.
»Wegen der Kreissäge«, sagten die Kreszenz, die Langsdorferin und
die Kathl gleichzeitig.
»Das hätte uns gleich auf die richtige Spur bringen müssen. Wenn die
von der Pathologie gesagt hätten, welche Finger fehlen, ich hätt glei gâwusst,
wer des is«, behauptete die Langsdorferin selbstsicher.
»Ich auch«, sagte die Kreszenz.
»Ich nicht«, sagte ich und gruselte mich ein wenig.
»Und was die jetzt zurückzahlen müssen«, sagte die Kreszenz
zufrieden. »Die ganze Rente. Mit Zinseszins.«
Alle schwiegen eine Weile beeindruckt. Ich musste an die
Rentenerhöhung denken, die sie jetzt auch zurückzahlen mussten.
»So was belohnt sich halt nicht«, fügte sie milde lächelnd hinzu.
Den Opa im Gartenhäusl
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