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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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an mich
gewandt hinzu, »des is nix G’scheits.«
    Vorsichtshalber sagte ich lieber gar nichts. Großmutter blieb noch
kurz beim Friedhofskomposthaufen stehen.
    Â»Schad«, sagte sie und überlegte sich anscheinend gerade, ob sie aus
Ermangelung einer Tüte die weggeworfenen Stiefmütterchen in die feine
Handtasche stecken sollte.
    Â»Geh, Oma«, sagte ich verzweifelt und zerrte an ihrem Arm. Aber so
war das bei uns. Da gab’s die mit dem Gräberturnus und die ohne Gräberturnus.
Die Ernsdorfers, zum Beispiel, die hatten halt ihre Prinzipien. Im April, da
war’s langsam Zeit, den Grabschmuck zu ändern, da kamen dann die
Stiefmütterchen aus der Schale, egal, wie sie aussahen. Ich will jetzt nicht
genauer darauf eingehen, auf welchem Grab die Ernsdorfer-Stiefmütterchen
weiterblühen durften. Und es lag ja nur daran, dass die Ernsdorfers noch keine
Not kennengelernt hatten. Wenn es so gewesen wäre wie bei Großmutter, dann
würden die auch schauen, dass sie ausrangierte Stiefmütterchen bekamen.
Manchmal standen die bei uns noch wochenlang auf dem Balkon, weil es meistens
zu viele Stiefmütterchen für so eine einzelne Schale waren. Wir hatten nämlich
außerdem eine viel kleinere Grabschale als die Ernsdorfers.
    Â»Liegt ja nur eine drin«, pflegte Großmutter zu sagen. Als würde
sie, wenn dort eine ganze Horde von Wilds liegen würde, eine größere Schale
kaufen.
    Immerhin hatte ich es geschafft, Großmutter von den
Stiefmütterchen wegzuziehen. Draußen wartete Max auf mich. Lehnte in der Sonne
an der Friedhofsmauer und sah entspannt und zufrieden aus. Nun, da konnte man
leicht entspannt sein, wenn man keine Großmutter am Arm hatte, die ernstlich
vorhatte, Stiefmütterchen zu ihrer Geldbörse und dem Schnäuztüchl zu stecken.
    Â»Und, wie war’s?«, wollte er träge wissen.
    Â»Wärst halt selber hingegangen«, antwortete ich schnippisch.
    Â»Der Chor hätt länger üben können«, schlug die Großmutter vor, »und
die Böllerschüsse hätten sie sich auch sparen können. Ich hab jetzt noch
Ohrensausen von dem Krach.«
    Großmutter hakte sich bei Max ein. »Vielleicht sollte ich doch noch
mal zum Kompost. Die Stiefmütterln ham noch richtig gut ausg’schaut.«
    Â»Geh weiter«, formte ich tonlos die Nachricht an Max.
    Â»Was ist, was zerrst denn so an mir rum?«, fragte sie mich
missmutig.
    Â»Wenn ich mir überleg«, versuchte ich das Thema zu wechseln, »dass
der Kreiter dem Ernsdorfer einen Reliquienschrein bauen wollte. Schlimm.«
    Großmutter schnaubte böse und war jetzt Gott sei Dank vom
Friedhofskomposthaufen abgelenkt. »Was sich der Kreiter immer für einen
Schmarrn ausdenkt. Der alte Dipferlscheißer.«
    Das mit dem Reliquienschrein war nicht das Schlimmste, fand ich. Die
Vorstellung, dass sie die heilige Kniescheibe des armen Ernsdorfers bei Ebay
hätten versteigern können, das war doch wirklich schlimm. Und dann wäre den
jungen Ernsdorfers sicher die Hand faulig geworden oder die Zunge schwarz, so
als Gottesstrafe dafür, dass sie nicht zugegeben hatten, dass das gar nicht der
heilige Ignaz sein konnte.
    Hinter uns kamen jetzt die ersten Trauergäste vom Friedhof,
vorneweg der Schmalzlwirt und der Kreiter mit düsterer Miene. Kein Wunder.
Nachdem das mit der Vermarktung der Ernsdorfer-Knochen nicht geklappt hatte,
war die ganze Luft raus.
    Â»Mia gangst«, sagte der Schmalzlwirt nur und warf mir einen bösen
Blick zu. Als wäre ich schuld, dass der Ernsdorfer nicht der heilige Ignaz war.
Allein schon der Gedanke, dass ich im Fernsehen hätte sagen sollen, dass ich
beim Anblick der Ernsdorferschen Knochen eine Erleuchtung gehabt hatte,
bereitete mir Übelkeit. Der depperte Schmalzlwirt, der depperte.
    Max sah mich fragend an, weil er den Kommentar vom Schmalzlwirt
nicht verstanden hatte. Ich grinste von einem Ohr zum anderen. Für bestimmte
Sachen gab es keine Übersetzung, damit musste sich auch die Polizei abfinden.
    Außerdem fiel mir an dieser Stelle ein, dass der Schmalzlwirt uns
Kindern immer furchtbare Angst eingejagt hatte, wenn wir zum Beispiel neugierig
stehen blieben, um ihm zuzuschauen. Beim Schneeschaufeln. Oder, noch schlimmer,
wenn er seine Sense holte, um das hohe Gras niederzumähen. Das war ein
Gegrusel. Denn spätestens nach fünf Minuten hielt er inne, die Sense noch in
der Hand,

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