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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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wiederholte Max mit ebenso resignierter Stimme und warf mir
schon wieder einen Blick zu.
    Â»Macht euch nicht in die Hose, nur weil es bei uns so zugeht«,
übersetzte ich etwas boshaft, was mir einen ziemlich düsteren Blick von
Großmutter einbrachte. »Ähm. Also. Machts euch nicht so fertig. Irgendwann hört
das schon wieder auf mit den ganzen Leichen in der Kirche.« Dass die Rosl der
Meinung war, dass es mein Problem sei, ließ ich vorsichtshalber unter den Tisch
fallen.
    Rosl sah mich böse an. Anscheinend fand sie die Übersetzung nicht
ganz gelungen.
    Ich sah hinauf in die Weite des Himmels. Sollte sie halt anständig
reden, dann würde der Max sie auch verstehen.
    Im Frühling war der Himmel immer besonders weit weg, schien es
mir. Vielleicht, weil die Wolken so frohgemut und luftig schwebten. Vielleicht
aber auch, weil die ganze Welt frohgemut und luftig erschien. Selbst die
dunklen Baumstämme waren nicht mehr richtig braun, sondern leuchteten in der
Frühlingssonne algig grün. Und als hätten sich diese Algen über den ganzen
Kirchplatz ergossen, überzog ein zartes Grün den Vorplatz. Es war so surreal.
Dieser ganze Frühling. Und drinnen, im Orgelaufgang, die gruftige Stimmung.
Genau. Das war es. Wie eine Gruft, daran erinnerte der Orgelaufgang mit der
feuchten Kälte, die sich in jeder Ritze festgesetzt hatte. Da waren keine
offenen Fenster und kein laues Lüftchen. Da waren keine Meisen, die laut und
penetrant riefen und turnten.
    Was ich in solchen Situationen grundsätzlich nicht verstehen konnte,
war, wie ich selbst plötzlich wirkte. Wenn Großmutter zum Beispiel ihre
Medikamente nicht nahm. Um es freundlich zu umschreiben: Sie war dann komplett
durchgeknallt. Sie meinte, dass sie vom KGB verfolgt wurde, und verbreitete hartnäckig die Theorie, dass der Papst Luciano,
der nur kurz Papst gewesen war, auf seine Wiederpapstisierung wartete. Im
Gegensatz zu ihr, so möchte man meinen, wirkte ich normal und langweilig.
Seltsamerweise verdrehten sich die Dinge, sobald andere anwesend waren. Ich
versuchte ständig, nicht weiter aufzufallen, aber trotzdem war ich immer
diejenige, die sich bekleckerte. Die im Zentrum von seltsamen Geschehnissen
stand. Die angesehen wurde, als wäre sie eben aus einer Nervenheilanstalt
entsprungen, hätte Sex mit einem Ziegenbock gehabt und würde die falsche Partei
wählen.
    Â»Und wo genau haben Sie gestanden, als Frau Wild und Lisa die
Kiste … fallen gelassen haben?«
    Und vor allen Dingen, das wurde jetzt leider nicht angesprochen,
hätte sie sich auch anders bemerkbar machen können als mit einem schrillen
»Heiligemariamuttergottes«.
    Â»Mei. Glei neben der Tür.«
    Â»Des kannst ja ned gneißen, dass da Boandl drinliegen«, verteidigte
sich Großmutter. »Einer muss halt nachschaun.«
    Â»Gneißen?«, wollte Max von mir wissen. Er hatte schon wieder diesen
verzweifelten Gesichtsausdruck, den er immer bekam, wenn er nicht wusste, ob er
etwas Ermittlungsrelevantes verpasste oder nicht.
    Â»Ahnen. Kann doch kein Mensch ahnen, dass in unserer Kirche Skelette
hinter der Erntedankkrone gebunkert werden«, erläuterte ich.
    Â»Ah, geh, Mädl«, sagte Großmutter. »Hättst mich gleich nachschauen
lassen, dann wär das alles nicht passiert.«
    Â»Also«, sagte Max neben mir.
    Das war auch eines der schlechten Zeichen. Max sagte nie »also«.
Vielleicht, weil er sonst immer wusste, was er sagen sollte. Besonders in
seiner Funktion als Kriminalkommissar sagte er nie »also«.
    Ich wusste auch, was Max damit eigentlich meinte. Was erzählte die
Rosl da? Kann es sein, dass meine Freundin mit ihrer Großmutter an einer Kiste
zerrt, deren Inhalt menschliche Knochen sind? Kann es das geben? Schon schlimm
genug, dass wir sie gefunden hatten, diese vermaledeite Kiste. Aber dass wir
uns auch noch um diese Kiste balgen mussten. Vor den Augen der Rosl. So etwas
konnte Max nicht verstehen.
    Ich kannte das bereits von meiner besten Freundin Anneliese. Die
hatte schon während unserer Kindheit meine Gedankengänge nicht ganz verstanden.
Und Max die Sache zu erklären, ohne zuzugeben, dass ich die Kiste normalerweise
wieder hinter die Erntedankkrone geschoben und mich bemüht hätte, sie zu
vergessen, war unmöglich.
    Die Rosl betete schon wieder in rasender Geschwindigkeit, und Max
wirkte so, als wäre er kurz davor loszuschreien. Ich

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