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und der Hongkong-Buddha

und der Hongkong-Buddha

Titel: und der Hongkong-Buddha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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Grund, weshalb ich nach Hongkong fliege. Einer meiner ehemaligen Studenten an der Universität von Boston, ein erfrischend kluger junger Mann chinesischer Abstammung, telegrafierte mir vor einigen Tagen aus Hongkong und bat mich, ihm bei der Suche nach einem vermißten Verwandten behilflich zu sein.«
    »Glauben Sie, Sie können ihm helfen?« fragte Mrs. Pollifax interessiert.
     
    »Etwas bekomme ich ganz sicher heraus«, erwiderte er überzeugt.
    Mrs. Pollifax musterte ihn aufmerksam und kam zu dem Schluß, daß er wahrscheinlich recht hatte; denn in den Augen dieses Mannes lag unbestreitbar etwas äußerst Ungewöhnliches, fast Übersinnliches. »Wie machen Sie das eigentlich?« fragte sie. »Bisher bin ich erst ein einziges Mal einem Menschen mit einer derartigen Begabung begegnet - einer Zigeunerin übrigens
- und es war keine Zeit, sie nach ihrem Geheimnis zu fragen. Wie gehen Sie an einen solchen Fall heran? Was geschieht dabei?«
    »Es ist grob gesagt eine Frage der Vorstellungskraft«, erklärte Mr. Hitchens. »Ich konzentriere mich zum Beispiel auf einen Gegenstand, der der vermißten Person gehört, und er sagt mir, ob die betreffende Person noch am Leben ist... Oder manchmal versetze ich mich in einen tranceähnlichen Zustand und erhalte Eindrücke - genauer gesagt Bilder -, die mir Hinweise auf den Aufenthaltsort der betreffenden Person geben.«
    »Eindrücke«, sinnierte Mrs. Pollifax, und als eine Bewegung einige Sitzreihen vor ihr ihre Aufmerksamkeit erregte, fragte sie: »Welchen Eindruck macht zum Beispiel dieser Mann dort vorne, der eben von der Toilette zurückkommt, auf Sie?« Es war derselbe junge Mann, dem sie zuvor in die Hacken getreten war.
    Mr. Hitchens folgte ihrem Blick. Seine Augen wurden schmal. »Die schwärzeste Aura, die ich seit langem gesehen habe«, erklärte er unangenehm berührt und schüttelte mißbilligend den Kopf. »Dieser Mann hat eine eindeutige Ausstrahlung von Gewalttätigkeit.«
    »Innerlich oder äußerlich?« fragte Mrs. Pollifax interessiert. »Wenn jemand ein Mörder ist«, erwiderte Mr. Hitchens voller Abscheu, »ist es dann wichtig, ob ein innerer Zwang besteht oder ein äußerer Anreiz?«
»Nein, wahrscheinlich nicht«, antwortete Mrs. Pollifax.
»Zufällig betrat ich die Maschine in der Schlange direkt hinter diesem Mann und trat ihm aus Versehen auf die Ferse. Er bedachte mich mit einem Blick, als wollte er mich... nihilieren.«
Mr. Hitchens nickte. »Ein sehr zutreffendes Wort, dessen Stamm ›nihil‹ soviel bedeutet wie ›in Nichts auflösen‹ zerstören. Doch erzählen Sie mir mehr von dieser Zigeunerin, die Sie vorhin erwähnt haben. Das interessiert mich.«
Mrs. Pollifax erzählte ihm ihre Erlebnisse mit der Zigeunerkönigin Anyeta Inglescu, und ehe sie sich versah, befanden sie sich mitten in einem überaus faszinierenden Gespräch über übersinnliche Erfahrungen, über Heilung durch Glauben, Vorahnungen, Energiezustände und Vorherbestimmung.
Außerdem erfuhr sie, daß Mr. Hitchens ebenfalls im Hongkong-Hilton wohnen würde.
»Was halten Sie davon, wenn wir nach unserer Ankunft zusammen frühstückten?« schlug er vor.
»Werden Sie nicht von Ihrem Freund abgeholt?« fragte sie überrascht.
»Nein. Ich bestand darauf«, erzählte er, »denn ich möchte zunächst meine eigenen Eindrücke gewinnen...«
»Schon wieder dieses Wort«, lächelte Mrs. Pollifax.
»...und mich dann für ein paar Stunden ausruhen, meditieren und meinen Kopf freibekommen. Mein junger Freund wird mich gegen Mittag anrufen: wir werden zusammen essen und dann mit der Arbeit beginnen. Doch ich muß sagen, ich finde Ihre Gesellschaft sehr anregend und nicht im geringsten störend, sodaß Sie mir eine große Freude bereiten würden.« Er lächelte zum ersten Mal seit sie ihn kennengelernt hatte. »Es sei denn, Sie haben andere Pläne?«
Mrs. Pollifax versicherte ihm, daß sie keine anderen Pläne habe und sehr gerne mit ihm frühstücken würde. Dann fielen sie beide in einen unruhigen Schlaf, während sie in fortwährender Morgendämmerung und durch mehrere Zeitzonen ihrem Ziel entgegenflogen. Als die Maschine schließlich Stunden später auf dem Kai-Tak-Airport von Hongkong landete, betraten sie mit weichen Knien und, aufgrund der Zeitverschiebung, mit ungutem Gefühl in der Magengegend asiatischen Boden.
An der Paßkontrolle stand der Hagere mit dem pockennarbigen Gesicht erneut vor Mrs. Pollifax in der Schlange der Wartenden. Wie sie feststellte, war es ein kanadischer Paß, den

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