… und der Preis ist dein Leben - Mächtiger als der Tod (German Edition)
für ihn sein? Sein altes Leben, seine Familie, seine Freunde - alles war für ihn von einem Moment zum nächsten unerreichbar geworden. Er war nur noch Beobachter. Und die einzige Person, mit der er kommunizieren konnte, war ausgerechnet eine Frau, die er gerade erst getroffen hatte, niemand, den er wirklich kannte, niemand aus seinem Leben. Eine Welle der Trauer schlug über Elizabeth zusammen, als ihr klar wurde, wie verloren Daniel sich fühlen musste. Er war in dieser Welt gestrandet wie Robinson Crusoe auf seiner Insel. Und sie war seine einzige Kontaktperson. Sie war sein Freitag.
Meine Güte, und ich mache mir Gedanken darüber, wie viel sich in meinem Leben verändert hat , tadelte sie sich. Wie selbstsüchtig konnte man eigentlich sein? Wenn sie ihm doch nur früher begegnet wäre und eine echte Chance gehabt hätte, Teil seines Lebens zu werden …
„Schönes Plätzchen hast du dir hier ausgesucht.“ Daniels Stimme kam von rechts neben ihr und war ganz nah. Sehen konnte sie ihn jedoch nicht, da die Sonne zwar bereits tief stand, aber noch immer schien.
„Hey, Danny.“ Elizabeth lächelte erleichtert. Es war gut, dass sie etwas Zeit für sich gehabt hatte. Ihr Groll war nun vollständig verflogen, und sie war einfach nur froh, dass er zurück war. „Wo warst du?“ Es kam keine Antwort. „Danny?“
„Ich habe versucht herauszufinden, warum die Beerdigung bereits am Montag ist“, erwiderte er leise.
„Oh.“ Betreten senkte Elizabeth den Blick und zog die Augenbrauen zusammen. „Ist das denn ungewöhnlich?“
„Ja“, seufzte Daniel. „Sehr sogar. Mordopfer werden in der Regel etwa zwei Wochen in der Pathologie behalten, manchmal sogar länger, wenn die Ermittlungen es erfordern.“
„Und hast du herausgefunden, warum sie es so eilig haben?“
„Nein … Und interessante Wortwahl.“
„Wie meinst du das?“
„Es war auch mein Gedanke, dass jemand es wohl sehr eilig hat, mich unter die Erde zu bringen.“
„Warum hast du nichts gesagt?“, fragte sie. „Ich hätte Wood doch darauf ansprechen können.“
„Um ihn damit noch argwöhnischer zu machen, als er es sowieso schon ist? Woher solltest du denn wissen, wie so etwas abläuft?“
Ach, auf einmal spielte es also eine Rolle, was sie wissen konnte und was nicht. Schnell schob Elizabeth diesen Gedanken beiseite, ehe der Ärger wieder die Oberhand gewann. Anstatt zu antworten, zog sie es vor, das Thema zu wechseln.
„Das Amulett stammt also von einer alten Zigeunerin, ja?“, fragte sie betont beiläufig und griff dabei nach der silbernen Sonne auf ihrer Brust. „Und dir ist nicht in den Sinn gekommen, dass eine alte, Glücksbringer verschenkende Zigeunerin etwas über … über deine Situation zu sagen haben könnte?“
„Ich halte nicht viel von solchen Klischees“, meinte Daniel. „Außerdem ist sie keine Zigeunerin, sondern gehört zu den Pavee. Sie sind …“
„Ein Stamm der Roma, der hauptsächlich in Großbritannien sesshaft geworden ist, überwiegend in Irland. Sie leben in sozialkulturellen Gruppen, in denen sie ihre eigene Sprache und Traditionen pflegen und …“ Elizabeth machte eine dramatische Pause, „sie sind äußerst abergläubisch und spirituell.“
„Ich bin beeindruckt“, sagte Daniel. „Woher weißt du so viel über die Pavee?“
„Ich habe zu Hause einen Artikel über die lokale Pavee-Gemeinschaft geschrieben“, erklärte sie mit einer gewissen Genugtuung. Nach einem kurzen Zögern fügte sie hinzu: „Wir sollten mit der alten Dame reden, findest du nicht?“
„Du hast recht. Einen Versuch ist es wert“, lenkte Daniel ein, und Elizabeth konnte ein Lächeln in seiner Stimme hören. „Sie heißt Nan O´Shea und wohnt in Kilburn. Wir können sie morgen besuchen, wenn du möchtest. Natürlich nur, wenn deine Pokerausbildung es zulässt.“
Plötzlich konnte Elizabeth Daniels Lächeln nicht mehr nur hören, sondern auch sehen, denn die Sonne verschwand in einem spektakulären Abendrot hinter den Houses of Parliament.
Der Anblick war atemberaubend. Zum einen war Elizabeth dankbar, ihn wieder lachen zu sehen, doch das wurde noch von der Tatsache übertroffen, dass die letzten Sonnenstrahlen ihn in Orange- und Goldtönen wie von innen heraus leuchten ließen. Zum ersten Mal sah Daniel tatsächlich wie ein übernatürliches Wesen aus. Unwirklich. Geradezu magisch.
„Unglaublich …“, flüsterte sie ehrfurchtsvoll. Der Drang die Hand nach ihm auszustrecken und ihn zu berühren war fast
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