und der tanzende Derwisch
Speiseöl und Holzkohlenrauch; ein barfüßiges Kind stand an einer Tür und starrte sie an. Bald kreuzte sich dieser Weg mit einem anderen. Sie bogen nach rechts ab, dann nach links und wieder nach rechts; die fleckigen Mauern, die die Straßen säumten, waren nur durch Türen oder winzige, wie Augen wirkende Fenster unterbrochen. Großer Gott, das ist ja ein wahres Labyrinth, dachte Mrs. Pollifax und staunte über Sidi Tahars sicheren Schritt. Zweimal begegneten sie in Dschellabahs gehüllten Männern, deren Sandalen im Vorübergehen auf den Boden klatschten; dann bog Sidi Tahar abrupt in einen langen und viel breiteren Weg ein. An seinem Ende sah sie wieder Helligkeit und freie Weite - die Wüste -und ihr wurde bewußt, daß Sidi Tahar diesen dunklen, verschlungenen Weg gewählt hatte, damit sie so wenig wie möglich gesehen wurden.
Auf halbem Weg hielt er an einer verschlossenen Holztür an und klopfte leicht, aber mehrmals und schnell daran. Eine Stimme ertönte aus dem Innern, und Sidi Tahar antwortete in seiner Muttersprache. Ein Riegel wurde zurückgezogen, und kurz ehe sich die Tür öffnete, drehte sich Sidi Tahar zu ihnen um und sagte lächelnd: »Wir sind da. Hier wohnt Khaddour Nasiri.«
20
Die Tür wurde einen Spalt weit geöffnet und ein glänzendes dunkles Auge betrachtete sie. »Allah sei Dank, Sie haben es geschafft!« hauchte eine Stimme, die Tür schwang auf, und so lernten sie Khaddour Nasiri, den siebten Informanten, kennen. Er war ein grobschlächtiger, stämmiger Mann mit buschigem Schnurrbart und schwieligen Prankenhänden, doch auch wenn ihm die Höflichkeit von Sidi Tahar fehlte, freute sich Mrs. Pollifax, ihn heil vorzufinden, und sie fand, daß er sehr tüchtig aussah. Er warf einen verblüfften Blick auf Ahmad, ehe seine Augen zu Mrs. Pollifax' verschleiertem Gesicht und dann zu Max wanderten. Er deutete auf ihn und sagte auf englisch. »Er ist ein Nasrani, aber er hat Muskeln, er muß mir mit dem linken Vorderreifen helfen.« Erst jetzt besann er sich auf die Höflichkeit. Er verbeugte sich vor Sidi Tahar, drückte die Hand an die Stirn und grüßte: »Salam al eikum.«
Sidi Tahar lächelte. »Al eikum wa Salam.» Rasch fügte er hinzu: »Ich bin gekommen, um Ihnen zu sagen, daß alles bekannt ist, Khaddour. Unsere Arbeit hier ist zu Ende.«
Der Mann nickte. »Bismallah, ich bin jetzt froh wegzukommen es ist an der Zeit, ich habe gehungert und gewartet.« Dann redete er sehr rasch in seiner eigenen Sprache weiter, was Max aufmerksam verfolgte. Mrs. Pollifax blickte an ihm vorbei auf das Zimmer mit den dunklen Steinwänden und Teppichen und Kissen, doch es machte sie ungeduldig, daß sie nichts verstand. Sie stupste Max am Arm. »Was ist los?« fragte sie. »Worüber reden sie?«
Max wirkte verwirrt. »Er hat uns anscheinend erwartet, und sein Lastwagen steht bereit, nur irgend etwas ist mit einem Reifen.«
Sie fand das gar nicht beruhigend. »Sidi Tahar«, wandte sie sich fast flehend an ihn. »Max sagt, daß wir erwartet wurden?«
Sidi Tahar drehte sich zu ihr um. »Jemand war hier, bevor wir kamen, und warnte ihn.«
Sie blickte ihn entsetzt an. »Wer kann das sein? Wo ist diese Person? Ist sie von der Polizei?«
»Ich weiß nur, daß der Mann im Haus des Do rfvorstehers elKebaj übernachtet hat.«
»Aber...« Aufs neue quälte schreckliche Besorgnis sie. Khaddour schenkte ihr kaum Interesse, sondern wandte sich wieder an Max, auf den er nun einredete, ohne daß sie ein Wort verstehen konnte.
Max nickte und sagte: »Jetzt ist keine Zeit für lange Erklärungen. Er sagt, daß vergangene Nacht ein Polizeispitzel ins Dorf kam und beim Brunnen schlief. Momentan braucht Nasiri einen kräftigen Mann für seinen linken Vorderreifen, was immer er damit meint. Das Wichtigste - ich versuche, mehr zu erfahren, nur was spielt es für eine Rolle?« Er gestikulierte hilflos. »Wir verschwinden oder werden geschnappt. Sie, Ahmad und Sidi Tahar sollen hier warten. Er sagt, es dauert nicht lange.«
Nicht lange, dachte sie fast verzweifelnd.
»Verschließen Sie die Tür hinter uns«, riet Max noch, dann eilte er mit Nasiri hinaus.
Sie sperrten die Tür zu. Mrs. Pollifax ließ sich auf einen dichten Teppich fallen und legte die Arme um die angezogenen Knie. Ahmad setzte sich neben sie, er blickte sie besorgt an, und Sidi Tahar, der mitten im Zimmer stand, betrachtete sie ebenfalls nachdenklich. Ernst sagte er: »Ihr Geist ist ermüdet.«
Sie nickte. »Jetzt ist es am schlimmsten, Sidi Tahar.«
Er
Weitere Kostenlose Bücher