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und der tote Richter

und der tote Richter

Titel: und der tote Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. C. Beaton
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Sobald sie sich qualifiziert hatte, bekam sie eine Stelle als Sekretärin in einer Public-Relations-Firma. Doch kaum hatte sie angefangen, das Geschäft richtig zu erlernen, verliebte Agatha sich in Jimmy Raisin, einen charmanten jungen Mann mit blauen Augen und dichten schwarzen Locken. Er schien keiner festen Arbeit nachzugehen, aber Agatha dachte, wenn er erst verheiratet war, würde er auch richtig Fuß fassen. Nach einem Monat Ehe begriff sie, dass sie vom Regen in die Traufe geraten war. Ihr Mann war ein Säufer. Trotzdem war sie zwei ganze Jahre bei ihm geblieben, hatte die Brötchen verdient und sich mit seinen zunehmenden Gewalttätigkeiten abgefunden. Eines Morgens dann hatte sie ihn angesehen, als er schnarchend im Bett lag, schmutzig und unrasiert. Da legte sie ihm einige Broschüren der Anonymen Alkoholiker auf die Brust, packte ihre Sachen und zog aus.
    Er wusste, wo sie arbeitete, daher hatte sie gedacht, er würde kommen, und sei es nur, um sich Geld von ihr zu holen, aber das tat er nicht. Ein einziges Mal ging sie zurück zu dem armseligen Zimmer in Kilburn, in dem sie gewohnt hatten. Er war fort gewesen. Agatha hatte nie die Scheidung eingereicht, weil sie annahm, dass er tot war. Und sie hatte entschieden, nie wieder zu heiraten. Mit den Jahren wurde sie härter und härter, kompetenter, aggressiver. Langsam verschwand das schüchterne Mädchen von einst unter mehreren Schichten verbissenen Ehrgeizes. Ihr Job wurde ihr Leben, ihre Kleidung teurer und ihr Geschmack insgesamt zu dem, was man von einem aufgehenden PR -Stern erwartete. Solange die Leute Agatha beneideten, war sie zufrieden.
    Während sie zur Paddington Station lief, wurde ihre Stimmung wieder zuversichtlicher. Sie hatte sich ihr neues Leben ausgesucht und würde es in den Griff bekommen. Sie würde dieses Dorf schon noch wachrütteln und den Leuten zeigen, wer Agatha Raisin wirklich war.
    Es war später Nachmittag, als sie wieder zu Hause war, und ihr wurde klar, dass sie noch nichts gegessen hatte. Sie ging zu Harvey’s, dem Krämerladen, der gleichzeitig die Post war, und guckte sich in der Tiefkühlabteilung um. Sie fragte sich gerade, ob sie schon wieder Curry essen wollte, da blieb ihr Blick an einem Plakat an der Wand hängen. Großer Quiche-Wettbewerb stand dort in schnörkeliger Schrift. Der Wettbewerb sollte am Samstag in der Schulaula stattfinden. Es gab noch weitere Wettbewerbe, die in kleineren Buchstaben aufgeführt waren: für Obstkuchen, Blumengestecke und Ähnliches. Beim Quiche-Wettbewerb sollte ein Mr. Cummings-Browne den Gewinner bestimmen. Agatha nahm sich ein Chicken Korma aus der Tiefkühltruhe und ging zur Kasse. »Wo wohnt Mr. Cummings-Browne?«, fragte sie.
    »Im Plumtrees Cottage, meine Liebe«, antwortete die Frau. »Hinten bei der Kirche.«
    Agathas Gedanken überschlugen sich auf dem Weg nach Hause, und auch noch während sie das Chicken Korma in die Mikrowelle steckte. War es nicht das, worauf es in diesen Dörfern ankam? Die Beste in irgendwelchen häuslichen Dingen zu sein? Wenn also sie, Agatha Raisin, den Quiche-Wettbewerb gewann, würden die Leute auf jeden Fall Notiz von ihr nehmen. Vielleicht bat man sie dann sogar, beim Treffen des Frauenvereins über ihre Quiche-Künste zu reden.
    Sie trug ihr wenig ansprechendes Mikrowellen-Essen ins Esszimmer und setzte sich. Stirnrunzelnd betrachtete sie dieTischplatte, die von einer dünnen Staubschicht überzogen war. Agatha hasste Hausarbeit.
    Nach dem Essen ging sie hinaus in den Garten. Die Sonne war untergegangen, und ein blassgrüner Himmel erstreckte sich über den Hügeln um Carsely. Agatha hörte ein Geräusch und sah über die Hecke. Ein schmaler Pfad trennte ihren Garten vom nächsten.
    Ihre Nachbarin bückte sich über ein Blumenbeet und jätete Unkraut.
    Sie war eine hagere Frau, die trotz des kühlen Abends ein Blümchenkleid von der Sorte trug, wie sie die Frauen der Kolonialoffiziere einst bevorzugten. Ihr Kinn war fliehend, und sie hatte leichte Glupschaugen. Das Haar hatte sie im Vierziger-Jahre-Look wellenförmig nach hinten gesteckt. All dies konnte Agatha sehen, während die Frau sich aufrichtete.
    »Guten Abend!«, rief Agatha.
    Die Frau machte auf dem Absatz kehrt, ging in ihr Haus und schloss die Tür hinter sich.
    Solch eine Unhöflichkeit kam Agatha nach all der Carsely-Freundlichkeit wie eine willkommene Abwechslung vor. Sie war ihr schlicht vertrauter. Kurzerhand ging sie zurück in ihr Cottage, zur Vordertür hinaus und zum

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