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Und die Toten laesst man ruhen

Und die Toten laesst man ruhen

Titel: Und die Toten laesst man ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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Nichte.«
    Merschmann ließ sich neben der Hillerich auf das Sofa fallen. Die Pistole hielt er so, dass es einen glatten Bauchdurchschuss geben würde.
    »Quatsch nicht rum, Wilsberg!«, stoppte er meinen Gedankengang. »Ich habe dich gewarnt, nicht einmal, nein, zwei-, ja dreimal. Jetzt ist es aus.«
    Das Blut, das sich vor einer Minute noch in meinem Kopf befunden hatte, war in Richtung Füße abgeflossen. Ich drohte, ohnmächtig zu werden.
    »Tun Sie Ihre Pflicht!«, sagte ich so gelassen wie möglich. »Nehmen Sie mich fest!«
    Fast unmerklich schüttelte er seinen Quadratschädel. »Tut mir leid, Wilsberg. Dazu ist es zu spät.«
    Mir wurde schwarz vor Augen. Mit letztem Willen zwang ich mich, das Gespräch fortzusetzen. Solange er redete, würde er nicht schießen.
    »Machen Sie sich nicht unglücklich, Merschmann! Sie sind Beamter. Wollen Sie Ihre Pension aufs Spiel setzen? Soll Ihre Familie von der Sozialhilfe leben?«
    Er bleckte die Zähne. »Was soll ich machen? Sie werden sich der Festnahme widersetzen. Sie werden mich angreifen. Und ich werde Sie in Notwehr erschießen.«
    »Es gibt eine Zeugin, vergessen Sie das nicht.«
    Merschmann guckte zur Hillerich hinüber. »Es tut mir leid, Trude, dass das hier passieren muss. Aber es ist in unser aller Interesse.«
    Die Witwe sah aus, als könnte sie noch eine zweite Leiche ertragen.
    In diesem Moment nahm ich meinen letzten Mut zusammen und trat mit vollem Risiko unter den Glastisch. Entweder würde ich mir den Fuß brechen und anschließend erschossen werden oder es gelang mir, Merschmann für ein paar Sekunden abzulenken.
    Der Tisch war leichter, als ich dachte. Er knallte dem Kriminalrat vor den Kopf. Merschmann stieß einen Schrei aus und ließ die Pistole fallen. Fast gleichzeitig war ich an der Tür und hetzte zum Hauseingang.
    Als ich endlich den komplizierten Verschlussmechanismus der Haustür überwunden hatte, klatschte eine Kugel neben meinem Kopf in den Türrahmen. Offenbar hatte Merschmann seine Beherrschung reichlich schnell wiedergefunden.
    Die drei Treppenstufen nahm ich mit einem Sprung – und spürte einen stechenden Schmerz im Knöchel. Vom Schwung mitgerissen und vom Schmerz halb betäubt stolperte ich über den niedrigen Jägerzaun und verlor endgültig das Gleichgewicht. Das Letzte, was ich sah, waren die Pflastersteine, die mir ins Gesicht knallten. In voller Lebensgröße lag ich auf dem Bürgersteig und wusste: Das ist das Ende.
    Eine Stimme brüllte: »Waffe fallen lassen! Und Hände hoch!«
    Wo waren meine Hände? Und welche Waffe sollte ich fallen lassen?
    Jetzt hörte ich ein klirrendes Geräusch. Und ein wütendes Schnauben. »Was erlauben Sie sich? Ich werde Sie suspendieren.« Das war Merschmann.
    Darauf die erste Stimme: »Im Gegenteil. Sie sind suspendiert. Lischewski, nehmen Sie die Waffe! Und Sie gehen nach Hause, Merschmann!«
    Die Stimme kam mir irgendwie bekannt vor. Genau, sie gehörte meinem Freund Stürzenbecher.
    Jemand klopfte mir auf die Schulter. »Du kannst aufstehen, Wilsberg. Es ist vorbei.«
    Ich machte die Augen auf und wuchtete mich in die Höhe. Ich blutete wie ein Schwein. Aber ich lebte.
     
    Der dritte Zigarillo in Folge schmeckte, als würde ich auf einem Stück Teerpappe kauen. Zittrig griff ich zur Kaffeetasse – war es die dritte oder schon die fünfte? – und führte sie mit beiden Händen zum Mund. Es ist nicht leicht, von den Toten aufzuerstehen. Psychologen sprechen da vermutlich von einem postmortalen Schock.
    Stürzenbecher kam hereinspaziert und besah mich mit kritischem Blick: »Na, geht's besser?«
    »Och, ich hab mich schon schlechter gefühlt. Zum Beispiel damals, als man mich gefesselt auf die Eisenbahnschienen legte und …«
    Stürzenbecher lachte sein explosionsartiges Lachen. »Wenn du deinen Humor wiedergefunden hast, kann es ja nicht so schlimm sein.«
    Ich schaute ihn böse an. »Wer hat hier Humor? Ich oder der Teufel, der mich vorhin seinen schwefeligen Atem riechen ließ?«
    Stürzenbecher wurde etwas ernster. »Ist das meine Schuld? Ich habe dich einzig und allein aus dem Grund verhaftet, damit du nicht Merschmann oder irgendeinem unbedarften Polizisten vor die Pistole läufst. Im Gefängnis hättest du in Ruhe abwarten können, bis die Sache mit Merschmann und der Hillerich geklärt war.«
    »Hat sie alles zugegeben?«
    Er nickte. »Ich brauchte sie kaum in die Mangel zu nehmen. Merschmanns Absturz hat sie ziemlich aus dem Gleichgewicht gebracht.«
    »Und warum«, brauste

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