Und führe uns nicht in Versuchung
völlig klar, daß Jacobi seine eigenen Ermittlungen anstellen würde. Und sie wußte nicht, wie sie ihn daran hindern konnten. Doch erst einmal mußten sie noch verschiedene Dinge klären. «Warum haben Sie Ihre Zusammenarbeit nicht fortgesetzt?» erkundigte sie sich. Jacobi räusperte sich.
«Es reizte uns nicht mehr. Wir hatten alles erreicht, was wir wollten. Es war keine wirkliche Herausforderung mehr. Natürlich hätten wir in anderen Ländern weitermachen können. Aber es wäre nur eine Wiederholung gewesen. So wurde es für uns beide langweilig. Steffen wollte gerne ein besonderes Glas entwickeln, Glas hatte ihn schon immer fasziniert. Wir überlegten, ob wir ein eigenes Unternehmen gründen sollten, aber dann entschied sich Steffen für Mainz-Glas. Er wollte einfach mehr Zeit für seine anderen Interessen haben. Ich bin dann auch nach Mainz gezogen. Der Frankfurter Flughafen ist nicht weit, wenn ich einen Auftrag bekam, der den Aufwand lohnte, dann war ich schnell dort und schnell wieder zurück. Wenn ich in Mainz war, haben Steffen und ich einmal in der Woche zusammen gegessen. Vor fünf Wochen bin ich nach Johannesburg geflogen. Ich kam gerade einen Tag vor seiner Trauerfeier zurück.» Jacobi preßte die Lippen aufeinander, die kobaltblauen Augen blickten düster. «Sagt Ihnen der Name Johannes Friedrich etwas?» fragte Arne. Jacobi nickte. «Ein Mitarbeiter von Steffen. Begabt, aber chaotisch. Vor einem halben Jahr ist er verschwunden. Steffen war darüber beunruhigt, denn Friedrich war mit allen Forschungsergebnissen bestens vertraut. Ich glaube, er hat versucht, in Bangkok mit ihm Kontakt aufzunehmen.» Arne schnappte nach Luft. «Er wußte, daß Friedrich nach Bangkok wollte? Warum hat er Brandes nichts davon erzählt?» Jacobi blickte Arne nachdenklich an. «Weil er meinte, daß er diese Angelegenheit lieber selbst in die Hand nehmen wollte und sie Brandes nichts anginge. Aber er hat Friedrich nicht gefunden.» Jacobi überlegte einen Moment. «Gut, daß Sie mich an Friedrich erinnern. Ich sollte ihn nicht aus dem Blick verlieren.» «Sie sollten uns die Polizeiarbeit überlassen, Herr Jacobi», meinte Tanja. «Gewiß», antwortete Jacobi und lächelte leicht.
«Wissen Sie etwas über eine Freundin von Steffen Vogel? Sagt Ihnen das Stichwort ‹Bastille› etwas?» fragte Tanja. «Selbstverständlich», antwortete Jacobi. «Dann erklären Sie uns doch bitte, worum es geht», bat Arne. «Ich denke nicht daran», antwortete Jacobi, «Steffens Privatleben geht Sie nichts an.» Tanja schüttelte den Kopf. «Sie müssen uns Auskunft geben! Wir ermitteln in einer Mordsache! Wir können Sie zwingen!» Jacobi zog amüsiert die Augenbrauen hoch. «Dann versuchen Sie das doch.» Er stand auf, zog eine Karte aus einem Straußenledermäppchen und legte sie vor Tanja auf den Schreibtisch. «Damit Sie wissen, wo Sie mich erreichen können. Auf Wiedersehen.» Arne war aufgesprungen. «Wir müssen Sie bitten, für uns erreichbar zu bleiben!» Jacobi schaute ihn kühl an.
«Keine Sorge, ich fahre nicht weg, in der nächsten Zeit habe ich einiges zu erledigen.» Leise zog er die Tür hinter sich zu.
* * *
«Dann ist er gegangen, und ich wußte, daß ich mich gerade hoffnungslos verliebt hatte. So etwas Verrücktes ist mir noch nie passiert.» Tanja lief neben Susanne durch den Gonsenheimer Wald. «Das gibt’s doch gar nicht, ein Typ, dreißig Jahre älter als ich, unverschämt, wie der sagte: ‹Dann versuchen Sie das doch› und dabei seine Augenbrauen hochzog, und ich möchte ihm am liebsten in die Arme sinken und bitten: ‹Bring mich, wohin du willst, aber nimm mich mit.› Das ist ‹Vom Winde verweht› mit ‹Titanic› gekreuzt. Und das mir! Ich habe doch einen Knall!»
Susanne hatte ihrer Freundin schweigend zugehört. Tanja war aufgewühlt, fast aufgebracht. «Du darfst doch mit niemandem eine Beziehung beginnen, der in einen deiner Fälle verwickelt ist, oder?» fragte sie. Tanja schnaubte.
«Beziehung! Der Mann schaut mich doch nicht an! ‹Ich nehme nur Aufträge an, die mich wirklich interessieren, Südafrika zum Beispiel› – da wird er bestimmt ganz wild auf eine kleine Kommissarin aus der Mainzer Neustadt sein! Der fährt eben mal fünf Wochen nach Südafrika, und ich kann ihm nur erzählen, wie es damals im Zeltlager in der Eifel war. Das kann ich vergessen.» Tanja blieb stehen und schluchzte, Susanne war völlig perplex, so hatte sie ihre Freundin noch nie erlebt. Sie nahm Tanja in den
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