Und Jimmy ging zum Regenbogen
Zeit. Ich bin verabredet.«
»Schade.« Auf einmal fühlte Manuel sich grenzenlos enttäuscht und verlassen. Idiot, sagte er zu sich selber, was hast du gedacht? Daß eine schöne junge Frau keinen Freund hat?
»Sind Sie gekränkt? Meine Verabredung ist schon seit ein paar Tagen getroffen. Ich konnte doch nicht wissen …«
»Ich benehme mich wie ein Narr, verzeihen Sie«, sagte er. »Wie komme ich dazu, mich in Ihr Privatleben zu mischen?«
»Oh, Sie hätten Grund! Wir sind doch Gefährten geworden in dieser kurzen Zeit.«
»Durch die Umstände. Nur durch die Umstände. Hoffentlich ist Ihr Freund nicht böse darüber.«
»Das ist er nicht«, sagte Irene plötzlich kurz und kühl.
13
»Herr Aranda! Endlich! Ein Herr wartet in der Halle auf Sie – seit einer guten halben Stunde. Ich sagte ihm, ich wüßte nicht, wann Sie wiederkämen.« Graf Romath war Manuel entgegengeeilt, als dieser die erste Halle des ›Ritz‹ betreten hatte.
»Wo sitzt der Herr?«
»Drüben rechts in der Ecke.«
»Danke.« Manuel reichte einem Pagen seinen Mantel und ging schnell in die zweite Hotelhalle hinein. Aus einem Fauteuil erhob sich ein kleiner Mann mit behaarten Händen, schwarzem Kraushaar und olivenfarbener Haut.
»Guten Tag, Herr Aranda.« Der Kleine sprach fließend spanisch. »Mein Name ist Gomez. Ernesto Gomez.« Er holte einen Paß aus der Tasche.
»Bitte …«
»Ich glaube Ihnen. Warum soll ich da noch Ihren Paß …«
»Weil ich eine Aufforderung zu überbringen habe und will, daß Sie ganz sicher sind, mit wem Sie es zu tun haben. Sie sehen, ich gehöre zur argentinischen Botschaft.«
»Das sehe ich. Wollen wir uns nicht setzen? Was darf ich Ihnen bestellen, Herr Gomez?« Auch Manuel sprach nun spanisch.
»Nichts, danke. Herr Aranda, wir fordern Sie in Ihrem eigensten Interesse auf, hier in Wien alle Recherchen sofort abzubrechen und nach Buenos Aires zurückzukehren.«
»Moment«, sagte Manuel verblüfft. »Woher wissen Sie, daß ich hier in Wien Recherchen anstelle?«
»Wir wissen es.«
»Können Sie mich zwingen, heimzufliegen?«
»So, wie Sie sich bisher verhalten haben, nein.«
»Dann werde ich in Wien bleiben.«
Im Gesicht des kleinen Mannes regte sich nichts. Seine Stimme wurde leiser, als er erklärte: »In diesem Falle, Herr Aranda, sieht die Botschaft sich außerstande, Ihren Schutz zu übernehmen, geschweige denn zu garantieren, beziehungsweise Ihnen zu helfen, wenn Sie mit österreichischen oder anderen ausländischen Stellen oder Personen in Konflikt geraten.«
»Was ist los?« Manuel war, seit er Irene verlassen hatte, gereizt und aggresiv. »Was soll das? Wollen Sie mich einschüchtern?«
»Keineswegs.«
»Oder
liegt
der Botschaft daran, daß ich nicht herausfinde, was mein Vater hier getan hat?«
»Die Botschaft ist nur an Ihrem Wohlergehen interessiert. Ein anderes Interesse hat sie nicht.«
»Ich könnte mir aber durchaus ein anderes Interesse vorstellen – nach allem, was ich bereits herausgefunden habe!«
»Was Sie sich vorstellen können, ist eine Sache, auf die wir keinen Einfluß haben, Herr Aranda. Sie sprechen von Ihrem Vater. Auch ihn haben wir gewarnt – eindringlich und zu wiederholten Malen. Er schlug alle Warnungen in den Wind und zog es vor, mit seinem Leben zu spielen – so wie Sie jetzt. Ihr Vater – mein Beileid übrigens – verlor sein Leben hier in Wien. Das gleiche kann sehr leicht Ihnen widerfahren.«
Manuel packte den kleinen Mann am Arm.
Er fragte grob: »Wovon sprechen Sie? Was wissen Sie? Los, spucken Sie es schon aus! Warum nennen Sie mir nicht die wahren Gründe für Ihr Herkommen?«
Mit erstaunlicher Kraft machte der kleine Mann sich schnell frei und stand auf. Er verbeugte sich förmlich.
»Sie kennen die Antworten auf alle Ihre Fragen, Herr Aranda. Es ist Ihnen also nicht zu helfen. Bedauerlich. Guten Tag.« Damit ging er schon fort, in die vordere Halle hinaus und dort zur Garderobe. Er nahm seinen Mantel und seinen Hut und verließ das Hotel, ohne noch einmal zurückzusehen.
Manuel blickte ihm nach. Eine kurze Weile stand er reglos. Dann murmelte er einen halben Fluch und trat gleichfalls aus der Ecke.
Sollten sie doch alle zum Teufel gehen! Er würde den Weg aus diesem Labyrinth finden, von dem Nora Hill gesprochen hatte – wenn es sein mußte, ganz allein. Einer war da, auf den er sich stets verlassen konnte, einer wenigstens. Was habe ich doch immer noch für ein Glück, dachte Manuel, während er sich beeilte, an ein
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