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Und Jimmy ging zum Regenbogen

Und Jimmy ging zum Regenbogen

Titel: Und Jimmy ging zum Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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tupfend. »Niemand kann es fassen. Niemand weiß eine Erklärung.«
    »Haben Sie meinen Vater noch gesehen – nach dem Tod?« fragte Aranda.
    »Ja. Ich … ich wurde in jene Buchhandlung gerufen, um Ihren Herrn Vater zu identifizieren. Er trug einen Paß bei sich. Aber sie brauchten jemanden, der ihn gekannt hatte. Ein wunderbarer Mensch, Ihr Herr Vater. Ein wirklicher Gentleman. Wir haben uns ein paarmal unterhalten …«
    »Worüber?«
    »Über Argentinien. Ich hatte Besitz drüben, wissen Sie. Vor dem Krieg habe ich fünf Jahre da gelebt.« Der Graf fuhr mit einer Hand durch das weiße Haar. »Wir erhielten Ihr Telegramm. Sie wollen also wirklich das Appartement Ihres Herrn Vaters?«
    »Ja«, sagte Aranda. In diesem Büro überkam ihn zum erstenmal jenes Schwindelgefühl, das immer wiederkehren sollte.
    »Ganz wie Sie wünschen, natürlich.« Der Graf spielte mit der Perle an seiner Krawatte. »Die Polizei hat das Appartement durchsucht. Es ist nichts beschlagnahmt worden. Wir haben nach der Untersuchung selbstverständlich alles wieder in Ordnung gebracht.«
    »Dann lassen Sie bitte mein Gepäck hinaufbringen.«
    »Gewiß.« Der Graf trat vor. »Darf ich mir erlauben, Sie zu begleiten und Ihnen das Appartement zu zeigen?«
    »Ich fahre noch einmal weg.«
    »Jetzt?« Die Brauen des Direktors hoben sich.
    »Ja. Mein Taxi wartet. Ist es weit bis zur …« – Aranda zog einen Zettel aus der Tasche seines Kamelhaarmantels – »… Berggasse?«
    »Berggasse?«
    »Das Sicherheitsbüro. Ich habe bei der Zwischenlandung in Paris den Hofrat Groll angerufen. Er sagte, er würde mich gerne noch heute empfangen, auch wenn es spät werden sollte. Ich bat um eine Unterredung. Sie können sich vorstellen, daß ich so schnell wie möglich …«
    »Natürlich«, sagte der Graf. »Ich fürchte nur, selbst der Hofrat steht vor einem Rätsel. Aber Ihr Wunsch ist völlig verständlich. Ich könnte an Ihrer Stelle auch nicht zu Bett gehen, ohne wenigstens … Eine Viertelstunde mit dem Wagen ist es bis zur Berggasse, verzeihen Sie.«
    »Würden Sie wohl den Hofrat anrufen und ihm sagen, daß ich unterwegs bin?«
    »Sie erledigen das gleich, Herr Lavoisier.«
    »Ja, Herr Direktor.« Pierre Lavoisier ging zur Tür und öffnete sie für Manuel. »Darf ich bitten?«
    Der Graf verbeugte sich noch einmal zum Abschied. Allein in seinem Zimmer, wartete er eine Minute, dann versperrte er die Tür, trat schnell zu dem Bild an der Wand, suchte und fand eine verborgene Feder an der unteren Rahmenseite, drückte auf sie, bis ein kleines Stück der breiten Leiste sich senkte und ein metallenes Päckchen von der Größe einer Zigarettenschachtel sichtbar wurde, das im hohlen Innern des Rahmenstückes lag. Der Miniatursender hatte eine Reichweite von 2000 Metern. Der Empfänger befand sich knappe 1000 Meter vom Zimmer des Grafen Romath entfernt, in einem Wagen in einer Nebenstraße.
    Romath zog die Antenne aus dem Sender und sprach ruhig: »Calling Sunset … Calling Sunset … This is Able Peter, Able Peter …«
    »Go ahead, Able Peter«, ertönte eine leise Männerstimme aus dem winzigen Lautsprecher des Senders.
    Der Graf sprach weiter Englisch: »Der neue Gast fährt jetzt gleich mit einem Taxi, das vor dem Hoteleingang parkt, in die Berggasse, zu Hofrat Groll.«
    »Danke, Able Peter. Over.«
    »Over«, sagte Romath. Er legte den Sender in sein Versteck und drückte wieder auf die verborgene Feder. Das Leistenteil glitt hoch. Es war ein geschnitzter und gerippter Rahmen. Die Stellen, an denen man das bewegliche Stück herausgeschnitten hatte, konnte man auch bei genauem Hinsehen nicht erkennen. Der Graf Romath sperrte die Tür wieder auf. Dann stand er reglos in dem schönen Büro und betrachtete seine Fingernägel. Während dieser Zeit war Manuel Aranda von Lavoisier überhöflich und ernst zu dem wartenden Taxi geleitet worden, das sogleich abfuhr. Einer der fünf Pagen, die noch Dienst taten, hatte den beiden die Glastür des Eingangs geöffnet, ein großer Portier den Schlag des Taxis. Während der Portier im Freien blieb, kehrte der etwa zwanzigjährige, schlanke und gut aussehende Page, der eine graue Uniform trug, mit Lavoisier in die Empfangshalle zurück und verweilte nahe der Reception, hinter deren Theke Lavoisier nun trat und ein Telefonbuch öffnete.
    »Armer Kerl, dieser Aranda«, sagte der Kollege, der neben ihm stand.
    »Ja, es ist eine Tragödie«, antwortete Lavoisier, mit dem Finger eine Seite des Telefonbuchs

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