Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und Jimmy ging zum Regenbogen

Und Jimmy ging zum Regenbogen

Titel: Und Jimmy ging zum Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
Vom Netzwerk:
ich bloß nicht so sehr in der Hand dieser gottverfluchten Hunde wäre. Sie fragte lächelnd: »Hat Ihnen der Film mit dem Fliegenden Holländer geholfen?«
    »Außerordentlich, Madame. Ich bin Ihnen sehr verbunden für Ihre Hilfe … Und nun verraten Sie mir bitte noch schnell, was für ein Papier das ist, das Aranda bei sich trägt. Alt … Pasteur … Seidenraupenseuche … Santarin bittet Sie, es nun mir zu sagen … Er hat das alles mit Ihnen besprochen, nicht wahr?«
    »Ja.« Nora seufzte. »Also passen Sie auf …«

60
    Der Hofrat Wolfgang Groll trug seinen alten Morgenmantel und Pantoffeln. Die Krawatte hatte er abgelegt, das Hemd geöffnet. Er stand vor dem summenden Samowar in seiner Bibliothek und füllte zwei Tassen mit Tee. Eine stellte er auf den Schreibtisch, auf dem sich Bücher und Manuskripte häuften, die andere reichte er Manuel, der in einem tiefen Fauteuil saß.
    »Zucker … Zitrone …«
    Der beleibte Kriminalist mit dem silbernen Haar, der, wie es schien, keine Ermüdung kannte, eilte hin und her, öffnete den Flügel eines Fensters und kehrte schließlich in seinen geschnitzten hohen Lehnstuhl hinter dem Schreibtisch zurück.
    Am Fuß der Bronzelampe lehnte der kleine vergoldete Rahmen, in dem sich, unter Glas, ein goldgelbes Ginkgo-Blatt befand.
    Im Lichtkegel lagen das Papier mit der Handschrift von Manuels Vater und davor die sechs Farbfotos, die Manuel von Nora Hill gekauft hatte. Groll nahm die Zigarre aus dem Mund, schlürfte Tee, rauchte wieder und biß sich auf die Lippe.
    »Na!« sagte Manuel.
    Es schien, als schreckte der Hofrat tief aus Gedanken auf.
    »Jetzt haben Sie aber wirklich Zeit genug gehabt«, meinte Manuel.
    »Zeit wozu?«
    »Nachzudenken, was Sie mir zu all dem zu sagen haben. Oder ist Ihnen das so sehr in die Glieder gefahren?«
    »Ja«, sagte Groll, »das ist es. Wie dieser Bogen zu Frau Steinfeld gekommen sein kann, das weiß ich nicht. Dazu kann ich überhaupt nichts sagen. Das ist … unheimlich ist das! Und in Verein mit den Fotos …«
    »Ja? Ja?«
    »Es gibt Fälle, die man nicht lösen kann. Ich fürchte, das ist so ein Fall.«
    »Aber wieso? Ich finde, wir kommen einer Lösung näher und näher!«
    Groll seufzte.
    »Sie kennen die drei Menschen auf den Fotos! Das haben Sie selber vorhin gesagt – oder nicht?«
    Groll seufzte wieder.
    »Das habe ich gesagt. Und nach Ihrer Beschreibung ist der Mann, den Sie bei Nora Hill in … in Aktion sahen, auch Vasiliu Penkovic.«
    »Und warum hat er die Fotos aufgenommen?«
    »Ich habe keine Erklärung dafür … keine stichhaltige.«
    »Dann fragen Sie diesen Penkovic doch! Lassen Sie ihn kommen.«
    »Das geht leider nicht«, sagte der Hofrat trist.
    »Warum nicht?«
    »Penkovic hat sich in unserem Land schon einiges geleistet, das dringend aufklärungsbedürftig war – und noch ist. Denn immer, wenn man ihm an den Kragen wollte, bekam das Innenministerium von den Sowjets einen Wink. Höflich, verstehen Sie? Eine Bitte, nur ein kleiner Wunsch. Man möge Herrn Penkovic doch in Ruhe lassen. Wenn man es nicht täte, könnte die Sowjetunion das als einen unfreundlichen Akt ansehen.«
    »Und so wird man Herrn Penkovic also immer weiter in Ruhe lassen!«
    »Manuel …« Groll strich sich durch das Haar. »Nach allem, was Sie bisher mit unseren Behörden erlebt haben und was ich Ihnen über die Situation Österreichs erzählte – glauben Sie, daß irgend jemand es wagen würde, vorsätzlich die Sowjets zu verärgern? Nein«, sagte Groll, »das ist das Verfluchte an dieser Geschichte! Ich kenne Penkovic gut. Affären um Fotos, die er aufgenommen hat und die dann irgend jemandem zugespielt wurden, gab es schon ein paarmal. Wir haben uns mit Herrn Penkovic unterhalten, ihn höflich gebeten, uns zu
helfen.«
    »Und?«
    »Er mußte immer herzlich um Entschuldigung bitten: Er hatte keine Ahnung, wovon wir redeten. Was wir mit ziemlicher Sicherheit wissen: Penkovic übernimmt – er ist ein glänzender Mann für so etwas – häufig Aufträge von sowjetischer Seite, Leute zu beschatten und zu fotografieren« – Groll wies auf die Bilder – »wie hier. Nur hat er diesmal auch noch ein zweites Geschäft daraus gemacht.«
    »Welches Interesse hatten die Sowjets daran, diese drei Menschen zu beschatten?«
    »Nun, vielleicht wollten sie herausbekommen, ob die Amerikaner Entwicklungsaufträge für B - und C -Waffen erteilt hatten. Vielleicht waren sie auch schon weiter und verdächtigten Ihren Vater, von sich aus

Weitere Kostenlose Bücher