Und ploetzlich sind sie 13
jetzt ging es darum, ihrem Sohn diesen Fehler zu verzeihen. Kevin würde später dafür geradestehen.
Als Ralf und Kristin uns diese Begebenheit später erzählten, sagten sie: „Wir haben das Gefühl, dass Kevin etwas ganz Wichtiges gelernt hat. Wenn wir diesen Ausrutscher nicht zu den Akten gelegt hätten, hätte es eine Belastung für sein weiteres Leben werden können. Wenn wir gedacht hätten: Wir sind uns nicht sicher, ob wir ihm überhaupt noch vertrauen können – hätte er sich mit der Zeit als abgeschrieben empfunden. Wir haben damals beschlossen, diesen Vorfall hinter uns zu lassen. Am nächsten Tag fuhren wir zu einem Familientreffen, und der demolierte Wagen und der angerichtete Schaden wurden nie wieder erwähnt.“
„Wie habt ihr das geschafft, die Sache wirklich auf sich beruhen zu lassen und nicht doch bei passender Gelegenheit zum Vorwurf zu machen?“, fragte Claudia.
„Siehst du die Narben auf meiner Zunge?“, fragte Kristin lachend. „Nein, im Ernst, es war schwer. Aber wir wollten keinesfalls die Beziehung zu Kevin beschädigen und ihm weiterhin unser Vertrauen schenken.“
Die schönsten Jahre?
Die meisten Eltern stöhnen innerlich, wenn sie Ratschläge hören wie etwa diesen: „Genießt eure Kinder, solange sie klein sind. Es sind die schönsten Jahre. Später machen sie euch nur noch Sorgen!“ Natürlich hatten die Jahre, in denen unsere Kinder klein waren, ihre Höhepunkte: gemeinsame Ferien und andere Aktivitäten sorgten für ein nicht nur erträgliches, sondern wirklich schönes Familienklima. Aber wir würden diese Jahre dennoch nicht als die „schönsten“ bezeichnen – nicht mit drei lebhaften Jungen! Aus unserer Perspektive gab es immer Anlass zu wünschen, dass manches besser, nicht schlechter wurde!
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Wir hatten uns immer Kinder gewünscht. Und als Perfektionisten, die wir nun einmal sind, haben wir ganze Bücherregale voll mit Literatur über Erziehung und Familienfragen, die das hinlänglich beweisen. Doch die herannahende Pubertät unserer Söhne weckte in uns erhebliche Befürchtungen – wir erinnern uns noch gut daran, was wir empfanden, als unser Ältester so um elf oder zwölf herum begann, pubertäre Geräusche von sich zu geben. Wir hatten gedacht, wir hätten noch Monate vor uns, bevor er zum „halbstarken Teenie“ wurde. Die relative Ruhe der Grundschuljahre (relativ im Verhältnis dazu, was noch kommen sollte) war dahin, und alle Anzeichen deuteten auf Sturm. Waren Teenager tatsächlich so schlimm? Bestand eigentlich eine – wenn auch geringe – Chance, dass gerade diese Zeit großartig werden konnte?
Wir fingen an, andere zu beobachten, die allem Anschein nach erfolgreiche Eltern waren. Worin bestand ihr Geheimnis? Was machten sie genau richtig? Wir beschlossen, ihnen diese Fragen persönlich zu stellen, und wir erhielten dabei eine Menge guter Ratschläge. Ein paar Grundsätze tauchten immer wieder auf. Und der entscheidende davon war der Satz:
Was zählt, ist die Beziehung
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Unser Freund Markus gab uns folgenden Geheimtipp: „Haltet die Kommunikationskanäle offen. Solange ihr mit euren Kindern in Kontakt seid und miteinander reden könnt, sind auch alle anderen Probleme, die kommen werden, lösbar. Ihr werdet manchmal zu streng und dann wieder zu nachgiebig sein, doch solange ihr miteinander sprechen könnt, wird es am Ende recht werden.“
Ein anderes Elternpaar fügte eine wichtige Warnung hinzu. „Die Beziehung ist der Schlüssel“, bestätigten sie, „aber es ist außerordentlich schwierig, diese Beziehung in den Teenagerjahren durchzuhalten, wenn sie nicht schon vorher gepflegt wurde. Beginnen Sie frühzeitig damit, eine gute Beziehung zu Ihren Kindern aufzubauen. Kümmern Sie sich darum – jetzt. Verschieben Sie es auf keinen Fall auf später.“
Tatsächlich sind die Jahre zwischen acht und zwölf die beste Zeit, um eine solche gute Beziehungsgrundlage zu schaffen, die auch die hormonelle Achterbahn der Pubertätsjahre übersteht. Die schnellen, frühkindlichen Entwicklungen sind vorbei und die intensiven (auch hormonellen) Veränderungen der Adoleszenz haben noch nicht begonnen.
Wenn wir der Beziehung zu unseren Kindern in den kommenden Jahren die höchste Priorität geben wollten – und das wollten wir –, dann, so meinten wir, brauchten wir dafür einen regelrechten Plan. Einen Plan, der dem Jugendlichen jedes Jahr weitere Rechte und Pflichten geben würde, die ihn schrittweise
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