Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und verfluche ihre Sünden

Und verfluche ihre Sünden

Titel: Und verfluche ihre Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
Vom Netzwerk:
genug Zeit haben, uns eine Lösung auszudenken.« Er sah starr geradeaus und redete weiter, Vertrauen, bla, bla, bla, während er zuhörte, wie Kevin dem Sergeant des Sondereinsatzkommandos, mit dem er verbunden war, die Situation schilderte. Seine Beschreibung war informativ, detailliert und kurz. Der Junge hatte endlich gelernt, zur Sache zu kommen.
    »Sag den Mistkerlen, sie sollen wegbleiben«, rief der Schütze. »Wenn sich einer mit uns anlegen will, muss er erst an den Kindern vorbei.«
    Kevin hakte das Mikro ein. »Fünfzehn bis zwanzig Minuten.«

Scheiße. Dann konnten sie gleich morgen kommen, das brachte genauso viel.
    Der Mann verschwand vom Fenster. Im Haus schrie eine Frau.
    »Knox!« Er schnappte sich die Waffe von der Motorhaube. »Was macht er da drin?«
    »Er hat eines der Kinder«, brüllte Knox. »Er – o Scheiße, nein!«
    Die Situation geriet völlig außer Kontrolle. »Sind dort noch mehr Schützen?«
    »Ich weiß nicht«, kreischte sie. »Vielleicht vorn …«
    Das Fenster über Knox explodierte. Sie ließ sich fallen, und einen furchtbaren Moment glaubte er, sie wäre getroffen worden, aber dann sah er, wie sie sich zusammenrollte, die Hände schützend auf dem Hinterkopf. Kevin hatte den Kofferraum geöffnet und riss eine Weste heraus. »Die Hintertür! Sichert die Hintertür!«
    Kevin winkte, dass er verstanden hatte, und rannte am Haus entlang. Knox sprang auf und rannte hinter ihm her. Sie verschwanden um die Ecke.
    »Nicht bewegen«, sagte Lyle. »Ich hol dir die andere.« Er sprintete zu Knox’ Wagen.
    Oben auf der Veranda flog die Tür auf. Eine junge Frau mit einem Baby im Arm versuchte zu fliehen. Der Schütze stürzte sich auf sie, den langen muskulösen Arm ausgestreckt, und packte sie am Kragen. Sie prallte zurück, würgte und ließ beinah das Baby fallen. Der Geiselnehmer zerrte sie am Hals zurück.
    Russ brach aus der Deckung und rannte zum Haus. Lyle schrie irgendetwas, aber er konnte ihn über das Stampfen seiner Füße, seinen rasselnden Atem und das Weinen und Brüllen im Haus nicht verstehen.
    Er nahm die Verandastufen in zwei Sätzen, warf sich gegen die Tür und stand dem Schützen gegenüber. Er hatte tätowierte Finger, genau wie Knox gesagt hatte, und starrte ihn aus weit aufgerissenen Augen an. Plötzlich packte er die sich windende, heulende junge Frau mit dem Baby und trat mit ihr als Deckung den Rückzug an.
    »Polizei! Lassen Sie die Waffe fallen!«, röhrte Russ; Routine, nicht Hoffnung.
    »Du lässt die Waffe fallen!« Der Punta Diablo zielte mit einer monströsen 357er Taurus Magnum auf das Mädchen. Russ zielte auf den Kopf des Mannes. Der Gangster wirkte verängstigt. Es war verdammt schwer, seine Waffe nicht auf einen Mann zu richten, wenn dessen Pistole auf die eigene Stirn zielte.
    Dann warf sich das Mädchen zur Seite und brachte den Geiselnehmer aus dem Gleichgewicht. Seine Reflexe übernahmen das Kommando; er schwang seine Waffe zu Russ herum, mit weit ausgestrecktem Arm, die Brust ungeschützt. Russ senkte seine Glock zehn Zentimeter und drückte zweimal ab. Er tauchte ab, als die Magnum feuerte, aber der junge Mann brach bereits zusammen, während die Waffe seinen tätowierten Händen entglitt.
    Das Mädchen mit dem Baby rannte kreischend ins Esszimmer. Russ stieß gegen einen braunen Kordsessel, der von der Wucht seines Körpers über den Boden schlidderte. Er rappelte sich hoch, drehte sich zu der Stelle, wo der Schütze zu Boden gegangen war, sah Isabel Christie ohnmächtig auf die Couch sinken. Und dann knallte ein Baseballschläger gegen seine Brust.
    Russ wirbelte, ohne zu begreifen, herum, und ein weiterer Schlag traf seinen Oberschenkel, weißglühender Schmerz flammte in seiner Hüfte, und das gefühllose Bein rutschte unter ihm weg, und dann sah er ihn im Durchgang zur Eingangsdiele, den zweiten Mann. Russ bemerkte den Lauf, der auf ihn zielte, versuchte, die Glock zu heben. Zu spät, zu langsam. Russ drückte ab, doch der nächste Schuss traf ihn in der Brust und warf ihn um.
    Er hörte weitere Schüsse, drei, vier, als liefe im anderen Zimmer ein Film. Seine Wahrnehmung richtete sich nach innen, als ob das Universum ein Meter neunzig lang und von seiner Haut umschlossen wäre. Schwere Atmung. Stockender Herzschlag. Brennende Hüfte. Pochende Brust.
    Einen Moment tauchte Lyles Gesicht über ihm auf. Er redete nicht auf Russ ein, sondern wandte sich ab und riss sein Uniformhemd auf. Lyle. Sein Freund. Warum hatte er ihm nicht vergeben,

Weitere Kostenlose Bücher