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Ungleiche Paare - Die Leidenschaft der Gegensaetze

Ungleiche Paare - Die Leidenschaft der Gegensaetze

Titel: Ungleiche Paare - Die Leidenschaft der Gegensaetze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Bittrich
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waren und ihre Auftraggeber ebenfalls. Die Maler wollten weder ihre eigenen Frauen noch diejenigen ihrer Mäzene auf leichtsinnige Gedanken bringen, von der Verführung zur Nachahmung ganz zu schweigen. Bilder können sehr inspirierend sein.
    Oder gehörte Kim schon zur Kategorie der Bad Girls , jenen boshaften Göttinnen, die braven Jungs das Leben so herrlich schwer machen? Bad Girls müssen nicht girliehaft sein. Sie müssen nur ein bisschen zaubern können, mit Worten, einer Gerte, einem kaleidoskopischen Blick. Zumindest sollten sie einen Kaffee mit Zauberkraut würzen können.
    Es muss grüner Kardamom gewesen sein, den die sagenhafte Zauberin Medea in ihren Trank bröselte, jenen Trank für einen alternden Herrn, den sie damit nicht nur verköstigte, den sie sogar darin baden ließ, im Kessel des Zaubertranks, auf dass er sich um Jahrzehnte verjüngte und ihr, wie es heißt, »wie ein reifender Knabe« zur Seite seinkonnte. Das genaue Rezept wird seit der griechischen Antike bis in keltische Dörfer und in den Wiccakult weitergereicht.
    Welche Tricks benutzte Diana, die hochbusige römische Jägerin, als sie in einem Waldsee badete und bemerkte, dass sie beobachtet wurde? Sie war nicht mehr ganz jung, doch der herumstreifende Jäger leuchtete frisch und unschuldig. Aktaion soll sein Name gewesen sein. Vergeblich barg er sich im Schatten der Bäume und mochte sich nicht von der Stelle rühren. Aber rühren sollte er sich, nicht anbetend stehen bleiben! Bewunderung reichte der Badenden nicht. Diana zauberte ihm etwas an, das Ovid poetisch als Geweih umschreibt. Dann begab sie sich zu ihm ins Gebüsch.
    Von der slawischen Baba Jaga, der Waldfrau, berichten die Sagen, sie sei in der Lage gewesen, junge Holzfäller zu Bäumen erstarren zu lassen. Wer weiß, wie viele junge Männer auf das Gerücht hereinfielen. Sie glaubten zu wissen, was gemeint war, und pilgerten begierig in den Wald, um nach Kräften Holz zu schlagen. Erschien die Baba Jaga? Den meisten nicht. Doch die Landesherren, die das Holz brauchten, ließen die Geschichte von der lüsternen Zauberin emsig verbreiten. Bei uns ist sie später zur Hexe von Hänsel geworden.
    Die klassische Baba Jaga, in der Fassung, die vom Donaudelta bis Karelien gilt, verwandelte einen schönen jungen Mann in einen Baum und schaukelte an seinem Ast, am liebsten bei Vollmond und so lange, bis sie müde wurde. Dann schwang sie sich herab, besprenkelte die Wurzeln mit Wasser, und der zurückverwandelte Jüngling kehrte im Morgengrauen heim in sein Dorf, kleinlaut und benommen.Er wusste rein gar nichts mehr, nur dass er der Baba Jaga begegnet und bis ins Mark erschöpft war. Die slawischen Märchenerzähler enden: Mögen seine Eltern ihm geglaubt und seine Verlobte Mitleid empfunden haben!
    Auch im westlichen Europa waren Flößer, Bauern, Hirten nach regionaler Überlieferung nicht immer auf gefügige Weidetiere angewiesen. Es kam vor – in Schottland wie in der Bretagne, in der Lausitz, auf der Alb, in der Uckermark –, dass die Burschen in geisterhafter Stunde auf wilder Heide einer kräuterkundigen Frau begegneten. Je später die Bearbeitungen der Sage, desto älter und buckliger wird die Frau. In Wahrheit hatte sie kein Alter, jedoch Erfahrung und Zauberkraft. Sie verhexte den Jüngling in etwas, das die Volkssagen einen Hirtenstab nennen. Am folgenden Morgen erwachte der Unschuldsengel aus einem unerzählbaren Traum. In einigen Sagen, etwa in Wales, findet er noch das Kopftuch der schlimmen Frau. Wenn er daran reibt, in einsamen Nächten am Feuer, kehrt sie zurück.
    Andere magisch begabte Weiber berührten einen jungen Mann mit einer biegsamen Gerte oder versetzten ihm einen Streich, worauf er zu Stein wurde, nicht ganz und gar, aber in seiner empfindlichen Mitte und auf jeden Fall so, dass die Zauberin über ihn verfügen konnte, ohne sich mit ihm unterhalten zu müssen. Er selbst konnte anschließend behaupten, er habe absolut nichts von den Ereignissen mitbekommen.
     
    Genau das hätte ich auch gern behauptet. Und ein bisschen war es auch so. Ich hätte mich später auf einen Zustand der Trance berufen können, wenn auch einer hellwachenTrance. Hingebreitet wie der schlafende Faun auf dem mit Tüchern belegten Sessel, war ich unter dem Befehl des »Tue nichts!« in schwer erträglicher Spannung erstarrt. Eine winzige Berührung der Oberfläche genügte, um alles Leben entweichen zu lassen.
    »Du wartest auf mich«, befahl Kim.
    Das Warten war ein qualvolles Aalen

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