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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erkennen.
    Tom führte sie durch eine schmale Tür in einen weiteren, unerwartet
großen Raum, der momentan als improvisierter Kinosaal diente. Er ging langsamer
und erwartete vermutlich, dass sie stehen bleiben und im schwachen Streulicht
der Leinwand nach den Gesichtern ihrer angeblichen Tochter und ihres Begleiters
suchen würde. Aber sie ging ganz im Gegenteil sogar schneller und sah nicht
einmal hin. Hier drinnen war das Mädchen in Sicherheit. Der Vampir konnte kein
Publikum gebrauchen, wenigstens nicht während er seinem perversen Hobby
nachging. Hinterher, ja: So viel wie möglich.
    Tom öffnete eine weitere Tür und deutete auf eine rechteckige Linie
aus blassem Licht am Ende eines schäbigen Korridors, in dem eine so schwache
Glühbirne brannte, dass es vermutlich heller wurde,
wenn man sie ausschaltete: eine Tür nach draußen, die nicht ganz geschlossen
war, aber so verzogen in den Angeln hing, dass Tageslicht hereindrang. Conny
blieb nun doch stehen und warf Tom einen zweifelnden Blick zu. Falls er
versuchte, sie auf den Arm zu nehmen, würde er sich gleich wünschen, sie
niemals angesprochen zu haben. Tom eilte jedoch nur mit schnellen Schritten
weiter, riss die Tür auf und bedeutete ihr mit jetzt eindeutig ungeduldigen
Gesten, ihm zu folgen. Conny blinzelte in das ungewohnt helle Tageslicht und
hob schützend die Hand über das Gesicht.
    Während sie drinnen gewesen waren, musste es geregnet haben. Die
Luft roch feucht, und es war spürbar kälter geworden. Sie befanden sich auf
einer mit rissigem Beton bedeckten rechteckigen Fläche von den Abmessungen
eines kleinen Schulhofs, der von einem mehr als zwei Meter hohen
Maschendrahtzaun umgeben war.
    Ein Mauervorsprung war mit Graffiti besprüht. unheil stand in ungelenken Buchstaben darauf. Conny schüttelte die Gänsehaut
ab, die sie überkam.
    Â Ãœberall standen mit matschig
gewordenem Sand gefüllte Aschenbecher, und auf dem Boden lagen mindestens eine
Million Zigarettenkippen. Vielleicht ein Dutzend ausnahmslos jugendlicher
Gothic-Fans beiderlei Geschlechts standen in kleinen Gruppen herum und
rauchten. Pferdeschwanz und das Mädchen waren nicht dabei.
    Â»Das hier ist der Raucherraum?«, fragte sie zweifelnd.
    Â»Der Raucher bereich «, verbesserte sie Tom.
»Drinnen ist rauchen verboten. Der Zaun ist dafür da, dass niemand geht und
vergisst, sein Kärtchen zu bezahlen.«
    Â»Und einen anderen gibt es nicht?«
    Â»Selbst den hier haben sie erst eingerichtet, als ihnen die Gäste
wegzubleiben begannen«, entgegnete Tom. »Eine Gothic-Fete ohne Joints?
Unmöglich.«
    Conny sagte nichts, aber etwas an ihrer Reaktion musste ihn wohl
alarmiert haben, denn er hob hastig beide Hände und rettete sich in ein
verlegenes Grinsen. »War natürlich nur ein Scherz.«
    Â»Natürlich.«
    Â»Soll ich mich erkundigen, ob jemand die beiden gesehen hat?«
    Â»Warum nicht?« Wo sie schon einmal hier waren. Und wenn sie das
schon war, konnte sie die Gelegenheit auch gleich vernünftig nutzen. Während
sich Tom umdrehte und davoneilte, zog sie Zigaretten und Feuerzeug aus ihrer
Handtasche und nahm einen ersten, beinahe gierigen Zug, nach dem ihr prompt
schwindelig wurde. Trotzdem atmete sie den bitter schmeckenden Rauch gleich
noch einmal und tiefer ein, und diesmal blieb das Schwindelgefühl aus. Trotzdem
stellte sie fest, dass sie sich nicht besonders wohlfühlte, als sie in sich
hineinlauschte. Sie hatte kein Fieber, aber ein Gefühl, als hätte sie es, und
sie verspürte ein sonderbares Kribbeln im Magen, das nicht besonders angenehm
war. Vielleicht bekam ihr die schlechte Luft dort drinnen nicht, der Lärm und
das zuckende Licht und das Übermaß an Eindrücken, oder vielleicht war die
Erklärung auch viel simpler, und sie spürte die Vorboten einer Erkältung, die
sie sich eingefangen hatte und die schlichtweg ihre Entscheidungsfähigkeit
trübte.
    Tom kam zurück, als sie ihre Zigarette halb aufgeraucht hatte. »Hier
waren sie nicht. Jedenfalls nicht in den letzten zehn Minuten. Ich hab jeden
gefragt.«
    Das stimmte. Conny hatte ihn beobachtet und gesehen, dass er
tatsächlich jeden Einzelnen hier draußen angesprochen hatte. Sie hatte auch die
schrägen Blicke gesehen, mit denen sie etliche der gepiercten Paradiesvögel
hier draußen gemustert hatten. Dass sie behaupteten, sie nicht gesehen zu
haben,

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