Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können
Selbstkontrolle kann man automatisieren, wie wir gesehen haben. Man kann üben, Dinge so anzupacken, dass es nicht mehr weh tut. So wie ein Zimmermann lernt, die schweren Balken mit minimalem Kraftaufwand sicher zu halten, so können wir lernen, Versuchungen so anzupacken, dass sie ihre Wirkung auf uns verlieren. Auch hier gilt: Lassen Sie sich nicht zu sehr von Rückschlägen beeindrucken, die sind anfangs normal. Wer sein Leben lang keine Zurückhaltung beim Essen geübt hat (weil er es vielleicht bis zu einem bestimmten Alter auch gar nicht musste), der kann nicht erwarten, dass er von heute auf morgen völlig cool an einem Stück Frankfurter Kranz vorbeiläuft. Ein »Rückfall« ist dann ganz normal: Allerdings darf man ihn nicht so interpretieren, dass man kein Interesse mehr daran hätte, abzunehmen. Vielmehr sollte man sich sagen: »Das war Mist, ist aber menschlich!« Bedeutet: Erst einmal weiter versuchen, und wenn es wieder und wieder nicht glückt und Sie in ihrer Verzweiflung der Stadt Frankfurt einen Main-Tsunami nach dem anderen an den Hals wünschen, dann müssen andere Strategien her; ein Therapeut kann dabei helfen. 76
Sich die Folgen eines unerwünschten Verhaltens konkret vorzustellen und die Versuchungen möglichst abstrakt, unterstützt die Selbstkontrolle. Ebenso Versuchungen möglichst aus der Distanz zu betrachten, und, wenn es geht, mit Humor. Ist doch lustig, wie die Konditoreien versuchen, uns mit ihren glänzenden, süßen Fettbergen zum Kauf zu animieren. Ist doch spaßig, dass auf den Gummibären »kein Fett« steht (Kalorien pro Tüte: 800). Humor baut eine psychische Distanz auf. Nur wenn man sich die Folgen ausmalt, die es hat, wenn wir ständig süßen Versuchungen erliegen, dann sollte das fette Lachen ausbleiben.
Insgesamt hört sich Selbstkontrolle vor allem nach Stress an. Aber im Grunde ist die Fähigkeit zur Selbstkontrolle ein Geschenk und ein Bestandteil unseres täglichen Lebens. Um noch mal das biblische Bild des Paradieses zu bemühen: Viele kleine Akte der Disziplin ermöglichen uns einen erfolgreichen Verbleib im Garten vor unserem weißen Zimmer. Selbstkontrolle ermöglicht es uns, zu gestalten und nicht dauernd dem folgen zu müssen, was die Situation vorgibt. Sie ermöglicht es uns, uns wichtigeren Themen zu widmen. Sie ermöglicht es uns, gesund zu leben, zu lernen und friedlich miteinander umzugehen. Sie ermöglicht es uns, nach vorne zu sehen, wenn es uns gerade schlecht geht. Mit ihrer Hilfe können wir über unseren Schatten springen. Mit ihr können wir für andere da sein statt nur für uns selbst, mit ihr erweitern wir unseren Wirkungsbereich. Selbstkontrolle ermöglicht es uns, über uns selbst hinaus zu wachsen. Und so manchen missglückten Versuch sollten wir nicht überbewerten, sondern uns vielmehr die vielen Erfolge vor Augen halten. Auch eine übergewichtige Person kontrolliert sich ja fast ständig und erfolgreich, sie mag zum Beispiel ebenso gut lernen, ebenso wenig trinken oder genauso hehren Zielen folgen wie eine Hungerharke (die ihr Gewicht vor allem durch Rauchen hält). Die generelle Fähigkeit zur Selbstregulation wurde uns in die Wiege gelegt. Wenn wir in einem Bereich versagen, sollten wir uns vergegenwärtigen, dass jeder von uns die Fähigkeit zur Selbstregulation mitbringt, dies zeigt sich ja deutlich in den Bereichen, wo sie wirksam für uns wird. Allein diese Einsicht mag uns helfen, missglückte Versuche nicht als Zeichen mangelnder Kontrollmöglichkeiten zu begreifen. Generell stehen uns die Ressourcen zur Selbstkontrolle zur Verfügung; mit anderen Worten, wir können auch Bereiche angehen, die uns im Moment noch zu schaffen machen.
Das Ende vom Lied
Menschen sind Gestalter. Wir gestalten uns selbst, unser Leben und schreiben unsere eigene Geschichte. Wir sollten uns eine schöne Geschichte zurechtlegen. Natürlich ist niemandem geholfen, wenn wir uns dabei allein als Märchenonkel betätigen. Allerdings ist das andere Extrem, der ständig nach Wahrheit suchende Journalist, auch keine gute Idee, denn letztendlich besteht ein Leben nicht allein aus Fakten, sondern auch aus dem, was wir aus den Fakten machen. Lieber sollten wir uns einem Software-Entwickler gleich, im Abgleich mit der Realität, das beste Programm für unsere individuellen Bedürfnissen entwerfen. Dieser Entwickler schaut sich analytisch die Realität an, löst sich aber auch wieder von ihr, um das Unmögliche möglich zu machen. Er wechselt zwischen analytischen
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