Unsterblich 04 - Unsterblich wie der Morgen
fröhlicher Stimme begrüßt. »Ah, wie ich sehe, hast du die Littleton-Zwillinge mitgebracht. Es ist mir wie immer ein Vergnügen, die jungen Damen wiederzusehen!«
Die beiden brachen in Gekicher aus, und Lea konnte nur den Kopf schütteln.
»Wer ist heute alles gekommen?«, erkundigte sie sich, während sie an dem Gemälde Diana und ihre Nymphen vorbeiging, das der Dichter Robert Bürns für seinen Tea Room in Auftrag gegeben hatte. Zufälligerweise eins ihrer Lieblingsstücke.
»Ganz schön viele«, erwiderte Liam. »Mark von Jenners, Mrs. McDonald, John von der Uni, Sebastian, der Hotelgeist, George, der Duellant, die deutschen Brüder von Carlton Hill und Jenny vom Bahnhof.«
Zusammen mit den Littleton-Zwillingen machte das insgesamt elf Geister. Lea fragte sich stirnrunzelnd, was da wohl vor sich ging. Sie und die Geister der Stadt hatten sich vor einiger Zeit auf diese täglichen Treffen in der National Gallery geeinigt. Da sie täglich stattfanden, brauchten nicht alle auf einmal zu kommen - gewöhnlich waren es fünf bis sechs. Eigentlicher Zweck der Treffen war es, »Neuzugänge« willkommen zu heißen und ihnen zu helfen, soweit es in Leas Kräften stand. Die »alten« Stadtgeister brachten die Neuankömmlinge zu Lea, und Lea tat, was sie konnte, wenn das erwünscht war.
»Worum geht's denn, Liam? Hast du eine Ahnung?«
Liam schwieg, was Lea zu denken gab. Sie hatten mittlerweile den abgelegenen Saal erreicht, in dem die Treffen stattfanden.
»Er macht ein Gesicht, als ob er ein schlechtes Gewissen hätte«, bemerkte eine der Littleton-Schwestern.
»Was ist los?«, zischte Lea ihrem Freund zu. Doch schon drangen die Stimmen der versammelten Geister auf sie ein.
»Lea!«
»Da bist du ja!«
»Bist spät dran!«
Lea hob gebieterisch die Hand und ließ sich auf ein grünes Sofa sinken, das für Galeriebesucher an einer Wand stand. Sie stellte ihre schwere Fototasche ab.
»Wie ich höre, sind heute eine ganze Menge von euch gekommen.«
Da begannen alle auf einmal auf sie einzureden. Lea verstand kein Wort. Ein Mann kam gemächlich in den Saal geschlendert und bewunderte die Gemälde. Sie durfte nicht zu laut reden, sonst würde er sie für verrückt halten.
Lea hob erneut die Hand, und die Geister verstummten.
»Also gut«, flüsterte sie, um nicht von dem anderen Besucher gehört zu werden. »Ich weiß, ihr habt was auf dem Herzen. Also wählt einen Sprecher, und der soll mir dann sagen, um was es geht.«
Unverständliches Getuschel.
Dann: »Also, das ist so ...«
Lea war nicht überrascht, Liams Stimme zu hören. Die Geister wussten, dass er ihr bester Freund war. Verdammt, was könnten die nur von mir wollen?, überlegte sie. Hoffentlich nicht wieder so was Unmögliches wie beim letzten Mal.
Letztes Mal hatten sie von ihr verlangt, den größten Friedhof der Stadt für die Öffentlichkeit sperren zu lassen.
»Wir, das heißt einige von uns, würden gern einen Filmabend einrichten«, stieß Liam verlegen hervor.
Lea blinzelte verwirrt. »Einen Filmabend?«
»Genau.« Liam räusperte sich. »Weißt du, die Filme, die im Kino laufen ...«
»Ja, die sind einfach schrecklich«, rief eine Littleton-Schwester dazwischen. »Und in Häuser schleichen und den Leuten beim Fernsehen zuschauen ist auch nicht besser. Die gucken dauernd Big Brother oder endlose Wiederholungen von Friends oder ähnlichen Schwachsinn. Wir würden uns so gerne mal das anschauen, was uns gefällt!«
Lea begann allmählich ein Licht aufzugehen. Darauf wollten sie also hinaus ...
»Ihr wollt euch Filme anschauen. Bei mir zu Hause.«
»Ja.«
»Du hast es erfasst, meine Liebe.«
»Das wäre echt nett!«
Lea musste sich ein Grinsen verkneifen. Die Geister von Edinburgh wollten einen wöchentlichen Filmabend bei ihr veranstalten. Nun ja, das war nicht so schlimm. Es ließe sich einrichten ... Natürlich würde es Regeln geben, sie würde ihnen Grenzen setzen müssen.
»Also gut«, erklärte Lea. »Einmal pro Woche, okay? Und ich möchte eine Liste von allen Filmclub-Mitgliedern. Damit jeder mal entscheiden kann, welchen Film wir uns ausleihen.«
Allgemeines Jubeln und Klatschen.
»Du bist ein wirklich netter Mensch«, flüsterte Liam Lea ins Ohr.
»Und du bist ein abscheulicher Freund«, entgegnete sie.
»Hättest mich wirklich vorwarnen können.«
Liam lachte. »Wieso denn? Ich wusste, dass du nichts dagegen haben würdest. Außerdem' bin ich doch der beste Freund, den man haben kann!«
»Abscheulich und
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