Unsterblich 04 - Unsterblich wie der Morgen
in der Hand wieder auf. Wie war es bloß möglich, dass er jetzt, wo er mehr anhatte, noch besser aussah?
»Danke«, sagte Lea und nahm ihm die Tasche ab. Dabei streiften sich ihre Finger. Seine Hände waren kühl von der Dusche. Unwillkürlich stellte sie sich vor, wie gut sie sich auf ihrer überhitzten Haut anfühlen würden.
Definitiv Zeit zu gehen.
Sein Lächeln wurde breiter, und jetzt sahen seine Augen eher grau als blau aus. Lag das am Licht? Sein Blick war viel zu wissend...
»Möchten Sie auf einen Drink reinkommen?«
Er schien sich mit dieser Frage ebenso überrascht zu haben wie sie. Lea schüttelte sofort den Kopf - auch wenn sie sich dafür hätte ohrfeigen können. Sie wurde zunehmend nervös. Einfach lächerlich!
»Nein, aber trotzdem danke«, sagte sie und schenkte ihm ein letztes Lächeln. Dann wandte sie sich ab und ging.
Adam schloss die Tür vor dieser Vision im knappen schwarzen Cocktailkleid. Er war froh, dass sie seine Einladung abgelehnt hatte. Was war nur in ihn gefahren? Er war doch sonst nie leichtsinnig, wenn er in einer Mission unterwegs war - selbst wenn die Versuchung von einer Frau ausging, die so fantastisch aussah wie diese Besucherin. Gewöhnlich verhielt er sich viel vorsichtiger, weshalb er auch einer der besten Friedenshüter im House of Order war.
Er wandte sich von der Türe ab und ging ins Schlafzimmer, begleitet von ihrem betörenden Duft. Ein blumiger Duft. Jasmin? Adam lächelte. Ja, das musste es sein. Ein Nachtblüher. In vielen Kulturen galt sie als die Blume der Vampire. Nun, seine nächtliche Besucherin war definitiv keine von ihnen. Aber umwerfend, wie er sich eingestehen musste. Kurzes schwarzes Haar, von Expertenhand geschnitten, hellgrüne Augen, dichte schwarze Wimpern.
Ein Mund zum Küssen.
Verdammt.
Wenn er nicht dieses amüsierte Lächeln an ihr bemerkt hätte, dieses humorvolle Funkeln in ihren Augen, hätte er sich überhaupt nicht für sie interessiert. Er hatte in seinem langen Leben schon Hunderte von attraktiven menschlichen Frauen kennen gelernt und ging ihnen gewöhnlich aus dem Weg - aber so stark wie jetzt war die Versuchung noch nie gewesen.
Nein, Ablenkungen konnte er im Moment weiß Gott nicht gebrauchen. Adam gab sich einen Ruck und schlüpfte in ein schwarzes T-Shirt, das er aus seiner schwarzen Reisetasche fischte. Dann nahm er den schwarzen Samtbeutel, der auf seinem Bett lag, zur Hand, zog die Schnur auf und ließ den Inhalt in seine Handfläche fallen. Ein dicker goldener Anhänger mit rotfunkelnden Rubinen und weißen Diamanten: Feuer und Eis. Er hob den Anhänger an der Kette hoch und beobachtete, wie er sich im Licht drehte. Das goldene Medaillon ging mühelos auf. Darin steckte ein zusammengefaltetes Stück Papier.
Adam wusste, auch ohne das Papier auseinanderzufalten, dass er den Inhalt nicht würde lesen können - ein Vampir-Oberhaupt hatte den Brief vor über hundertfünfzig Jahren in osmanischem Türkisch an seine Frau geschrieben. Seine Aufgabe bestand lediglich darin, das Medaillon mit dem Brief sicher im House of Order abzuliefern.
Der erste Teil seiner Mission war gelungen: Er hatte das Medaillon aus dem Topkapi Palace Museum gestohlen.
Jetzt musste er es nur noch außer Landes schmuggeln.
Mit langen Schritten ging er ins Wohnzimmer der Suite, nahm das Telefon von der Aufladestation und wählte eine Nummer.
»Büro von Lord Bruce. Was kann ich für Sie tun?«
Seine Mundwinkel zuckten. »Müssen Sie ihn denn immer Lord Bruce nennen?«
»Ach, Sie sind's, Mr. Adam!«
Adam konnte das Lächeln am anderen Ende der Leitung fast sehen. Sybil, Lord William Bruces Bollwerk von Sekretärin, war eine ungeheuer gut gelaunte Person. Sie war so gut gelaunt, dass keiner mit dem Tornado rechnete, der über einen kam, wenn man einen Fehler beging. Nicht, dass Adam je eine der gefürchteten Standpauken von Sybil erhalten hätte. Immerhin war er ihr erklärter Liebling.
Und er machte nie Fehler.
»Miss Sybil, es ist mir wie immer ein Vergnügen, Ihre reizende Stimme zu hören.«
»Sie Charmeur! Aber warten Sie, sind Sie nicht irgendwo im Nahen Osten? Da muss es doch schon furchtbar spät sein!«
»Ist es auch«, sagte Adam mit einem Blick auf seine Uhr.
»Aber ich hab's eilig. Könnte ich William sprechen?«
»Nun ja, er ist zwar gerade in einer Konferenz, aber ich bin sicher, für Sie macht er eine Ausnahme! Momentchen, Mr. Adam!«
Nur wenige Sekunden später dröhnte Williams besorgte Stimme durchs Telefon. »Was ist
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