Unsterblich 04 - Unsterblich wie der Morgen
ernst. »Ich sehe, du machst dir Sorgen, Adam, aber das ist unnötig. Sie hat sich bereit erklärt, die Transformation zu vollziehen.«
»Sie will eine von uns werden?«, fragte Adam erleichtert. Ihm fiel ein Stein vom Herzen. Plötzlich war ihm Victoria gleich viel sympathischer. Cem und Victoria waren ein Ehepaar, da schien es nur logisch, dass auch sie Vampir werden wollte, um das lange Leben ihres Mannes zu teilen ... aber nicht alle Menschen sahen das so. Helenas Mann zum Beispiel hatte sich geweigert, so zu werden wie seine Frau.
Lord William Bruce hatte die Formel vor über hundert Jahren entdeckt, dennoch waren Transformationen auch heute noch sehr selten. Die Clanoberhäupter hatten ihre Anwendung erst genehmigt, nachdem entsprechende Gesetze ausgearbeitet worden waren. Man wollte vermeiden, dass Menschen gegen ihren Willen transformiert wurden, dass die Formel womöglich in die falschen Hände geriet.
Trotzdem gab es viele, die fanden, dass die Formel vernichtet werden sollte, aber die Oberhäupter hatten am Ende entschieden, Transformationen - unter strengen Auflagen - zuzulassen. Ein Vampir durfte in seinem langen Leben nur einen einzigen Menschen transformieren - um dem Verlust der Lebensfreude und damit einem möglichen Selbstmord entgegenzuwirken.
Und es schien zu funktionieren, zumindest bei einigen.
Aber die Bedingungen, unter denen die Transformation stattfand, hielten viele Menschen davon ab, sie am Ende zu vollziehen, selbst wenn eine Genehmigung vorlag. Vorschrift war der Besuch eines siebenwöchigen Seminars im House of Order, in dem der Bewerber Gesetze büffeln und die Geschichte der Vampire lernen musste. Und natürlich auch erfuhr, wie der Prozess der Transformation vonstatten ging.
Es gab am Ende viele Aussteiger. Die einen schreckten davor zurück, sich künftig von Blut ernähren zu müssen, die anderen wollten sich nicht den strengen Vampirgesetzen unterwerfen, aber die meisten fürchteten sich vor der Transformation selbst, einem äußerst schmerzhaften Prozess, der den Austausch von Blut erforderte. Jene, die es überstanden hatten, erzählten, es sei, als würde man bei lebendigem Leibe verbrannt werden.
»Sie wird eine von uns werden.« Cem nickte und leerte sein Glas. Seine Pupillen wurden einen Moment lang kohlschwarz, dann blinzelte er, und die Blutlust verging wieder. »Ich weiß, ich sollte mich freuen, aber, Adam, ich weiß nicht, wie ich es ertragen soll. Sie wird fürchterliche Schmerzen erleiden ... Wie kann ich das zulassen?«
Der erste Instinkt eines Vampirs war es, seinen Partner vor Schmerzen und Kummer jeder Art zu bewahren.
Adam wusste, so sehr Victoria auch leiden würde, für Cem würde es doppelt so schlimm werden - weil er nichts tun konnte, um ihr zu helfen.
»Es dauert ja nicht lange«, versuchte Adam seinen Freund zu beruhigen. »Und dann kannst du es dein Leben lang wiedergutmachen.«
Der Blick, mit dem Cem ihn nun ansah, bereitete Adam Unbehagen. Er kannte diesen Blick: das, was jetzt kam, würde ihm wahrscheinlich gar nicht gefallen.
»Du bist mein bester Freund«, begann Cem. »Meine Eltern sind tot. Meine Schwester ebenfalls. Ich vertraue keinem so wie dir.«
Adams Handflächen wurden feucht, und er merkte, wie nervös er auf einmal war. Das würde schlimmer werden, als er gedacht hatte. »Und du bist mein bester Freund, Cem.«
Cem nickte. »Gut. Dann hast du doch sicher nichts dagegen, dabei zu sein? Falls ich im wichtigsten Moment meines Lebens versagen sollte?«
»Was?!«
Cem packte Adams Arm und schaute ihn flehend an.
»Ich bitte dich, du musst dabei sein, wenn ich Victoria transformiere. Ich brauche dich, falls ...«
Bei der Transformation dabei sein? Wenn Cem ihre Schmerzen nicht länger ertragen konnte, musste Adam übernehmen, musste er ihr sein Blut zu trinken geben. Verdammt!. Jeder Instinkt, den Adam besaß, riet ihm, das Ganze abzulehnen, aber das brachte er einfach nicht übers Herz.
Er konnte nicht nein sagen. »Aber wenn ich ihr schon mein Blut geben soll, dann will ich sie wenigstens vorher kennen lernen«, sagte er schließlich mit einem schiefen Grinsen.
»Hmm«, murmelte Cem, »das haut mich doch ein bisschen um.«
Adam spähte über die Schulter seines Freundes und konnte ihm nur zustimmen. Was er bisher vom Haus gesehen hatte, war nicht ungewöhnlich für einen wohlhabenden Mann: herrliche alte Kamine, glänzende Möbel, dicke Teppiche, kostbare Gemälde und die typischen hohen Decken von Stadthäusern im
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