Unter dem Schwertmond
»Wahrscheinlich ist er umgekommen. Aber damit sollte keiner von uns fest rechnen. Was, beim Morgenlicht, hast du in diesem Becher zusammengerührt?«
»Einige Kräuter und ein paar Tropfen, die ich in Sarphand gekauft habe. Es hilft, ja?«
»Es macht mich um Jahre jünger und um vieles stärker«, bestätigte Luxon grimmig. »Ich bin traurig.«
»Verständlich«, gab Hodjaf zurück und schlug seine Kapuze in den Nacken. Mit seinen dunklen Habichtsaugen musterte er, als sähe er ihn zum erstenmal, seinen neuen Verbündeten. »Aber vielleicht wird deine Trauer etwas geringer, wenn du erfährst, dass mir etwa fünfmal hundert Rebellen gehorchen. Einen Teil sahst du in der Nacht, ein kleiner Rest wird die Karawane begleiten.«
»Warum die Sinnesänderung, Hodjaf?« erkundigte sich Luxon und gab den leeren Becher zurück. Um die beiden Anführer hatten sich ein dichter Kreis von Zuhörern gebildet.
»Ich habe es bereits angedeutet. Ich glaube dem alten Mann, der für seine Botschaft gestorben ist. Du bist der rechtmäßige Shallad, und Hadamur ist ein Betrüger. Helfe ich dir jetzt, wirst du mir helfen – und meine Männer sind nicht mehr länger Rebellen! Wenn ich mit meinen Boten die Wahrheit verbreite, wird dein Name hochgeschätzt werden. Viele Tausende von Orhakoreitern und viele andere Menschen werden dir helfen, mit dir kämpfen und, wenn es sein muss, für dich sterben, Luxon.«
»Vom Tod und vom Sterben habe ich mehr als genug«, versicherte Luxon. »Und ich bitte dich dringend, kein Wort weiterzusagen von dem, was du weißt.«
»Ich verstehe nicht«, tat Hodjaf unglaubwürdig, »was meinst du?«
Er war mittelgroß, gedrungen, aber mit einem mehr sehnigen als fetten Körper. Seine Hände waren braun gebrannt und voller Altersflecken. Die Nägel, unter denen Sand haftete, zeigten, dass er sich nicht schonte. Sie waren abgesplittert und zerbrochen. Ein stoppeliger Bart wucherte auf seinem. Gesicht. Sein Haar war stark gelichtet und ebenso schwarz und grau wie sein Bart, der um das Kinn wucherte. Die Augen beherrschten das Gesicht; sie waren schnell, scharf, und tatsächlich wirkten sie wie Raubvogelaugen.
»Ich meine, du sollst nicht laut verkünden, dass ich, Luxon, aufgebrochen bin, um den Shallad Hadamur zu stürzen. Mit diesen wenigen Männern und selbst mit deiner Unterstützung würden wir es niemals schaffen. Schweige also, Hodjaf.«
»Du hast recht. Der Shallad würde an jenem Punkt des Shalladad eine gnadenlose Hetzjagd nach dir beginnen lassen!«
»Das denke ich auch. Nein, ich bin dessen sicher!« Luxon stand auf und spürte, dass die Schwäche in seinem Körper nachgelassen hatte. Sein Verstand klärte sich wieder. Er war jetzt in der Lage, die Erlebnisse der Nacht richtig einzuordnen.
»Was hast du vor, Luxon? Wohin geht deine Karawane?«
»Wir suchen den besten Weg nach Logghard«, gab er zurück. »Noch einen Becher dieses dämonischen Tees, Kalathee?«
»Es ist noch genug da. Den Rest trinkt Socorra!«
»Logghard?« brummte der Rebellenanführer. »Es ist ein weiter und beschwerlicher Weg nach Logghard! Was willst du dort? Der Shallad ist längst nicht mehr in Logghard.«
Luxon spannte seine Muskeln und fühlte zahllose Stellen seiner Haut. Sie waren aufgeschürft, blau geschlagen und zerschnitten. Einige Wunden begannen jetzt zu schmerzen. »Logghard ist der siebente Stützpunkt des Lichtboten«, erklärte Luxon mit fester Stimme. »Dort werde ich zu holen versuchen, was ich noch finde. Ich habe allerdings genaue Vorstellungen davon, was ich finden werde. Erst dann, nachdem ich im Besitz aller Kostbarkeiten bin, werde ich den Kampf gegen den Shallad aufnehmen können.«
»Entweder bist du der größte Narr…«, begann Hodjaf, dann aber schüttelte er den Kopf und sagte fast voller Ehrfurcht: »Nein. Du bist kein Narr. Ich habe dich zweimal kämpfen sehen. Du bist tapfer und voller Mut. So mutig, wie es sich für den Sohn des echten Shallad geziemt. Ich bin sicher, dass dein Name eingehen wird unter die Namen, mit denen wir die Helden bezeichnen. Du hast meine volle Unterstützung, Luxon.«
Der Blick, den Hodjaf Luxon zuwarf, ließ erkennen, dass er ihn tatsächlich für einen Helden hielt. Er wusste am besten, wie gefährlich die Reise nach Logghard war, gleichgültig ob für einen einzelnen oder für eine Karawane. Die Straßen führten durch gefährliche Gebiete, und die Vogelreiter des Shallad vergrößerten durch ihre Willkür diese Gefahren noch zusätzlich.
»Ich werde
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