Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi
müssen. Dann wäre das gestern vielleicht nie geschehen. Nicht auszudenken, wenn Sie und Fran und selbst Zemlinsky …“
„Und warum geben Sie die Bilder jetzt mir?“
Tina Bogner sieht mich nachdenklich an. „Ich will, dass sie sicher veröffentlicht werden. Ich will, dass sie alle sehen. Dieser Zuckerbrot scheint ganz in Ordnung zu sein, aber ich misstraue dem Polizeiapparat. Auch da gibt es Verflechtungen …“ Sie versucht ein Lächeln. „Wahrscheinlich spinne ich schon.“
„Ich verspreche, alle werden die Fotos sehen können.“ Ich habe eine Idee. Und die gefällt auch Tina Bogner.
Wenig später sendet das „Magazin“ eine Information über den Online-Pressedienst aus:
„Die Recherchen über die Hintergründe zur Explosion in der Gasstation Pointenbrunn gehen weiter. Dem ‚Magazin‘ liegt ein Foto vor, auf dem ‚Pure Energy‘-Connecting Manager Drago Stepanovic einem Verbindungsmann Sprengstoff übergibt. Dieser Sprengstoff, auch dafür gibt es Beweise, wurde heimlich bei ‚PRO!‘ zwischengelagert und dann für Anschläge gegen Energieeinrichtungen verwendet. Selbstverständlich hat das ‚Magazin‘ das Beweismaterial sofort an die Polizeibehörden übergeben.“
Eine halbe Stunde, bevor diese Meldung hinausgeht, höre ich mir von Zuckerbrot an, dass er mich jedenfalls bald verhaften werde, dass es unzumutbar sei, was ich mit den Polizeibehörden aufführe, und dass ich mit meinen Alleingängen überhaupt eine Plage für die ganze Menschheit sei.
„Fast wäre mich die Menschheit ohnehin losgeworden“, sage ich ohne irgendein Zittern in der Stimme. Zuckerbrots Wutausbruch macht mich nahezu fröhlich. Ich glaube, ich habe diesmal alles richtig gemacht. „Sie haben nicht mehr viel Zeit, Stepanovic zu verhaften. Wenn er von der Meldung Wind bekommt, ist er weg.“
Zuckerbrot sieht mich verwirrt an. Sein Gesicht ist sonnengebräunt. Vielleicht wäre Segeln eine wunderbare Abwechslung. Nein, Mira. Viel zu anstrengend. Was du brauchst, ist gutes Essen, angenehme Gesellschaft, Ruhe. Der Leiter der Sonderkommission stürzt auf mich zu. Dreht er jetzt durch? Ich ducke mich, er packt mich trotzdem. Und umarmt mich ganz fest. „Wäre vielleicht irgendwie doch schade gewesen für die Menschheit“, murmelt er, zieht sich dann wieder zurück und zupft an seiner prähistorischen Strickjacke.
Noch am selben Tag lässt „Pure Energy“ seinen Connection Manager fallen. In einer Presseaussendung gesteht Carlo, bei dem ersten Anschlag auf die Gasleitung in der Nähe von Sonnendorf dabei gewesen zu sein. Er sei in der Sicherheitsabteilung von „Pure Energy“ direkt Stepanovic unterstellt gewesen und dieser habe ihn dazu gezwungen. Danach habe er einige im Umfeld von „PRO!“ und „Cybersolar“ motiviert, Energieeinrichtungen zu beschädigen. Das mit der Puppe am Hochspannungsmast habe er als bösen Witz verstanden, laut Stepanovic wollte man Gruber einen Schreck einjagen. Und das schien ja auch funktioniert zu haben, Gruber sei plötzlich weg gewesen. Nie wäre er auf die Idee gekommen, dass er tot sei. Und was die große Explosion angehe, so sei sie ebenfalls von Stepanovic geplant worden. Gemeinsam mit Männern aus der Slowakei, die er vorher nie gesehen habe, hätten sie sich aufs Gelände geschlichen, später Feuerwehruniformen angezogen und die Explosionskörper gezündet. Das Ganze sollte „PRO!“ dann in die Schuhe geschoben werden. Er habe bis zum Schluss geglaubt, dass es sich bloß um Feuerwerksraketen handeln würde.
„Pure Energy“-Manager Hohenfels gibt sich entsetzt und verspricht, alles, was in seiner Macht stehe, zur Aufklärung dieser „schrecklichen Verbrechen“ beizutragen. Was denn das Motiv von Stepanovic gewesen sein könnte, wird er gefragt. „Ich habe nicht die geringste Ahnung. Es gab in letzter Zeit Hinweise, dass in islamistischen Terrorcamps über Angriffe auf Pipelines nachgedacht wird. Ich lehne jede Form des Extremismus ab.“
Und „Pure Energy International“ lässt ausrichten: „Durch Drago Stepanovic ist dem Unternehmen, das sichere Energieversorgung als Teil eines weltumspannenden Friedenskonzepts sieht, großer Schaden entstanden.“
Es ist Samstag. Ich sitze mit Carmen auf der Terrasse von Valentins Villa. Er hat uns alle zum Brunch gebeten. Plötzlich ist das Wetter wieder so schön, als hätte es den Kaltlufteinbruch nie gegeben. Jana und er richten an, was die Cateringfirma geliefert hat. Fran muss Vesna dringend sein neues Computerprogramm
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