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Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi

Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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lassen wollten. Es hätte ihnen klar sein müssen, dass das Material Beweismittel in einem laufenden Verfahren sein kann. Und den Aktivisten, der schwer verletzt im Krankenhaus liegt, klagt man zumindest wegen Sachbeschädigung, vielleicht auch wegen Gemeingefährdung an. Der Vorwurf der Bildung einer terroristischen Vereinigung wird fallen gelassen, hat mir Zuckerbrot erzählt. Es sei gar nicht so einfach gewesen, die Staatsanwaltschaft davon zu überzeugen. Werden sie alle bestraft, während Stepanovic davonkommt? Es wird gegen ihn ermittelt, wenn auch auf freiem Fuß. „Wir müssen uns erst etwas mehr Überblick verschaffen“, hat Zuckerbrot gestöhnt, als ich ihn gefragt habe, warum der Connecting Manager nicht längst in Untersuchungshaft sitze. „Außerdem sieht es nicht so aus, als ob er fliehen möchte. Dann wäre er nämlich schon lange fort.“ Ich bin mir da nicht so sicher. Wenn es eng wird, kann er noch immer über die Grenze zu seinen Freunden in der Slowakei. Und von dort weiter nach Russland. Aber vielleicht ist China ein viel besseres Land, um sich zu verstecken.
    Ich sitze in der Redaktion, die druckfrische Ausgabe des „Magazin“ vor mir. Meine linke Hand schmerzt immer noch, ich habe sie mir in der Lagerhalle an irgendetwas aufgerissen. Sie wird heilen. Was den Fall angeht, kann ich nicht mehr viel tun. Der Rest ist Sache der Polizei. Ich sollte schlafen, lange schlafen. Und dann mit Oskar verreisen.
    Telefon. Ich sehe gar nicht aufs Display. „Ja?“
    „Tina Bogner. Geht es Ihnen gut? Können Sie herkommen?“
    Ich seufze. Ich habe keine Lust. Ich bin froh, dass sie nichts mit den Anschlägen zu tun hatte. Was die Ideen von „PRO!“ angeht, so bin ich zwar nicht so enthusiastisch wie Fran und Jana, aber ich mag die Vorstellung, dass Energie vor Ort erzeugt wird, dass wir auch Wind und Sonne nutzen.
    „Ich habe vielleicht etwas für Sie.“
    Ich weiß nicht, warum ich mich ins Auto setze und wieder einmal nach Sonnendorf fahre. Vielleicht, weil mir noch ein kleines Puzzleteilchen fehlt. Warum hat sie sich in Frankfurt mit Zemlinsky getroffen? Die Sprecherin von „PRO!“ wartet bereits am Parkplatz auf mich. Sie geht auf und ab und scheint nichts von ihrer Energie verloren zu haben. – Könnte sie mir bitte ein wenig davon abgeben?
    „Ich weiß nicht, was Sie mit dieser Information machen werden. Sie haben uns in Ihren Reportagen fair behandelt. Und ich halte es nicht aus, dass Stepanovic ungeschoren davonkommt.“ Sie streicht energisch ihre halblangen dunklen Haare zurück. „Sie haben geschrieben, dass Zemlinsky in Frankfurt nicht nur bei ‚Pure Energy‘ war, sondern auch noch andere interessante Kontakte hatte: Ich weiß nicht, woher Sie das haben. Aber ich nehme an, Sie meinen mein Treffen mit ihm.“
    Sieh an, jetzt wird es doch noch interessant. Ich brauche sie gar nicht danach zu fragen. Sie will freiwillig erzählen. Ich nicke. „Sie waren mit Zemlinsky in einem griechischen Kellerlokal. Es soll ein freundschaftliches Gespräch gewesen sein.“
    „Ich habe mich bemüht“, stellt die Sprecherin von „PRO!“ trocken fest. „Ich wollte etwas von ihm. Und ich hatte ein Druckmittel, über das ich es vielleicht hätte bekommen können.“
    Hinter dem Parkplatz sehe ich die Berge mit Hackschnitzeln. Der Baggerfahrer Toni lädt seine große Schaufel voll und fährt damit in Richtung der Förderanlage. „Was wollten Sie von ihm?“
    „Seine Unterstützung bei unserer Kampagne natürlich.“
    „Aber er ist von ‚Pure Energy‘ gekauft, das haben Sie doch selbst behauptet“, entgegne ich.
    „Klar. Bloß: Ich habe da zwei Fotos …“ Sie fährt in die große Seitentasche ihrer Strickjacke. Es ist noch immer viel zu kalt für Anfang Oktober. Sie holt das erste Bild heraus. Es zeigt einen Karton mit Sonnenaufklebern von „PRO!“ – was soll das?
    „Sehen Sie genau hin! Da, auf der Seite, das, was wie Papierrollen aussieht: Es sind Sprengladungen.“
    „Und wie …“
    „Carlo, der den Sprengstoff besorgt hat. Er hat immer wieder Sonnenaufkleber abgeholt. Er ist mir nicht im Geringsten verdächtig vorgekommen. Wir verlangen ja kein polizeiliches Führungszeugnis, wenn uns einer helfen möchte. Es ist zehn Tage her, da habe ich Sonnenpickerl gebraucht, im Büro gab es keine mehr. Also habe ich im Lager nachgesehen. Da waren zwei Schachteln, die Carlo schon für den nächsten Tag fertig gemacht und zugeklebt hatte. Die Adressen der Bestimmungsorte standen drauf. Ich habe

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