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Unternehmen CORE

Unternehmen CORE

Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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kleine Sternchen, so weit er sehen konnte. Leidy war überrascht, als sich eine heiße Träne löste und von seiner Nase tropfte.
    Er rollte über, setzte sich auf und zitterte in der dämmrigen Welt vor dem Sonnenaufgang.
    Die Ziegen waren weit weg in der mondbeschienenen nackten Felsenlandschaft. Leidy betastete sich und stellte fest, daß er seine Brieftasche noch besaß. Und seine Uhr, obwohl ihr Glas zerkratzt war. Und beide Sandalen.
    Er war erschöpft. Er stand auf, ihn schwindelte, dennoch machte er sich auf den Weg, bis er weit oben auf dem Abhang auf eine flache, vom Wind geformte Höhle stieß. Zitternd rollte er sich in ihrer gespeicherten Wärme zusammen.
    Leidy schlief, vor dem Himmel geschützt, den ganzen Tag.
     
    Die Kälte weckte ihn kurz nach Sonnenuntergang. Die Höhle, in der er lag, war aus einer Lage schwarzen Gesteins herausmodelliert, die zwischen zwei Schieferschichten lag. Mit einer Hand strich er über die kühle Oberfläche. Sie lag im Halbschatten der Dämmerung, sanft gerundet, als ob sie seit Jahrmillionen auf ihn gewartet hätte. Als ob sie ihn zu sich hingezogen hätte.
    Er rieb sich die Knöchel und ergriff einen Schieferbrocken von der Größe eines Baseballs. So fest er konnte, schleuderte er ihn gegen die Steinplatte. Einige poröse Teilchen lösten sich. Er durchsuchte sie, dann begann er wieder zu klopfen. Das war kein Felsen, den man mit dem Fingernagel verformen konnte. Das war ein Felsen, den die Geologen als »kompetent« bezeichnen.
    Die Steinplatte stammte aus dem kohlenstoffreichen urzeitlichen Meeresboden; sie hatte eine fabelhafte Reise durch den Erdmantel hinter sich und war wieder nach oben gestiegen. Nicht so schnell wie vulkanischer Kimberlite, aber – Leidy hielt erneut inne und durchsuchte die Gesteinsstücke – schnell genug, wie er aus dem Aussehen eines einzelnen schwarzen Kristalls schloß, den er gerade abgeschlagen hatte.
    Er zerrieb die amorphe schwarze Kruste des Kristalls und erblickte im Sternenlicht den öligen Schein eines Rohdiamanten.
     
    Der Mond stand bereits hoch, als Leidy, den Bergzügen folgend, zu seinem Land Rover zurückkam. Der Mercedes-Laster war neben ihm geparkt, der Ort war jedoch verlassen, als seien alle von Dschinns fortgeholt worden. Leidy sammelte seine Koffer vom Boden auf, suchte seine Werkzeuge, Benzin- und Wasserkanister, Ferngläser, alles, was sie herausgenommen hatten, und verstaute es dort, wo es ursprünglich gewesen war. Er warf einen Blick in die Führerkabine des Lasters und fand seine Büchertasche und Karten.
    In einem fadenscheinigen braunen Papierumschlag unter dem Beifahrersitz entdeckte er ein maschinengeschriebenes Blatt Papier. Er erkannte den Briefkopf der Royal Moroccan Mineral Company. An die Seite angeheftet war eine Fotokopie von Leidys Reisepaß, die Seite mit seinem Foto.
    Leidy blickte zum Wadi hinüber, zu dem er sich vor mehr als dreißig Stunden aufgemacht hatte und wohin ihm die Männer gefolgt waren. Sie konnten nicht immer noch dort auf ihn warten. Wo aber waren sie?
    Er fand seine Taschenlampe und inspizierte den Motor des Land Rovers; er schien unbeschädigt. Er schlug die Motorhaube zu, stieß mit dem Fuß gegen die Räder, stieg ein und startete den Motor. Wenn er nicht überhitzte, schien alles in Ordnung zu sein. Er schaltete den Vierrad-Antrieb ein. Statt zur Schnellstraße und zum Dorf zurückzukehren, woher er gekommen war, fuhr er nach Norden. Mit einigem Glück würde ihn der Pfad über den Paß führen.
     
    Fünf Stunden später traf er auf eine befestigte Straße. Das Thermometer log; die Maschine lief, ohne zu überhitzen, obwohl sich die Nadel im roten Bereich befand. Er fuhr den ganzen Tag weiter.
    Dick lag der Schnee auf den Spitzen des Hohen Atlas, die Außentemperatur war nahe dem Gefrierpunkt. Die Schnellstraße war eine kurvenreiche zweispurige Teerstraße, die häufig von rotbraunem schlammigen Morast überzogen war. Hier oben, weit entfernt von den Küstenebenen, drängten sich auf den Felsplateaus über den terrassierten Abhängen die Lehmdörfer der Berber. Sie hätten Pueblos im Südwesten der USA sein können, nur besaßen sie keine runden Kivas, die sich in die Erde hinein öffneten; statt dessen besaß jedes Dorf ein Stein- und Lehmminarett, das himmelwärts zeigte.
    Kurz nach Anbruch der Nacht kam er zu einer Ansammlung roter Steinhäuser, die dicht aufeinander saßen und sich kaum von den Felsen, an denen sie klebten, unterscheiden ließen. Die Säulen der

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