Unternehmen Hongkong
ändern, dann wissen Sie ja, wo Sie mich
erreichen können. Ich hoffe, Sie werden es sich noch überlegen, Mr. Kane. Sie
gehören für mich zum Lokalkolorit — ich würde Sie vermissen, wenn Sie von der
Bildfläche verschwinden sollten. Guten Morgen. Ich finde schon allein hinaus .«
»Guten Morgen, Inspektor«,
sagte ich. »Ich habe die Absicht, mir meine Rolle als lokale Attraktion noch
lange nicht nehmen zu lassen .«
Eine halbe Stunde später traf
Charlie mit Leung Kwan ein. Leung war ein Fischer, der in Hongkong geboren war,
doch seine Vorfahren kamen aus dem Norden Chinas, wo die hochgewachsenen
Chinesen zu Hause sind. Er war etwas über einsachtzig groß und kräftig gebaut. Er hatte zwar die Intelligenz nicht gerade gepachtet,
dafür war er ein ausgezeichneter Seemann und ein schlechter Fischer. Das lag in
erster Linie daran, daß er nicht viel zum Fischen kam. Seine Dschunke wurde im allgemeinen auf Anweisung des Eigentümers für andere Aufgaben
als den Fischfang benutzt. Und der Eigentümer war zufällig ich, Andy Kane.
»Steht eine Reise bevor, Mr.
Kane ?« fragte er.
»Ja«, bestätigte ich. »Ich
möchte, daß Sie jederzeit startbereit sind .«
»Wohin geht es diesmal ?«
»In die Kwan-Po-Bucht.«
»Ich werde bereit sein .«
»Es ist streng geheim, Leung .«
»Es ist immer streng geheim,
Mr. Kane .«
»Aber diesmal ganz besonders«,
betonte ich. »Wenn nicht...« Ich fuhr mir mit der Handkante quer über den Hals.
»Bereiten Sie alles vor, so daß wir morgen segeln könnten, wenn es sich
ergibt«, befahl ich. »Der genaue Zeitpunkt steht zwar noch nicht fest, aber Sie
müssen bereit sein. Bringen Sie Proviant an Bord, der für vier Leute zwei
Wochen reicht. Charlie wird dafür sorgen, daß alles geliefert wird .«
»Ja, Mr. Kane.« Er neigte
leicht den Kopf. »Wie Sie wünschen .«
»Charlie fährt Sie zurück .«
»Ich muß jetzt nach Wanchai «, erklärte er, »eine Cousine besuchen .«
Charlie grinste breit und sah
mich an. Ich tat, als bemerkte ich es nicht. In Wanchai besucht man ein Mädchen, aber keinen Verwandten, und es kostet Geld.
»In Ordnung, Leung«, sagte ich
feierlich. »Grüßen Sie sie von mir .«
Nachdem er gegangen war, kam
Charlie zurück ins Wohnzimmer.
»Sieh nach, ob unsere
Tauchausrüstung in Ordnung ist«, ordnete ich an. »Beide Anzüge müssen brauchbar
sein. Außerdem brauchen wir ein paar Extrabehälter mit komprimierter Luft.
Bring die Ausrüstungen auf die Dschunke .«
»Ja, Chef«, sagte Charlie.
»Fährt Charlie auch mit, Chef ?«
»Ich glaube nicht«, erwiderte
ich. »Du wirst mir verschiedenes andere erledigen müssen .«
»Ja, Chef.« Er lächelte voller
Verlegenheit.
»Du bist zu wertvoll, Charlie«,
erklärte ich. »Ich möchte, daß du hierbleibst und auf den Wagen achtgibst .«
»Ja, Chef.« Diesmal kam sein
Grinsen von Herzen.
Ich nahm ihm das Glas mit dem
Drink aus der Hand.
»Ich glaube, wenn ich den
getrunken habe, geh’ ich wieder ins Bett. Ruf noch einmal bei Miss Dove an und
versuche es so lange, bis du sie erreichst. Sag ihr, daß ich sie heute abend um halb zehn auf dem
Dachgarten treffen möchte. Wenn du sie bis sieben nicht erreicht hast, dann
weck mich auf. Sonst brauchst du mich erst um acht zu wecken .«
»Ja, Chef.«
»Und, Charlie.«
»Ja, Chef?«
»Reinige die Breda !«
Charlies Grinsen erlosch.
»Das Sie auch mitnehmen, Chef ?«
»Wahrscheinlich.«
»Chef, das Maschinengewehr kann
viele Menschen töten .«
»Das ist ja sein Zweck«,
erwiderte ich.
3
Punkt halb zehn setzte ich mich
an einen Tisch beim Geländer des Dachgartens und bestellte meinen ersten Drink.
Am Himmel stand wieder der unwahrscheinlich gelbe Mond, und von der Straße, die
tief unter mir lag, drangen gedämpftes Stimmengewirr und das Klappern der
Sandalen auf dem Bürgersteig zu mir herauf.
Es wurde zehn Uhr, und nirgends
war eine Spur von Natalie Dove zu sehen. Charlie hatte mir versichert, daß er
sie gesprochen habe und sie meinem Vorschlag, uns um halb zehn auf dem
Dachgarten zu treffen, zugestimmt habe. Ich kam gar nicht dazu, mir ihretwegen
großes Kopfzerbrechen zu machen, weil Wong plötzlich auftauchte, ein
strahlendes Lächeln auf seinem breiten Gesicht.
»Guten Abend, Andy«, begrüßte
er mich mit milder Stimme. »Sie haben mich heute morgen nicht angerufen .«
»Tut mir leid«, erwiderte ich.
»Ich hatte mit der Polizei zu tun. Haben Sie gehört, was sich heute nacht in meiner Wohnung abgespielt hat ?«
»Eine
Weitere Kostenlose Bücher