Unternehmen Hongkong
blickte mich forschend an,
»Gut, das werde ich tun. Dieser Carter, der natürlich ermordet wurde, bevor er
Ihnen etwas davon sagen konnte, wollte Ihnen das gleiche Angebot machen. Sie
würden mich enttäuschen, Mr. Kane, wenn Sie eines dieser Angebote annehmen
sollten .«
»Warum?«
»Hongkong ist der Umschlagplatz
Chinas. Fast jede Ware, die aus China stammt und dem Westen geliefert wird,
geht über diese Insel. In einigen Fällen ganz legal, in den meisten jedoch
illegal. Sie selbst haben beträchtliche Mengen rübergebracht. Der Schmuggel ist
die zweitwichtigste Industrie der Kolonie, Mr. Kane. Aber das brauche ich Ihnen
ja nicht zu sagen .«
»Wenn Sie so viel über mich
wissen, warum haben Sie mich dann noch nicht abgeschoben ?«
Er zuckte die Achseln. »Ihre Transaktionen
zeichneten sich durch besonderes Geschick aus, Mr. Kane. Es wäre schwierig
gewesen, das Beweismaterial herbeizuschaffen, das wir gegen Sie gebraucht
hätten. Ich sage schwierig — nicht unmöglich. Zwischen den beiden Worten
besteht ein Unterschied .«
»Das alles ist noch immer Ihre
Theorie, Inspektor .«
»Eine Reihe von Waren sind
durch Ihre Hände gegangen, Mr. Kane«, fuhr er kühl fort. »Edelsteine,
Goldbarren, Jade, Antiquitäten und Menschen. Aber Sie haben niemals Rauschgift
geschmuggelt! Ich sähe es nicht gern, wenn Sie von diesem Weg abwichen,
gleichgültig, um wieviel Geld es dabei geht .«
»Rauschgift ?« wiederholte ich.
Er lehnte sich zurück. »Wir
brauchen uns nicht zu benehmen, als spielten wir den Fernsehzuschauern ein
Kriminalstück vor, Mr. Kane. Sie wissen sehr wohl, daß es sich bei diesem
Angebot einzig und allein um Rauschgift dreht, und zwar auf großer Basis. China
ist der Hauptlieferant für Heroin, und ich möchte wetten, daß es sich bei
diesem Angebot um Rauschgiftlieferungen in großen Mengen handelt. Wir vermuten
— ohne daß uns ein Nachweis bis jetzt gelungen ist —, daß die >Brüder der
goldenen Lilie< hier in Hongkong als Zwischenhändler im Rauschgiftgeschäft
agieren. Sie haben ihre Verbindungen auf dem Festland. Sie holen den Stoff ab,
bringen ihn her und vertreiben ihn .«
»Da komme ich nicht mehr mit,
Inspektor«, bekannte ich. »Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen .«
Cross seufzte verhalten.
»Also schön, lassen Sie mich
Ihnen eine andere Theorie unterbreiten. Nehmen wir einmal an, meine Vermutung
hinsichtlich der >Brüder der Goldenen Lilie< trifft zu — sie besitzen
tatsächlich das Monopol für den Rauschgiftschmuggel in Hongkong. Plötzlich
taucht jemand auf der Bildfläche auf, der offenbar selbst Verbindungen zu
Rot-China hat und auf eigene Rechnung, in Konkurrenz mit den >Brüdern<,
seine eigene Schmuggelorganisation aufziehen möchte. Wie meinen Sie, würden die
>Brüder< das aufnehmen ?«
»Ich nehme an, Sie würden recht
empfindlich reagieren«, sagte ich.
»Und was würden Sie tun ?« fragte er. »Vielleicht den Mann, der die Verbindungen
besitzt, ermorden? Und dem Mann, an den er sich wandte, um nach Rot-China zu
gelangen, eine Warnung zukommen lassen? Der Mord an Carter und die Nachricht,
die Sie soeben erhielten, würden sich so ziemlich mit diesen Mutmaßungen
decken, nicht wahr, Mr. Kane ?«
Einige Sekunden starrte ich ihn
wortlos an.
»Ja, vielleicht«, meinte ich
schließlich. »Aber verschiedenes stimmt nicht an Ihrer Theorie, Inspektor.
Nicht um alles Geld der Welt würde ich mir die Hände am Rauschgifthandel
schmutzig machen, und keines der Angebote, die mir gemacht wurden, befaßte sich
damit .«
»Womit befaßten sich dann die
Angebote, die Ihnen gemacht wurden, Mr. Kane ?« erkundigte sich Cross allzu hastig.
»Ich sollte sie nach Amoy bringen«, sagte ich langsam. »Sie wollten eine Amoy -Katze. Sie wissen wohl, was ich meine, Inspektor?
Diese Katzen, die aus Karton geschnitten sind und deren Kopf und Schwanz hin-
und herschwingen, wenn ein leichter Luftzug sie trifft. Auf ihren Gesichtern
liegt immer so ein heimtückisches Grinsen — wie bei einem Unterinspektor von
der Polizei .«
Er stand auf. Sein Lächeln war
aufrichtig. »Nun, es war jedenfalls einen Versuch wert. Hongkong hat ein
herrlich gesundes Klima, Mr. Kane. Ich glaube, wenn Sie eine Weile hierbleiben,
wird es sich auswirken. Oder, wenn Sie statt dessen wegfahren, wird es noch
schneller wirken .«
Ich blieb noch fünf Minuten
sitzen und stand dann auf. Es war fast elf Uhr. Die Nacht war jung, und
sicherlich lag noch kein Mensch im Bett. Fünfzehn Minuten später stand ich im
Foyer
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