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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Hand hielt er seine Harpune, in der linken zwei Speere. Die Barbaren zögerten; einer hob sein Schwert. Dann wendeten sie ihre seltsamen Reittiere und galoppierten vor der schreienden und gestikulierenden Gestalt Urquarts davon.
    Es war vorbei. Kaum zehn Mann waren verwundet, und nur vier, einschließlich Hinsen, waren tot. Arflane blickte seufzend auf Hinsens Leichnam hinab. Er empfand keinen Haß auf die Barbaren. Wenn er den Mann, der zu ihnen hinaufschrie, richtig verstanden hatte, dann hatte ihre Waljagd die Barbaren einer lebenswichtigen Fleischquelle beraubt.
    Arflane sah Rorchenof, den neuen Bootsmannsmaat, das Deck entlangkommen und winkte ihn heran. Rorchenof sah Hinsens Leiche, schüttelte düsteren Gesichts den Kopf und erweckte den Anschein, als mache er den Kapitän für den Überfall der Barbaren verantwortlich. »Er war ein guter Mann, Sir.«
    »Das war er, Bootsmann. Stellen Sie ein Kommando zusam
men, und bestatten Sie die Toten in der Eisspalte. Das spart
Zeit. Erledigen Sie es sofort.«
»Aye, aye, Sir.«
    Arflane blickte zurück und sah Urquart mit seinen Leuten auf die verwundeten Barbaren einschlagen. Sie taten das mit dem gleichen Eifer, mit dem sie am Vorabend die Wale zerlegt hatten. Er zuckte die Achseln und kehrte in seine Kabine zurück.
    Ulrica erwartete ihn. Er erzählte ihr, was vorgefallen war. Sie atmete erleichtert auf und fragte dann: »Hast du mit Janek gesprochen? Du wolltest es heute morgen tun.« »Ich tue es jetzt.« Er verließ die Kabine.
    Nur ein Posten stand vor der Tür. Der Mann nahm die Querstange weg und öffnete. Ulsenn lag in der Koje. Er sah blaß, doch sonst anscheinend fit aus.
    »Ich hörte, daß Sie nichts essen wollen«, sagte Arflane. Er trat nicht ein, sondern blieb im Türrahmen stehen.
    »Ich brauche hier drinnen nicht viel zu essen«, entgegnete Ulsenn, Arflane kühl anstarrend. »Wie geht es meiner Frau?«
    »Gut.«
    Ulsenn lächelte bitter. Er wirkte nicht mehr so schlapp, wie Arflane ihn früher erlebt hatte. Das Gefängnis schien seinen Charakter verbessert zu haben. »Brauchen Sie irgend etwas?« fragte Arflane.
    »Allerdings, Kapitän; aber ich glaube nicht, daß Sie meiner Bitte nachkommen werden.«
    Arflane verstand. Er nickte kurz, schloß die Tür wieder und legte selbst die Querstange vor.

    Als der Eisschoner wieder seinen Kurs verfolgte, waren die Männer völlig erschöpft. Eine müde Atmosphäre hatte sich ausgebreitet, als die Morgendämmerung anbrach und Arflane den Befehl gab, volle Segel zu setzen.
    Der Schoner glitt auf die Gletscherkette zu, die man jetzt in allen Einzelheiten erkennen konnte.
    Die Kurven und Winkel der Eisberge glänzten in der Sonne, reflektierten und verwandelten die Farben des Himmels und produzierten seltsame Farbstufungen, die hellgelb, blau, grün, schwarz und purpur waren. Bald war der Paß zu sehen, eine schmale Kerbe zwischen gigantischen Klippen. Nach Pyotr Rorsefnes Aufzeichnungen zu schließen, würde die Passage Tage in Anspruch nehmen.
    Arflane beobachtete skeptisch den Himmel. Es schien schlechtes Wetter im Anzug zu sein. Er fragte sich, ob er warten solle. Doch andererseits war New York fast in Sicht, und er wollte keine Zeit mehr verlieren. New York lag nur knapp hundert Meilen hinter dieser Gletscherkette.
    Als sie sich den Ausläufern der Gletscher näherten, ließ Arflane den größten Teil der Segel einholen und teilte sechs Ausguckposten ein, die am Bug Aufstellung nahmen.
    Die müde, traumartige Atmosphäre verstärkte sich, je näher der Schoner den Eisklippen kam. Die Rufe der Ausguckposten lösten zahllose Echos aus, die sich anhörten wie selbständige,
    ironisch kichernde Stimmen.
    Konrad Arflane stand breitbeinig auf der Brücke, die Hände auf der Reling. Rechts neben ihm stand Ulrica, die ihren besten Pelz angezogen hatte, neben ihr Manfred Rorsefne, links neben ihm war Urquart, der wie üblich die Harpune auf seinen Unterarm gelegt hatte und mit scharfen Augen die Berge absuchte. Der Schoner glitt in die Schlucht hinein, die kaum eine halbe Meile breit war. Der Boden war glatt, die Geschwindigkeit des Schoners erhöhte sich. Ein riesiger Eisbrocken löste sich von den Klippen auf der Steuerbordseite, polterte in die Schlucht hinunter und verwandelte sich krachend in eine Eis- und Schneewolke.
    Arflane war daran gelegen, diesen Paß so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Er kam sich angesichts der Eisberge zwergenhaft klein vor. Der Paß war breit genug, und Arflane beschloß,

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