Untot in Dallas
als Bill auch schon das Feuer aufbaute, durch das die Hütte abbrennen sollte. Es würde aussehen wie ein ganz normaler Hüttenbrand. Derweil war Eric auf der Veranda offenbar damit befaßt, Knochen zu zählen. Er wollte sichergehen, daß die Leichen vollständig genug waren, um bei einer eventuellen Untersuchung keinen Verdacht zu erregen. Als er seine Arbeit beendet hatte, ging er zu Andy, um nachzusehen, wie es mit ihm stand.
„Warum haßt Bill die Bellefleurs so?“ fragte ich ihn erneut, als er an mir vorbeikam.
„Das ist eine ganz alte Geschichte“, erwiderte Eric. „ Aus der Zeit vor Bills Wandlung.“ Andys Zustand schien ihm wohl zufriedenstellend, und er machte sich wieder an etwas anderem zu schaffen.
Ich hörte, wie sich ein Auto näherte, und sowohl Bill als auch Eric traten sofort heraus zu mir auf die Lichtung. Von einer Ecke der Hütte erklang bereits leises Knistern. „Wir können nur an einer Stelle Feuer legen“, sagte Bill zu Eric. „Wenn wir verschiedene Stellen gleichzeitig anstecken, finden die womöglich noch heraus, daß es Brandstiftung war. Wie ich die Fortschritte der polizeilichen Untersuchungsmethoden hasse!“
„Hätten wir nicht beschlossen, mit unserer Existenz an die Öffentlichkeit zu gehen, dann müßten die die Sache hier einem von denen in die Schuhe schieben“, entgegnete Eric mit einem Blick auf die Leichen auf der Veranda. „Aber wie die Dinge liegen, geben wir so attraktive Sündenböcke ab ... das ist schon ärgerlich! Besonders, wenn man bedenkt, daß wir soviel stärker sind als die.“
„He, Leute“, warf ich ein, „ich bin kein Marsmännchen, ich bin Mensch! Ich kann euch ganz genau hören.“ Wütend starrte ich die beiden an. Sie wirkten vielleicht zu einem Fünftel so, als würde das ihnen etwas ausmachen. Da stieg Portia aus ihrem Auto, um an die Seite ihres Bruders zu eilen. „Was habt ihr mit Andy gemacht?“ keuchte sie mit einer rauhen Stimme, die jeden Moment zu brechen drohte. „Ihr verdammten Vampire!“ Hektisch zupfte sie auf der Suche nach Bißspuren an Andys Hemdkragen herum.
„Sie haben ihm das Leben gerettet“, teilte ich ihr mit.
Eric warf Portia einen langen, abschätzenden Blick zu und fing dann an, die Autos der toten Nachtschwärmer zu durchsuchen. Er verfügte über sämtliche Autoschlüssel; wie er die bekommen hatte, mochte ich mir nicht ausmalen.
Bill trat zu Andy. „Wach auf“, befahl er so leise, daß man ihn wenige Meter entfernt kaum hören konnte.
Andy blinzelte. Er warf einen Blick zu mir herüber, fragte sich wohl, wie ich ihm hatte entkommen können und sah dann Bill so dicht neben sich stehen, was ihn erschrocken zusammenzucken ließ. Offenbar fürchtete er Vergeltungsmaßnahmen. Dann erkannte er Portia, die ebenfalls direkt neben ihm stand, und dann fiel sein Blick auf die Hütte.
„Es brennt“, bemerkte er langsam.
„Ja“, nickte Bill. „Alle sind tot. Bis auf die beiden, die in die Stadt zurückgefahren sind. Die wußten von nichts.“
„Dann ... haben diese Leute Lafayette wirklich umgebracht?“ „Ja“, mischte ich mich ein. „Mike und die Hardaways, und ich nehme an, daß Jan unter Umständen davon wußte.“
„Aber ich habe keine Beweise!“
„Ich glaube doch!“ rief Eric zu uns herüber, der neben Mikes Lincoln stand und sich über den offenen Kofferraum beugte.
Neugierig versammelten wir uns um den Wagen, um nun ebenfalls in den Kofferraum zu starren. Bill und Eric erkannten mit dem scharfen Blick der Vampire mühelos das Blut auf dem Boden, dazu noch blutverschmierte Kleidungsstücke und eine Brieftasche. Eric griff in den Wagen und schlug die Brieftasche ganz vorsichtig auf.
„Können Sie lesen, wem sie gehört?“ fragte Andy.
„Lafayette Reynold“, erwiderte Eric.
„Wir brauchen also nur den Wagen dort stehenzulassen. Wir können einfach gehen. Die Polizei wird finden, was da im Kofferraum liegt, und ich bin aus dem Schneider! Meine Unschuld ist bewiesen.“
„Oh Gott sei Dank!“ schluchzte Portia. Ihr wenig schönes Gesicht, umstanden von dem dicken kastanienbraunen Haar, fing einen Streifen Mondlicht auf, der durch die Bäume fiel. „Andy, laß uns nach Hause fahren!“
„Portia?“ sagte Bill. „Sieh mich an.“
Sie warf ihm einen kurzen Blick zu und schaute dann rasch weg. „Tut mir leid, daß ich dich so an der Nase herumgeführt habe“, sagte sie, wobei sich ihre Worte fast überschlugen. Es war ihr peinlich, sich bei einem Vampir entschuldigen zu müssen.
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