Unverhofft kommt oft
Baby, sofern es ein Mädchen ist, wird nach ihr benannt, und sie leben glücklich bis in alle Zeiten. Jedes Jahr auf der weihnachtlichen Familienfeier wird Sofia von allen gelobt, weil sie die beiden zusammengebracht und ihnen ewigliches Glück beschert hat.
Sie schüttelte die Gedanken ab. Roberta hielt noch immer das Oma-Kleid hoch und wartete auf eine Reaktion.
„Jenni, sag du es ihr.“ Sie konnte es einfach nicht schon wieder tun, ihrer Cousine sagen, unter welcher Geschmacksverirrung sie litt.
„Roberta, ich denke, das ist ein wenig zu altmodisch“, kam Jenni zu Hilfe.
„Ein wenig?“, platzte es aus Sofia heraus. „Das sieht so aus, als ob es direkt aus dem Kleiderschrank meiner Grandma kommt, in dem sie Sachen hortet, die aus der Kleidertruhe ihrer Grandma stammen.“
„Du bist gemein!“, sagte Roberta und schmiss das Kleid zurück auf den Haufen. „Nie kann man es dir recht machen.“
„Ich habe eine Idee“, versuchte es Jenni. „Sofia und ich halten je ein Kleid hoch und du suchst dir das aus, welches dir von beiden besser gefällt. Das machen wir ein paarmal. Zuhause bei uns probierst du alle an und entscheidest, was du behalten willst, den Rest nehmen wir dir einfach ab. Wir dürften alle dieselbe Größe haben.“
Roberta sah stolz an sich herunter. Bis vor sechs Monaten hätte sie nie und nimmer in ein Kleid von Sofia oder Jenni reingepasst, doch jetzt, dank einer Fastenkur, die Wunder wirkte, war sie fast so schlank wie die beiden. Es fehlte nicht mehr viel. Es war sehr nett von Jenni, sie figurmäßig auf eine Ebene zu stellen. Sofort besserte sich ihre Laune und sie spielte das Spiel mit. Am Ende hatten sie für 30 Dollar 6 Kleider gekauft.
„Ich kann`s kaum erwarten, sie an dir zu sehen.“ Sofia strahlte Roberta an und sogar sie hatte ein kleines freudiges Lächeln auf den Lippen.
♥
Sobald sie in der WG waren, probierten sie die neuen Kleider an. Was wirklich unfassbar war, war die Tatsache, dass Roberta in allen von ihnen unglaublich aussah. Jetzt erst sah man ihre fabelhafte Figur, die sie sonst immer unter der Arbeitsuniform oder viel zu weiten Sweatshirts versteckte.
„Sieh dich nur an!“, sagte Sofia und schob ihre Cousine vor den großen Spiegel in ihrem Zimmer, gleich neben der Staffelei.
Roberta sah sich unsicher an. „Meinst du wirklich?“
Sofia nickte zustimmend mit dem Kopf. „Wirklich. Du siehst toll aus. Lass doch am besten gleich eins der Kleider an.“
„Haben wir denn noch etwas vor?“
„Und ob. Wir wollen Lasagne essen.“
„Aber dabei sieht uns doch keiner. Wir sind nur unter uns, wozu soll ich mich dann schick machen?“
Sofia musste ein Lachen unterdrücken. Schick machen? Na, das wäre ja wohl wirklich noch was anderes.
„Kleine, du machst dich für dich selbst … schick. Du musst endlich anfangen, dich selbst lieben und schätzen zu lernen, und selbstbewusst durch den Tag zu gehen. Dann wirkst du auch auf die Leute um dich herum ganz anders.“
„Eigentlich möchte ich überhaupt nicht anders wirken. Ich will mich nicht verstellen, Sofia. Weißt du, ich habe mich schon immer am wohlsten gefühlt, wenn ich im Hintergrund bleibe. Ich mag nicht im Mittelpunkt stehen.“
„Das weiß ich doch, so warst du schon immer. Aber so wirst du nie gesehen werden. Willst du dir denn nicht auch irgendwann einen netten Typen angeln?“
„Doch, schon, aber nur einen, der mein wahres Ich kennt und der mich so liebt, wie ich wirklich bin.“ Sie spielte schüchtern mit einer Haarsträhne, die ihr aus der Hochsteckfrisur gefallen war, und drehte sie um den Finger, bis sie in einer Locke wieder herabfiel.
„Ach, gute Roberta. Wir werden dir einen finden, ganz sicher. Und dann wird deine Mamma stolz auf dich sein, und meine auch. Sie glaubt, bei mir sei der Zug schon längst abgefahren.“
„Nein, Sofia, sie will nur dein Bestes und wünscht sich viele Enkelkinder, du weißt doch, wie italienische Mütter sind. Sie ist sehr stolz auf dich, das hat sie mir schon oft gesagt.“
„Ehrlich?“, fragte Sofia erstaunt.
„Ehrlich.“ Roberta nickte.
„Sofia?“ Jenni steckte ihren Kopf durch die Tür. „Ich habe schon alle Zutaten bereitgestellt. Sollten wir nicht langsam mal mit dem Kochen anfangen?“
Sofia sah auf die Uhr. Oh, es wurde höchste Zeit. „Ja, ich bin sofort bei dir.“ Sie wandte sich wieder an Roberta: „Willst du kochen helfen oder lieber fernsehen oder so?“
„Ich habe Sturmhöhe bei
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