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Unverkäuflich!

Unverkäuflich!

Titel: Unverkäuflich! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bobby Dekeyser
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hockte ich stundenlang auf dem Klo und lief vom Hauptbahnhof zu Fuß zum Vereinsgelände an der Säbener Straße. Die Mannschaft trainierte, aber wo war Sepp Maier? Ich konnte ihn nicht entdecken, fragte einen anderen Zaungast und erfuhr: Er hatte trainingsfrei. Zum Glück schenkte mir der freundliche Ersatztorwart Manni Müller seine weißen Handschuhe, die ich an mich drückte wie ein Kind seinen Teddybären, als ich die nächsten Stunden auf dem Zugklo zurück nach Worms ratterte.
    Müllers Handschuhe waren viel zu groß, aber sie gaben mir Kraft. Geistigen Rückhalt benötigte ich auch, denn mein erster Auftritt für Wormatia Worms ging gleich gründlich daneben. »Oh, da kommt der neue Wundertorwart«, raunte jemand, als ich auf den Platz lief. Es war ein heißer Tag, stickig, staubig, wir spielten gegen Hofheim. Ich kam mit dem Platz nicht klar, die Bälle sprangen auf dem harten Untergrund ganz anders, als ich es gewohnt war. Ich kannte nur Rasen. Wir verloren 1 : 9. Acht Gegentore waren haltbar, mindestens zwei taugten für Slapstickeinlagen der Versteckten Kamera, und ich erinnere mich, dass einige Zuschauer laut lachten. Weinend strampelte ich auf dem Rad nach Hause, fühlte mich erniedrigt, war mir selbst peinlich und wollte sogar die Handschuhe wegwerfen. Niemand ist so einsam wie ein Torwart, der einen Fehler gemacht hat, und der Grad der Einsamkeit misst sich durchaus an der Zahl der Fehler. Aber das Gefühl, doch nicht geschaffen zu sein für das Leben im Tor, blieb nicht lange, ich machte weiter. Die nächsten Spiele liefen besser, viel besser, ich wurde wenig später in die Südwestauswahl berufen und auch in die Juniorennationalmannschaft. Zumindest so lange, bis man bemerkte, dass ich einen belgischen Pass besaß und keinen deutschen. Ich durfte sogar bei den Profis mittrainieren, in der ersten Mannschaft, mit gerade sechzehn Jahren! Die Lokalpresse jubelte, und es dauerte nicht lange, bis ein Talentscout des 1. FC Kaiserslautern auf der Couch meiner Mutter saß, mit einem verlockenden Angebot: zweihundertfünfzig Mark Grundgehalt, eine eigene Wohnung und die Aussicht, beim Metzger unten im Haus gratis essen zu dürfen. Das war meine große Chance. Das war der Moment, den ich herbeigesehnt hatte!
    Als ich wenige Tage später im Englischunterricht vor mich hindöste, mal wieder nicht genau wusste, worum es eigentlich ging, fiel mir der Satz von Pelé wieder ein. »Folge deinem Traum, dann kann alles passieren.« Genau, dachte ich, Pelé hat recht. Ich stand auf und folgte meinem Traum.
    »Wissen Sie was? Das hier ist nichts für mich«, erklärte ich meinem Lehrer, der mich anstarrte, als hätte ich gerade vorgeschlagen, die Lehrbücher durch Ausgaben des Kicker zu ersetzen. »Ich höre hier auf und werde Fußballprofi.«
    Meine Mitschüler lachten, weil sie das für einen meiner üblichen Scherze hielten, und der Lehrer bekam einen mittleren Wutanfall. Ich aber meinte es ernst und ging nach Hause. Meine Mutter, die Erziehungsberechtigte, war wenig begeistert, aber sie willigte ein. Ich wechselte zum großen 1. FC Kaiserslautern, zu den »Roten Teufeln«. Wer braucht noch Englischunterricht, wenn der Betzenberg ruft?
    —
    Achtunddreißig Quadratmeter sind ein Palast, wenn es sich um die erste eigene Wohnung handelt. Zwei Zimmer, die Imitation einer Küche, ein Duschbad, mehr brauchte ich nicht zum Glück. Wer mich besuchte, staunte trotzdem: Die Wände waren mit Ernährungsplänen und Trainingsplakaten tapeziert, im Kühlschrank fand man Magerquark und Milch, aber kein Bier (ich trank den ersten Schluck Alkohol mit einundzwanzig) und nicht mal eine kleine Flasche Cola. Auf den Regalen verstaute ich Müslipackungen statt Chips, und wer die Wohnung durchqueren wollte, musste darauf achten, nicht über Hanteln, die Hantelstange oder einen Medizinball zu stolpern. Es muss ausgesehen haben wie in der Höhle eines Fitnessverrückten. »Konditionswunder«, schrieben die Lokalreporter über mich, und das war kaum übertrieben. Ich lief manchmal sogar mit Schneeschuhen durch den Wald, weil ich hoffte, das könnte meine Ausdauerwerte verbessern. Jeden Morgen um vier stand ich auf, um entweder fünfundzwanzig Kilometer mit dem Rad zu fahren oder eine Stunde bis zu einem See zu laufen, den ich dann durchschwamm. Im Winter ging mein Ehrgeiz so weit, dass ich ein Loch ins Eis schlug und badete, um mich abzuhärten. Motivation bezog ich aus dem ersten Rocky -Film mit Sylvester Stallone; ich habe keine Ahnung, wie

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