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Kaiserslautern beizubringen, dass das größte Torwarttalent seit Existenz des Betzenbergs nun abkommandiert wurde. Die Einheit, der man mich zuteilte, gehörte offiziell zur Luftwaffe; ein seltsames Ensemble von Exil-Belgiern, das man intern die »Katastrophen-Einheit« nannte. Ich erfuhr bald warum.
Nur in einer Disziplin bewies sich das Durchhaltevermögen der Truppe: wenn es darum ging, den Inhalt von Bierkästen zu bekämpfen. Ich kroch durch den Matsch, schrubbte Klos, marschierte durch den kalten belgischen Winter, kroch wieder durch den Matsch, putzte endlose Kasernenflure, bewachte nachts die Langeweile rund um die Kaserne, kroch weiter durch den Matsch, putzte Klos, schlief mit vierzehn Männern in einem Zimmer und fragte mich ständig, womit ich das verdient hatte. Nachts trainierte ich fürs Tor, auf einem beleuchteten Parkplatz, um nicht aus der Übung zu kommen. Schrammen und Blutergüsse machten mir nichts aus, ich war ziemlich schmerzfrei zu dieser Zeit, in vielerlei Hinsicht. Der Kompaniefeldwebel war einer von der Sorte, die eher mit dem Rückenmark denkt, jemand, der gerne andere anschreit und Manieren für eine unappetitliche Krankheit hält. Er trug sein Haar streng gescheitelt, ein bulliger, herrischer Typ. Er versuchte mich zu schikanieren und ich probierte ihn mit kleinen Sticheleien zu ärgern. Ich behauptete, dass ich Probleme mit den Füßen bekam, wenn ich die »Knobelbecher« trug, diese klobigen Armeeschuhe. Nach einigen Diskussionen und einer eingehenden ärztlichen Untersuchung unterschrieb der Kompaniearzt schließlich ein Attest, das mir offiziell erlaubte, bequemeres Schuhwerk zu tragen – ich war schließlich Fußballprofi. Meine Wahl fiel auf ein Paar Basketballschuhe in der Farbe von frisch gefallenem Schnee. Beim Appell zwischen einigen hundert tadellos gestriegelten belgischen Soldaten zu stehen, in weißen Sportschuhen, mit schief aufgesetzter Mütze, bereitete mir eine unheimliche Freude. Ich sah ins Gesicht des Feldwebels, dessen Kiefer vor Wut mahlten, und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Auch gab ich an, als Fußballer aus der Pfalz dem Unterricht nicht folgen zu können, weil ich weder Flämisch noch Französisch sprach – was nicht stimmte, denn ich beherrschte beide Sprachen perfekt. Entnervt schickte man mich, während die anderen Rekruten in der Schule irgendwelche Vorschriften paukten, in den Schlafsaal, den ich reinigen sollte. Ich verlegte mich auf den Matratzenhorchdienst.
Für die Karriere in Uniform so geeignet wie ein Elefant fürs Hochseil: Bobby Dekeyser ist froh, als die Monate bei der Armee vorüber sind. Seine Vorgesetzten auch.
Mit Hierarchien konnte ich wenig anfangen, weshalb ich auch nicht genau aufpasste, als man uns die Abzeichen auf den Uniformen erklärte. Eines Nachts, ich schob Wache am Haupttor des Stützpunkts, lief eine Sicherheitsübung. Ein Spion sollte versuchen, auf das Gelände zu gelangen. Hätte ich bei der Uniformkunde aufgepasst, wäre mir aufgefallen, dass die Uniformstreifen dieses Offiziers nicht zum Dienstgrad in seinem Ausweis passten. Es war wirklich kalt in dieser Nacht, und ich sah keinen Grund, das Auto näher zu inspizieren und die Wärme des Wachhäuschens zu verlassen. Ich winkte den Mann einfach durch den Kontrollpunkt, was der Kasernenleitung extrem ungemütliche Tage bescherte. Im Zuge der Untersuchung fand man rasch heraus, dass der Gefreite Dekeyser, der Typ mit den weißen Basketballschuhen, verantwortlich für die Sicherheitslücke gewesen war. Alle bekamen am kommenden Wochenende Strafdienst aufgebrummt. Nur für mich galt die Disziplinarmaßnahme nicht: Ich spielte mit offizieller Erlaubnis Fußball. Die Stimmung meiner »Kameraden« war entsprechend aufgeheizt, als wir an Weihnachten, dem Fest der Liebe, gemeinsam im Aufenthaltsraum saßen. Eine Whiskyflasche leerte sich rasch, während ich mit einigen Belgiern aus dem Kongo Karten spielte. Einer aus der Truppe, ein bulliger Typ mit Kahlkopf und fliehendem Kinn, der aussah wie ein englischer Kneipenschläger, gab mir im Vorbeigehen einen Klaps auf den Kopf. Und noch einen. Ich schlug ihm zur Antwort sein Glas aus der Hand und sofort ging eine Prügelei los. Alle Emotionen, alle Aggressionen, die sich aufgestaut hatten, lösten sich. Ich traf sofort seine Nase. Als er sich wieder aufrappelte, ging er leicht schwankend davon, kam mit einem Eimer und einem Feudel zurück, um die Pfütze aus Schnaps und Blut wegzuwischen. Er reichte mir stumm die
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