Unwiderstehliche Küsse: Roman (German Edition)
Reisetasche gepackt und war ihrer Freundin zu Hilfe geeilt. Genauso, wie sie es unzählige Male während ihrer gemeinsamen Schulzeit getan hatte, als die reicheren hübscheren Mädchen sich über Poppys schlecht sitzende Kleider oder ihre dicken Brillengläser lustig gemacht oder sie gar Piggy statt Poppy gerufen hatten.
Poppy, die einzige Tochter eines einfachen Squire vom Land, war immer schon übertrieben dankbar für Clarindas Unterstützung gewesen, aber Clarinda war ebenso dankbar für Poppys treue Freundschaft. Clarindas Vater wollte unbedingt, dass seine Tochter eine erstklassige höhere Erziehung genoss. Das Erste, was sie in Miss Throckmortons Mädchenpensionat gelernt hatte, war, dass man mit Geld nicht die Achtung derjenigen kaufen konnte, die sich einbildeten, aufgrund ihrer Abstammung normalen Sterblichen überlegen zu sein. Als die heranwachsenden jungen »Damen« herausfanden, dass Clarindas Vater sein Vermögen im Handel verdient hatte, hatten sie ihre vornehmen Nasen gereckt und sich unverhohlen über ihre Abstammung lustig gemacht … oder den Mangel daran. Indem sie selbst die Nase hoch getragen und so getan hatte, als ob die grausamen Worte sie nicht treffen konnten, hatte sie sich am Ende ihren Respekt erworben und war schließlich sogar eines der beliebtesten jungen Mädchen der Schule gewesen.
Aber sie hatte nie vergessen, dass Poppy ihre erste und treueste Freundin gewesen war, und dass sie sich ursprünglich zueinander hingezogen gefühlt hatten, weil keine von ihnen zu den anderen passte.
Clarinda vertraute darauf, dass der Außenposten in Burma voller einsamer Offiziere wäre, die sich verzweifelt nach weiblicher Gesellschaft sehnten. Frauen von vornehmer Herkunft wären dort nur spärlich gesät, und vergangene Fehltritte würden hier leichter vergeben und vergessen werden, statt dass man sie immer wieder boshaft neu aufleben ließ.
Sie selbst und Poppy flohen beide aus England und vor ihren Erinnerungen, den guten wie den schlechten.
»Jeder Offizier oder Gentleman, der solch müßigem Geschwätz Beachtung schenkt, ist es nicht wert, Miss Poppy Montmorency die Stiefel zu polieren«, beruhigte sie ihre Freundin, »und noch viel weniger, um ihre Hand zur Ehe anzuhalten.«
Poppys Lächeln erstrahlte wieder und brachte die Grübchen in ihren Wangen zum Vorschein. »Ich hoffe nur, dass ich einen Mann finde, der auch nur halb so leidenschaftlich und mir halb so ergeben ist wie deiner. Ich finde es furchtbar romantisch, dass er eine Passage auf einem seiner Schiffe für dich arrangiert, damit du um die halbe Welt reisen kannst, um seine Braut zu werden.«
Leidenschaft war kein Wort, das Clarinda je mit ihrem Verlobten in Verbindung gebracht hatte. Sicher, er hatte ihr lange Zeit den Hof gemacht, aber sein Heiratsantrag hatte aus einer langen Aufzählung all der Gründe bestanden, weswegen sie so gut zusammenpassten, und nicht aus einer glühenden Liebeserklärung. Doch seine Hartnäckigkeit und Beständigkeit hatten sie am Ende überzeugt, dass er sie nie verlassen und irgendeinem dummen Traum nachjagen würde.
Ihr Achselzucken deutete eine Leichtigkeit um ihr Herz an, die sie nicht wirklich verspürte. »Der Earl ist sowohl mir ergeben als auch praktisch veranlagt. Seine Stellung in der Ostindien-Kompanie bringt unglaubliche Verantwortung mit sich. Ich kann kaum von ihm erwarten, dass er für so etwas Frivoles wie eine Hochzeit seine Verpflichtungen vernachlässigt und nach London zurückkehrt.« Sie hakte sich bei Poppy unter und wandte ihr Gesicht in den Wind, genoss die Verheißung auf Freiheit, selbst wenn es nur eine Illusion war. »Ich kann gar nicht beschreiben, was für eine Freude und ein Trost es für mich ist, dich bei dieser Reise an meiner Seite zu wissen. Ich schlage vor, wir hören jetzt beide auf, uns Sorgen wegen der Vergangenheit oder um die Zukunft zu machen, und fangen stattdessen an, jeden einzelnen Augenblick dieser Reise zu genießen. Es ist gut möglich, dass es unser letztes großes Abenteuer wird, bevor wir uns einem Leben fader Ehrbarkeit widmen müssen.«
Clarinda wurde abrupt unterbrochen, als aus dem klaren blauen Himmel Donner dröhnte. Poppy und ihr blieb kaum genug Zeit, sich umzudrehen und ihre verwunderten Blicke auf das wolkenlose Blau zu richten, bevor etwas mit einem gewaltigen Aufspritzen vor ihnen auf dem Wasser aufschlug und sie beide mit kühlem Salzwasser überschüttete.
»Was, zur Hölle, …?«, stieß Clarinda aus, dankbar dafür, dass
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