Unwiderstehliche Küsse: Roman (German Edition)
Ladies’ Fashionable Repository vorzulesen. Aber offensichtlich konnten sich die üppigen Federn, die ausgestopften Vögel und Unmengen Bänder, mit denen die Französinnen diesen Sommer die Krempen ihrer Hüte überluden, mit den legendären Heldentaten – ob nun romantischer oder anderer Natur – des schneidigen Captain Sir Ashton Burke nicht messen.
Das sanfte Heben und Senken des Schiffsdecks unter ihren Stühlen fühlte sich für Clarinda mit einem Mal nicht mehr beruhigend an. Obwohl sie nie unter Seekrankheit zu leiden hatte, begann sie sich entschieden mulmig zu fühlen. Sie legte ihr Buch beiseite, stand aus dem Liegestuhl auf und ging nach vorn zum Bug des Schiffes, um das Gefühl abzuschütteln. Es gab nichts als See und Himmel, so weit das Auge reichte, und damit auch keinen Ort, an den sie sich zurückziehen konnte, um Poppys Faszination für das Thema des Artikels zu entkommen.
»Seit er seine Verbindung sowohl mit der Ostindien-Kompanie als auch mit der Afrikanischen Assoziation beendet hat«, las ihre Freundin weiter, »ist das Mysterium, das Burke umgibt, noch rätselhafter geworden. Es gibt Leute, die Spekulationen darüber anstellen, wie er nun seine Zeit verbringt, ob er unbezahlbare archäologische Schätze hebt oder ob er am Ende gar als Spion in Diensten einer fremden Regierung steht.«
Clarinda zwang sich zu einem Gähnen. »Er kann nicht sonderlich geschickt in dem Metier sein, wenn irgendjemand den Verdacht hegt, er sei ein Spion.«
»Zu dem Artikel gehört auch eine Zeichnung von ihm.« Fröhliches Blätterrascheln war zu hören, während Poppy das Klatschblättchen erst in die eine, dann in die andere Richtung wendete, um die Zeichnung aus allen möglichen Blickwinkeln zu betrachten, bevor sie voller Überzeugung verkündete: »Ich fürchte, der Künstler hat ihm geschmeichelt. Kein Mann kann so gut aussehen, oder?«
Clarinda umklammerte die Reling des Schiffes und bekämpfte den Drang, herumzuwirbeln und Poppy die Zeitung aus den Händen zu reißen. Sie brauchte keine Zeichnung, um sich an die Augen mit der bernsteinfarbenen schwarzgeränderten Iris zu erinnern, in der klare goldene Pünktchen schimmerten. Oder an das unbekümmerte Grübchen in seiner Wange und die wunderschön geschnittenen Lippen, die immer kurz davor zu stehen schienen, sich zu einem spöttischen Lächeln zu verziehen, bevor sie weicher wurden, um einen Kuss zu stehlen … oder ein wehrloses Herz. Vielleicht hätten Michelangelo oder Raphael diesen Details gerecht werden können, aber es war unmöglich, mit ein paar achtlosen Bleistiftstrichen die unbändige Lebenskraft eines solchen Mannes einzufangen.
»Er ist vielleicht viele Jahre lang nicht in England gewesen, aber ihr seid doch auf benachbarten Landsitzen aufgewachsen, nicht wahr?«, erkundigte Poppy sich. »Sicherlich hast du ihn wenigstens flüchtig gekannt, oder?«
»Es ist Jahre her, seit ich ihn das letzte Mal zu Gesicht bekommen habe, und da war er kaum mehr als ein junger Bursche. Meine Erinnerung an ihn ist ein wenig verschwommen«, log Clarinda. »Ich erinnere mich vage an eine lange gebogene Nase, dürre O-Beine und vorstehende Zähne wie bei einem Biber.« Clarinda benötigte einen Moment, um zu erkennen, dass sie damit den unsympathischsten ihrer Tanzlehrer bei Miss Throckmorton beschrieben hatte. Der arme Mr. Tudbury hatte zudem die unselige Neigung, beim Sprechen zu spucken, wenn er ihr und den anderen das Kommando zu einer Pirouette oder zu einem battement glissé gab .
Poppy seufzte wehmütig. »Ich frage mich, wohin der Captain wohl dieses Mal verschwunden ist. Denkst du, er ist wieder eine Prinzessin retten gegangen?«
Von dem verräterischen Aufzucken von Sehnsucht in ihrem Herzen getroffen, drehte sich Clarinda zu ihr um und schaute sie an. »Wirklich, Poppy! Es besteht keine Notwendigkeit, den Mann anzuhimmeln, als seien wir beide ein paar alberner Schulmädchen. Er ist nichts als ein habgieriger Glücksritter, der seinen Lebensunterhalt mit Grabräubereien und damit, sein Schwert an den Meistbietenden zu verhökern, bestreitet. Die Presse hat vielleicht beschlossen, ihn zu glorifizieren, aber das macht ihn noch lange nicht zu einem Helden.« Clarinda mahnte sich innerlich zu Geduld. »Die meisten Männer, die sich mit Gerüchten und Geheimnissen umgeben, tun das, weil es in ihrem Leben nichts von echter Substanz gibt. Sie verbreiten all diese Gerüchte, um ihre eigenen … Unzulänglichkeiten zu
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