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Unwiederbringlich

Unwiederbringlich

Titel: Unwiederbringlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Schimmelmann stark ins Verdrießliche. Sie war früher Hofschönheit gewesen, und die dann und wann aufblitzenden schwarzen Augen erinnerten noch daran, alles andere aber war in Migräne und gelbem Teint untergegangen. Man sprach von einer unglücklichen Liebe. Gesamthaltung: Hof Philipps von Spanien, so daß man unwillkürlich nach der Halskrause suchte. Sonst war die Gräfin gut und charaktervoll und unterschied sich von anderen bei Hofe dadurch sehr vorteilhaft, daß sie gegen alles Klatschen und Medisieren war. Sie sagte den Leuten die Wahrheit ins Gesicht, und wenn sie das nicht konnte, so schwieg sie. Sie war nicht geliebt, aber sehr geachtet und verdiente es auch.
    Im ersten Wagen wurde, solange man innerhalb der Stadt war, kein Wort gesprochen; Holk und die Schimmelmann saßen aufrecht einander gegenüber, während sich die Prinzessin in den Fond zurückgelehnt hatte. So ging es durch die Bred- und Ny Öster-Gade zunächst auf die Osterbroer Vorstadt, und als man diese passiert, auf den am Sunde hinlaufenden Strandweg zu. Holk war entzückt von dem Bilde, das sich ihm darbot; unmittelbar links die Reihe schmucker Landhäuser mit ihren jetzt herbstlichen, aber noch immer in Blumen stehenden Gärten und nach rechts hin die breite, wenig bewegte Wasserfläche mit der schwedischen Küste drüben und dazwischen Segel-und Dampfboote, die nach Klampenborg und Skodsborg und bis hinauf nach Helsingör fuhren.
    Holk würde sich diesem Anblick noch voller hingegeben haben, wenn nicht das Leben auf der Chaussee, drauf sie hinfuhren, ihn von dem Landschaftlichen immer wieder abgezogen hätte. Fuhrwerke mannigfachster Art kamen ihnen nicht bloß entgegen, sondern überholten auch die Prinzessin, die, wenn sie Spazierfahrten machte, kein allzu rasches Tempo liebte. Da gab es dann in einem fort Begegnungen und Erkennungsmomente. »Das war ja Marstrand«, sagte die Prinzessin. »Und wenn ich recht gesehen habe, neben ihm Worsaae. Der fehlt auch nie. Was will er nur bei dem de-Meza-Fest? De Meza soll gefeiert, aber nicht ausgegraben werden. Er lebt noch und hat auch nicht einmal das Maß für Hünengräber.« Es schien, daß die Prinzessin dies Thema noch weiter ausspinnen wolle; sie kam aber nicht dazu, weil im selben Augenblicke mehrere Offiziere bis ganz in die Nähe des Wagens gekommen waren und die Prinzessin von links und rechts her zu cotoyieren begannen. Unter diesen war auch Oberstlieutenant Tersling, unser Bekannter von Vincents Restaurant her, ein schöner großer Mann von ausgesprochen militärischen Allüren. Er sah sich mit besonderer Freundlichkeit seitens der Prinzessin begrüßt und erkundigte sich seinerseits nach dem Befinden derselben.
    »Es geht mir gut, doppelt gut an einem Tage wie heute. Denn ich höre, daß Sie und die anderen Herren de Meza ein Fest geben wollen. Das hat mich herausgelockt; ich will mit dabeisein.«
    Tersling lächelte verlegen, und die Prinzessin, die sich dessen freute, fuhr erst nach einer Weile fort: »Ja, mit dabeisein; aber erschrecken Sie nicht, lieber Tersling, nur an der Peripherie. Wenn Sie den Toast auf den König oder den zu Feiernden ausbringen, werd ich mich mit meiner lieben Gräfin hier und mit Ebba Rosenberg, die Sie wohl schon in dem zweiten Wagen gesehen haben werden, in unserem Klampenborger Tiergarten ergehen und mich freuen, wenn das Hoch gut dänischer Kehlen zu mir herüberklingt. Übrigens bitte ich Sie, de Meza meine Grüße bringen und ihm sagen zu wollen, daß ich immer noch an alter Stelle wohne. Generäle sind freilich nie leicht zu Hofe zu bringen, und wenn sie gar noch Beethoven Konkurrenz machen und Symphonien komponieren, so ist es vollends vorbei damit; indessen, wenn er von Ihnen hört, daß ich Idstedt immer noch in gutem Gedächtnis habe, so hält er es vielleicht für der Mühe wert, sich meiner zu erinnern. Und nun will ich Sie nicht länger an diesen Wagenschlag fesseln.«
    Tersling küßte der Prinzessin die Hand und eilte, die versäumte Zeit wieder einzubringen; die Prinzessin aber, während sie sich zu Holk wandte, fuhr fort: »Dieser Tersling, schöner Mann; er war einmal Prinzessinnentänzer und Kavalier comme il faut, die spitzeste Zunge, der spitzeste Degen, und Sie werden sich vielleicht noch des Duells erinnern, das er schon vor 48 mit Kapitän Dahlberg hatte? Dahlberg kam damals mit einem Streifschuß am Hals davon, aber nun liegt er lange schon vor Fridericia. Pardon, liebe Schimmelmann, daß ich dies alles in Ihrer Gegenwart

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